Das aktuelle Power-Ranking im Bundeshaus
Mitte steigt auf, FDP fällt ab – und das gibt zu reden

Politik ist ein ständiger Kampf und die Parteien schenken sich dabei nichts. Blick zieht Bilanz über die jüngste Performance der Parteien. Eine Momentaufnahme, in welcher die FDP diesmal besonders abfällt.
Publiziert: 12:05 Uhr
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Aktualisiert: 14:24 Uhr
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Die Mitte bekommt mit Philipp Matthias Bregy einen neuen Chef.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Mitte führt aktuelles Polit-Power-Ranking an, SVP und FDP verlieren Plätze
  • SP profitiert von Arbeitgeberaussage zur Existenzsicherung und sammelt Spendengelder
  • GLP positioniert sich klar im EU-Vertrag, auch mit neuem Aushängeschild
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Nicht nur im Sport geben sich die Kontrahenten Saures. Auch in der Politik fliegen die Fetzen. Doch wer schwingt im Bundeshaus derzeit obenauf? Wer hat einen Durchhänger? Blick fühlt den Parteien regelmässig den Puls und ordnet ein.

Das aktuelle Polit-Power-Ranking zeigt, wie die Parteien in den letzten drei Monaten performt haben. Hier die zweite Ausgabe:

1

Mitte (vorher 4.)

Ein neuer Chef, der Bodenständigkeit und Kontinuität garantiert. Bei der Mitte übernimmt der bisherige Fraktionspräsident Philipp Matthias Bregy (46) das Zepter. Am Samstag wird er zum neuen Parteipräsidenten gewählt. Er bringt den Gmögigkeitsfaktor mit, der seinem Vorgänger Gerhard Pfister (62) abgeht.

Der AHV-Finanzierung hat die Partei jüngst im Ständerat ihren Stempel aufgedrückt und eine Mixvariante durchgesetzt. Sogar die Finanzierung für die eigene Initiative zur Abschaffung des Ehepaarplafonds ist bereits im Paket mit drin. Chapeau für den gelungenen Coup! Vorerst zumindest. Im Nationalrat wird die Hürde höher sein.

2

SP (2.)

«Man kann von den Arbeitgebern oder von der Wirtschaft nicht verlangen, dass sie Existenzsicherung betreiben. Irgendwo hört es auf.» Mit dieser provokanten Aussage im Vorfeld der Mindestlohndebatte liefert Arbeitgeberdirektor Roland A. Müller (62) der SP einen Steilpass, den diese genüsslich aufnimmt. Sie nutzt die Empörung nicht nur, um mit dem Referendum zu drohen, sondern auch gleich, um Geld dafür zu sammeln. Das Resultat: Fast 2000 Leute haben bisher knapp 130'000 Franken dafür gespendet.

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In zwei wichtigen Themenfeldern paktiert die SP zudem erfolgreich: mit der FDP bei der Individualbesteuerung, mit der Mitte bei der AHV-Finanzierung.

3

GLP (5.)

Die GLP hat den Ameti-Schock überwunden und sich nun im EU-Dossier festgebissen. Schon früh stellte sie sich ohne Wenn und Aber hinter die Bilateralen III und profiliert sich nun auch bei der Vernehmlassungseröffnung an der Spitze der Vertragsbefürworter. Mit ihrer klaren Kante läuft sie als liberaler und urbaner EU-Pol der FDP den Rang ab.

Der Zürcher Nationalrat Patrick Hässig (46) wiederum mausert sich seit seinem Wechsel in die gewichtige Sozial- und Gesundheitskommission zum neuen Aushängeschild der Grünliberalen.

4

SVP (1.)

Für die SVP ist der EU-Deal das zentrale Thema, das sie gekonnt inszeniert. Ihre Positionierung zum «Unterwerfungsvertrag» ist aber längst zementiert, sodass sie vom Vernehmlassungsstart gar nicht gross weiter profitieren kann.

Etwas ratlos steht die Sünneli-Partei bei der AHV-Finanzierung da. Abgaben- und Steuererhöhungen zugunsten der AHV lehnt sie derzeit dezidiert ab, ohne eine wirkliche Idee dafür zu haben, wie die 13. AHV-Rente gestemmt werden soll. Bloss auf Sparmassnahmen bei der Entwicklungshilfe zu pochen, wirkt nicht nur fantasielos, sondern auch realitätsfremd. Immerhin kann sie an der Asylfront mit erfolgreichen Vorstössen Punkte einheimsen.

5

Grüne (6.)

Den Grünen fehlt es momentan an Pfupf. Grüne Knallerthemen, welche die breite Bevölkerung ansprechen, fehlen. Mit einer «Pfui, PFAS»-Petition fordern sie ein Verbot der Ewigkeitschemikalien, allerdings ohne die Problematik zum Fliegen zu bringen. Derzeit sind erst etwa 7000 Unterschriften beisammen.

Auch mit der Gaza-Demo oder als Kontrapunkt zur SVP-Asylpolitik versucht die Partei wieder stärker an Profil zu gewinnen. Die grösste Hoffnung für die Grünen bleibt SVP-Bundesrat Albert Rösti (57), der das AKW-Neubauverbot aufheben will. Für ein Referendum wetzen die Grünen bereits das Messer. Allerdings müssen sie sich noch in Geduld üben, die Vorlage wird wohl erst nach den Sommerferien präsentiert.

6

FDP (4.)

Es ist die bedeutendste Vorlage der laufenden Legislatur: der EU-Deal. Die Gelegenheit für die Wirtschaftspartei FDP, eine Schlüsselrolle zu übernehmen und sich als Hüterin des bilateralen Wegs zu profilieren. Statt diese Gelegenheit zu nutzen, bringt sie in diesem Kerngeschäft keinen Fuss vor den anderen. Die Parteispitze versteckt sich hinter der Delegiertenversammlung, die im Oktober entscheiden soll. Führungsstärke sieht anders aus.

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Dazu kommt: FDP-Chef Thierry Burkart (49) fällt beim Ständemehr-Streit dem federführenden Bundesrat Ignazio Cassis (64) öffentlich in den Rücken. Derweil zerfleischen sich FDP-Exponenten im EU-Kampf – mit Unternehmer Simon Michel (48) als Anführer des Pro-Lagers und Kritikern wie Ex-Nationalrat Filippo Leutenegger (72) und dem früheren Jungfreisinnigen-Präsidenten Matthias Müller (32) auf der Gegenseite. Angesichts des EU-Murks vermag nicht einmal der Erfolg bei der Individualbesteuerung den Freisinn vor der roten Laterne zu bewahren.

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