Darum gehts
- FDP-Chef Thierry Burkart tritt per Oktober zurück
- Burkart schärfte inhaltlich das FDP-Profil
- Top bei Individualbesteuerung, Flop bei EU-Deal
Für die frühere FDP-Chefin Petra Gössi (49) dürften die Wahlen 2023 eine heimliche Genugtuung gewesen sein. Sie selber eroberte für die Schwyzer Kantonalpartei nach 20 Jahren Unterbruch einen Ständeratssitz zurück. Gleichzeitig verzeichnete die Mutterpartei mit nur noch 14,3 Prozent Wähleranteil ihr historisch schlechtestes Ergebnis. Nur knapp hielt sich die FDP vor der Mitte auf dem dritten Platz, fiel aber in der Fraktionsstärke auf den vierten Rang zurück.
Verantworten musste diese Niederlage Gössis Nachfolger Thierry Burkart (49). Dieser war nicht ganz unschuldig daran, dass seine Vorgängerin mit ihrem liberalen Klima-Kurs gescheitert war und 2021 enttäuscht zurücktrat. Ihre Genugtuung: Der als Hoffnungsträger angetretene Aargauer Ständerat hat die Erwartungen, mit einem strammeren Rechtskurs die Trendwende zu schaffen, auch nicht erfüllt.
Bei den Wählern stolperte die Burkart-FDP nämlich nicht nur auf eidgenössischer Ebene, sondern auch in den Kantonen, wo der Freisinn erstmals unter die magische Grenze von 500 Parlamentsmandaten gefallen ist und nur noch 33 Regierungsmandate besetzt. Nun tritt Burkart zurück.
FDP-Profil geschärft
Dennoch: Inhaltlich hat der Aargauer das FDP-Profil deutlich geschärft. Vor allem, seit er letztes Jahr mit dem früheren Blick-TV-Chef Jonas Projer (43) einen Mann fürs Grobe als Generalsekretär eingesetzt hat. Seither kommt kaum mehr eine Medienmitteilung oder ein Interview ohne den Slogan aus, dass die FDP für jene einstehe, «die den Wecker stellen, aufstehen und arbeiten gehen».
Trotzdem ist Burkarts Bilanz mit Tops und Flops durchzogen. Blick listet je drei wichtige Beispiele dazu auf.
Seine Erfolge
- Migrationsfrage: In der Asylfrage hat er die FDP näher an die SVP geführt und so einen härteren Asylkurs vorangebracht. Gleichzeitig zeigt er klare Kante gegen die 10-Millionen-Initiative der Sünneli-Partei, weil er den bilateralen Weg nicht gefährden will.
- Armeebudget: Dem höheren Armeebudget, das bis 2032 auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts steigen soll, hat er massgeblich den Weg geebnet. Vor Jahren hatte er die Diskussion fast schon visionär mit einem Vorstoss angestossen, der sogar zwei Prozent forderte.
- Individualbesteuerung: Die FDP-Frauen haben eine Volksinitiative für die Individualbesteuerung lanciert. Das Parlament hat soeben einen handfesten Gegenvorschlag dazu gezimmert – eine regelrechte Steuerrevolution! Burkart hat insbesondere seine FDP-Mannen auf Linie gepeitscht, damit das Prestigeobjekt nicht schon im Bundeshaus scheitert.
Seine Misserfolge
- EU-Deal: Die FDP gilt als entschiedene Wirtschaftspartei und damit als Hüterin des bilateralen Wegs. Erstaunlich daher: In der Debatte um den EU-Deal macht sie eine schwache Figur. Anstatt eine Führungsrolle zu übernehmen, schweigt die Partei und überlässt das Feld anderen Playern. Das hat auch mit Burkart zu tun, der als Skeptiker gilt, während die Parteibasis mehrheitlich für die neuen Verträge sein dürfte.
- Altersvorsorge: Bei der Altersvorsorge politisiert die FDP am Volk vorbei. Die jungfreisinnige Renten-Initiative für ein höheres Rentenalter scheiterte debakulös. Bei der 13. AHV-Rente stand Burkarts Partei ebenso auf verlorenem Posten wie bei der Pensionskassen-Reform. Trotzdem schaltet die Partei auf stur und pocht wenig konstruktiv weiterhin auf ein höheres AHV-Alter.
- Autobahnausbau: Die Autobahnen als Lebensadern des Wirtschaftsstandorts Schweiz. Ganz in diesem Sinne machte sich Burkart als Präsident des Nutzfahrzeugverbands Astag an vorderster Front für den fünf Milliarden Franken schweren Autobahnausbau stark. Auch hier zielte er am Volk vorbei. Mehr noch: Er zeigte sich als schlechter Verlierer, indem er die Lockerung des Nachtfahrverbots für Lastwagen ins Spiel brachte.
«Ich bin nicht perfekt»
«Ich bin nicht perfekt», sagte Burkart selbst vor den Medien in Bern. Die Partei sei aber gut positioniert und geeint, zeigte er sich überzeugt. «Es ist klar, wofür die FDP steht.» Darauf könne seine Nachfolge aufbauen. Er selbst wolle sich wieder mehr der Sachpolitik widmen, so Burkart.