Darum gehts
- Trump lehnte Schweizer Zollforderung ab
- Er kannte Keller-Sutter nicht
- Trump plant hohe Zölle auf Pharma-Produkte innerhalb einer Woche
Die Schweizer Zolldelegation rund um Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61) und Wirtschaftsminister Guy Parmelin (65) sitzt gerade im Bundesratsjet Richtung Washington. Es ist eine heikle Mission mit dem klaren Ziel, den Mega-Strafzoll von 39 Prozent zu verhindern. Derweil gibt Donald Trump (79) ein irres Telefon-Interview mit dem US-Sender CNBC – und spricht über die Zollgespräche mit unserer Bundespräsidentin und droht der Pharmabranche erneut.
Dabei plaudert er wild drauflos. Trump: «Ich habe kürzlich etwas mit der Schweiz gemacht. Ich sprach mit der Premierministerin.» Der US-Präsident meint damit Bundespräsidentin Keller-Sutter. «Ich kannte sie nicht», so Trump weiter. Diese Aussage verwundert. Denn bereits im April telefonierte die FDP-Bundesrätin mit Trump. Im Blick-Interview meinte Keller-Sutter noch, sie habe «offensichtlich den Zugang» zu ihm gefunden.
«Die Frau war nett, aber sie wollte nicht zuhören», so Trump im CNBC-Interview weiter. Gemäss Trump forderte Keller-Sutter einen Zollsatz von einem Prozent für die Schweiz. «Und ich sagte: Sie werden nicht ein Prozent zahlen.» Schliesslich hätten die USA ein 41-Milliarden-Defizit im Handel mit der Schweiz. Das sei der Grund, wieso er der Forderung der Bundespräsidentin nicht nachgeben könne, so Trump.
Auch Pharma-Zölle kommen vor
Im gleichen Interview kündigt der US-Präsident auch noch hohe Zölle auf Pharma-Produkte an, die er «innerhalb der nächsten Woche oder so» verkünden will. «Wir werden zunächst einen geringen Zoll auf Arzneimittel erheben, aber in einem Jahr – maximal eineinhalb Jahren – wird er auf 150 Prozent steigen und dann auf 250 Prozent. Weil wir wollen, dass Medikamente in unserem Land hergestellt werden», so der US-Präsident.
Die Schweiz streicht er dabei speziell hervor. Ihr wirft Trump vor, «ein Vermögen mit Arzneimitteln zu machen». Pharmafirmen würden «ihre Produkte stark rabattieren, um Zugang zu ausländischen Märkten zu erhalten». Die entgangenen Erlöse würden die Unternehmen dann durch «extrem hohe Preise» in den USA wieder hereinholen.
Was sagt Roche?
Roche reagiert auf die Worte von Trump. «Wir prüfen derzeit die jüngsten Zollankündigungen des US-Präsidenten», erklärt der Basler Pharma-Konzern. Es bleibe dabei oberste Priorität, dass Patienten und Kunden weltweit Zugang zu Medikamenten haben. Und: «Wir sind auf mögliche Zölle vorbereitet und zuversichtlich, dass wir etwaige Auswirkungen bewältigen können.»
Auf Trumps Wunsch, dass Medikamente in den USA hergestellt werden, betonen die Schweizer Pharmariesen oft und gerne, wie stark sie in die USA investieren. Novartis kündigte Mitte April Investitionen in Höhe von 23 Milliarden Dollar an. Roche zog etwas später mit der Summe von 50 Milliarden Dollar für die eigenen US-Werke nach. Auf Anfrage verweist Roche zudem auf 25'000 Mitarbeitende, die bereits in den USA tätig sind. Diese arbeiten in 15 Forschungs- und Entwicklungsstandorte sowie 13 Produktionsstätten.
Novartis reagierte noch nicht auf eine Blick-Anfrage.
Trump kritisiert uns nicht zum ersten Mal
Derweil ist es nicht das erste Mal, dass der US-Präsident gegen Big Pharma schiesst. Anfang April hatte er bereits gedroht mit Zöllen, «wie sie noch nie jemand gesehen hat». Im Juli nannte er erstmals eine konkrete Zahl: Zölle von 200 Prozent.
Am Donnerstag schickte der US-Präsident auch noch Drohbriefe an die grossen Pharmafirmen dieser Welt – auch an Novartis und die Roche-Tochter Genentech. Darin setzte er eine Frist von 60 Tagen, um die Medikamentenpreise in den USA zu senken. Im Mai hatte Trump ein Dekret unterzeichnet, das die Preise für rezeptpflichtige Medikamente in den USA deutlich senken soll.
Pharma enorm wichtig
Die Pharmaindustrie hat für die hiesige Exportwirtschaft eine enorme Bedeutung. Sie ist für fast 60 Prozent der Schweizer Exporte in die USA verantwortlich und trägt massgeblich zum grossen US-Handelsdefizit bei. Das mache die Schweiz zum idealen Ziel, um den Widerstand des Pharmasektors gegen Preissenkungen in den USA zu brechen, hält Raiffeisen-Chefökonom Fredy Hasenmaile (58) fest.
Entsprechend scheint unausweichlich, dass die Pharmafirmen die Medikamentenpreise in den USA zusammenstreichen müssen. Sonst drohen schwerwiegende Konsequenzen, wie Trump mit dem jüngsten Interview nochmals unterstrichen hat. Doch sind Roche und Novartis dazu gewillt? Die Konzerne haben sich bisher auf Anfrage von Blick bedeckt gehalten. Fragen, ob man dem Bundesrat Unterstützung anbietet, bleiben unbeantwortet.