Darum gehts
- Schweizer Unternehmen erwägen Produktionsverlagerung wegen US-Strafzöllen
- Packsys, Thermoplan und Tofwerk planen Auslagerung in die EU oder die USA
- Ypsomed will 50 Prozent der US-Exporte in Deutschland produzieren
US-Präsident Donald Trump (79) stellt die Schweizer Wirtschaft auf den Kopf. Seit dem 7. August sind die Strafzölle von 39 Prozent in Kraft – das Worst-Case-Szenario ist für hiesige Firmen eingetroffen. Mit dem schlechtesten Deal in Europa werden Schweizer Produkte im Vergleich um einiges teurer und somit unattraktiver.
Ist Swiss Made plötzlich nicht mehr gefragt? Erste Firmen erwägen bereits öffentlich den Schritt ins Ausland. Blick nennt Beispiele.
Packsys Global aus Rüti ZH
Packsys Global produziert tonnenschwere Verpackungsmaschinen für die Getränke-, Pharma- und Kosmetikbranche. Die Produkte sind auf dem Weltmarkt sehr gefragt, jede zweite Tube stammt aus einer Packsys-Maschine. Wie Firmenchef Beat Rupp gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagt, überlegt sich die Firma aus Rüti ZH, Tätigkeiten in die EU auszulagern – etwa in die Slowakei.
Erste Bestellungen für Maschinenersatzteile wurden aus den USA bereits storniert. Rupp will aber nicht auf Amerika verzichten. Bis zu einem Viertel der Maschinen verkauft Packsys in die Vereinigten Staaten. Längerfristig befürchtet der Chef, dass die Hälfte der Produktionshalle leer stehen könnte, wenn US-Aufträge einbrechen.
Packsys Global ist ein unabhängiges Tochterunternehmen der deutschen Brückner-Gruppe. In der Slowakei steht bereits ein Brückner-Werk. Darum wäre eine Auslagerung realistisch. «Letztlich ist wichtig, dass nicht mehr ‹Made in Switzerland› draufsteht», meint er gegenüber der Zeitung.
Thermoplan aus Weggis LU
Als Donald Trump den Zollhammer am 1. August verkündet hatte, schlug Thermoplan-Chef Adrian Steiner (49) Alarm. «Ich war fassungslos, wütend und enttäuscht», gab er gegenüber Blick preis. Sein Familienunternehmen aus Weggis LU beliefert seit 1999 Starbucks exklusiv mit Kaffeeautomaten für alle Filialen weltweit. Die Ersatzteile dafür hängen jetzt am US-Zoll fest.
«39 Prozent sind der absolute Super-GAU», meinte Steiner weiter. Darum muss er jetzt unbeliebte Massnahmen ins Auge fassen. «Wegen der neuen Ausgangslage müssen wir eine Produktion in den USA in Betracht ziehen», erklärt Steiner. Das kommt überraschend. Noch im April meinte er im Gespräch mit Blick: «Jede Faser in meinem Körper sträubt sich gegen den Aufbau einer dezentralen Produktion.»
Tofwerk aus Thun BE
Mehr als 30 Prozent der Exporte von Tofwerk gehen in die USA. Die Thuner Firma stellt Massenspektrometer, also Analysegeräte für Moleküle und Atome, her. Gründerin Katrin Fuhrer (59) erklärt im Gespräch mit Blick: «Kurzfristig müssen wir gemeinsam mit unseren Kunden nach Lösungen suchen.» Sie rechnet aber damit, dass bereits laufende Aufträge storniert werden. «Mittelfristig müssten wir eine eigene Produktionsstätte in den USA aufbauen.»
Tofwerk produziert derzeit ausschliesslich in der Schweiz. «Mit einem Strafzoll von 39 Prozent wären unsere Produkte in den USA nicht mehr wettbewerbsfähig.» Die Thuner Firma riskiert, ihr US-Geschäft praktisch vollständig zu verlieren. Für ein KMU wie Tofwerk sei eine Verlagerung der Produktion jedoch sehr ineffizient. «Arbeitsplätze könnten auf Dauer nicht erhalten werden, wenn die US-Zölle so hoch bleiben», fürchtet Fuhrer.
Ypsomed aus Burgdorf BE
Die Medizintechnikfirma Ypsomed treibt laut einem Bericht von Bloomberg Pläne voran, die Hälfte der für die USA bestimmten Güter künftig in Deutschland zu produzieren. Konkret will das Unternehmen von FDP-Nationalrat Simon Michel (48) Teile der Produktion nach Schwerin (D) verlagern, wo es seit 2019 ein Werk betreibt.
«Bei einem Zollsatz von 10 bis 15 Prozent hätten wir vielleicht noch mit unseren Kunden verhandeln können», sagte Michel zu Bloomberg. «Aber bei 39 Prozent bleibt uns keine andere Wahl, als einen Teil der Produktion nach Deutschland und Nordamerika zu verlagern.» Ypsomed liefert laut dem CEO rund 5 Prozent der in der Schweiz hergestellten Produkte in die USA. Gleichzeitig will er eine 300-Millionen-Franken-Investition an der US-Ostküste bereits im nächsten Jahr umsetzen – statt, wie eigentlich geplant, erst 2027.
Tecan aus Männedorf ZH
Der US-Markt ist für den Zürcher Labortechnik-Hersteller Tecan sehr bedeutend. 55 Prozent seines Umsatzes erwirtschaftete das Unternehmen aus Männedorf ZH in den USA. Davon stellt es wiederum die Hälfte bereits in den Vereinigten Staaten her – etwa in den Werken des Konzerns in Kalifornien.
Unter anderem dort will Tecan künftig die Produktion hochfahren. «Im Rahmen unserer strategischen Standortentwicklung prüfen wir laufend, wie sich unsere bestehenden Kapazitäten – etwa in Kalifornien und Malaysia – flexibel weiterentwickeln lassen, um veränderten Rahmenbedingungen wie den aktuellen US-Zöllen bestmöglich gerecht zu werden», teilte das Unternehmen gegenüber der Nachrichtenagentur AWP mit.