Darum gehts
- AHV-Reform 2030: Baume-Schneider plant trotz unsicherer Finanzierung
- Verschiedene Szenarien für die Finanzierung der 13. AHV-Rente werden diskutiert
- Jährliche Kosten der 13. AHV-Rente belaufen sich auf 4,2 bis 5 Milliarden Franken
Elisabeth Baume-Schneider (61) ist nicht zu beneiden. Die SP-Bundesrätin muss die nächste grosse AHV-Reform 2030 planen, obwohl das Fundament dafür noch wackelt. Ins Dilemma stürzt sie dabei das Parlament. Dieses hat dem Bundesrat vor vier Jahren den Auftrag erteilt, bis Ende 2026 eine Vorlage zur Stabilisierung der AHV für die Zeit von 2030 bis 2040 zu unterbreiten.
Damals hatte noch niemand einen blassen Schimmer, dass das Stimmvolk den AHV-Komplex mit einer 13. Rente ausbaut und ein höheres Rentenalter deutlich versenkt. Ebenso wenig, dass an schlechteren Witwenrenten und höheren Ehesparrenten gewerkelt wird. Noch ist alles im Fluss. Denn der Trödeltrupp im Bundeshaus lässt sich bei der Lösung dieser Fragen Zeit. So hat die zuständige Sozialkommission im Ständerat die AHV-Geschäfte auf nächstes Jahr vertagt.
Trotzdem muss Baume-Schneider nun liefern und den Weg aus dem AHV-Chaos aufzeigen. Voraussichtlich im November, aber sicher noch dieses Jahr, wird sie die konkreten Eckwerte für die AHV 2030 präsentieren.
13. AHV-Rente als Knackpunkt
Der grösste Knackpunkt bleibt die Finanzierung der 13. AHV-Rente. Diese kostet jährlich 4,2 bis 5 Milliarden Franken. Im Parlament wird heftig darum gestritten, ob und wie diese Lücke gefüllt werden soll.
Baume-Schneider plädiert für eine unbefristete Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,7 Prozentpunkte – die AHV wäre damit bis 2040 locker gesichert. Der Nationalrat will die Mehrwertsteuer zwar heraufsetzen, aber nur befristet bis Ende 2030. Der Ständerat hingegen will eine Mischvariante aus zusätzlichen Lohnbeiträgen und höherer Mehrwertsteuer.
FDP und SVP möchten die Finanzierung gleich ganz aufschieben und drücken auf ein höheres Rentenalter. Welche Lösung sich durchsetzt oder ob das Ganze in einem Scherbenhaufen endet, ist offen.
Verschiedene Wenn-dann-Szenarien
Für Baume-Schneider heisst das: Für die AHV 2030 muss sie in Varianten planen. Sie dürfte also verschiedene Wenn-dann-Szenarien auf den Tisch legen. Diese könnten etwa so aussehen:
- Mehrwertsteuer: Kommt sie mit der unbefristeten Mehrwertsteuererhöhung durch, braucht es keine weitere Finanzierung. Die bundesrätliche Lösung reicht sogar für die Bewältigung der Babyboomer-Welle, wie die neusten AHV-Finanzperspektiven zeigen. Im mittleren Szenario schreibt die AHV jedes Jahr schwarze Zahlen, das Vermögen steigt bis 2040 auf rund 66 Milliarden Franken.
- Mischvariante: Setzt sich die ständerätliche Mischvariante durch, kommt es für die AHV noch besser – mit einem Fondsvermögen von fast 73 Milliarden Franken im Jahr 2040. Selbst eine abgespeckte Lösung, bei welcher Lohnbeiträge und Mehrwertsteuer etwas weniger erhöht würden, liegt hier drin.
- Befristung: Eine befristete Mehrwertsteuererhöhung würde der AHV nur kurz Luft verschaffen, da sie die Finanzierungslücke für die «Dreizehnte» nur in den Jahren 2028 bis 2030 füllt. Ohne weitere Absicherung wird die AHV-Kasse danach laufend entleert. Baume-Schneider dürfte hier auf eine Anschlussfinanzierung pochen. Denkbar wäre als Kompromisslösung eine verlängerte Befristung – beispielsweise bis die Babyboomer-Welle gegen Ende der 2030er-Jahre genommen ist. Eine nur kurze Befristung macht auch für die Wirtschaft keinen Sinn, da allein die technischen Umstellungskosten massiv ins Geld gehen.
- Blockade: Finden National- und Ständerat keinen gemeinsamen Nenner, droht ein Scherbenhaufen. Die 13. AHV-Rente wird ab 2026 zwar ausbezahlt, doch ohne Gegenfinanzierung schreibt die AHV ab 2029 rote Zahlen. Je länger eine Zusatzfinanzierung ausbleibt, umso teurer wird es. Greift sie erst nach 2030, müsste die Mehrwertsteuer um gut 1 Prozentpunkt erhöht werden. Macht das Parlament nicht vorwärts, wird auch ein Interventionsmechanismus zum Thema. Eine Art Notbremse, falls sich die finanzielle Situation der AHV drastisch verschlechtert.
Freiwillig länger arbeiten
Die AHV-Finanzierung bleibt die Herkulesaufgabe. Daneben wirken die von der Sozialministerin angeregten strukturelle Massnahmen wie ein Klacks. Im Fokus stehen dort Anreize, über das Referenzalter hinaus freiwillig weiterzuarbeiten.
Mit weiteren Anpassungen möchte sie das System fairer ausgestalten. Bei Selbstständigen sollen etwa die Abzugsmöglichkeiten beschränkt werden. Ebenso stehen AHV-Beiträge auf elektronisch bezahlte Trinkgelder zur Debatte.
Die Vernehmlassungsvorlage ist für Anfang 2026 geplant. Da das Parlament die Finanzierung der 13. AHV-Rente wohl erst in der Frühlings- oder Sommersession klärt, wird Baume-Schneider auch da mit Varianten arbeiten müssen. Die definitive Vorlage muss sie dem Parlament bis Ende nächsten Jahres vorlegen. Spätestens dann wird klar, welcher Weg aus dem AHV-Chaos führt.