«Arbeiten über das Rentenalter hinaus soll attraktiver werden»
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Elisabeth Baume-Schneider:«Arbeiten über das Rentenalter hinaus soll attraktiver werden»

Baume-Schneider zur AHV-Reform 2030
Schweizer Bevölkerung soll freiwillig länger arbeiten!

Jetzt ist klar, welche Stossrichtung SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider für die nächste grosse AHV-Reform 2030 verfolgt. Sie setzt vor allem auf zusätzliche Einnahmen.
Publiziert: 15.05.2025 um 12:59 Uhr
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Aktualisiert: 15.05.2025 um 14:41 Uhr
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Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider präsentiert die Stossrichtung der AHV-Reform 2030. Das höhere Rentenalter ist vorerst vom Tisch.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • AHV-Reform 2030 geplant: Rentenalter bleibt, zusätzliche Einnahmen nötig
  • Anreize für freiwilliges Weiterarbeiten über Referenzalter hinaus geplant
  • Ohne Gegenmassnahmen steigt Umlagedefizit 2040 auf 5,7 Milliarden Franken
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Die AHV ist im Umbruch. In der Sommersession entscheidet der Ständerat über die Finanzierung der 13. AHV-Rente und allenfalls auch höherer Ehepaarrenten, da nimmt SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (61) bereits die nächste wichtige Weichenstellung vor. Sie plant die nächste grosse AHV-Reform 2030, die sie nächstes Jahr ins Parlament bringen will. Nun zeigt sich: Es wird nicht der grosse Wurf, sondern eine pragmatische Lösung, die hauptsächlich auf zusätzliche Einnahmen setzt.

Damit will sie das wichtigste Sozialwerk der Schweiz für die Zeit von 2030 bis 2040 sichern. Und vor allem: die Pensionierungswelle der Babyboomer-Generation meistern. Während Jahrzehnten habe die AHV von deren Beiträgen profitiert, sagte Baume-Schneider vor den Medien, doch nun werde die demografische Entwicklung und das damit verbundenen Ausgabenwachstum zur grössten Herausforderung für die AHV. Beziehen heute nämlich rund 2,5 Millionen Pensionierte eine AHV-Rente, steigt die Zahl bis 2035 auf 3 Millionen.

Mit der Reform verfolgt der Bundesrat zwei Ziele. «Er will die demografische Welle der kommenden Jahre meistern» , so Baume-Schneider. «Und er will die AHV der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung anpassen.»

Höheres Rentenalter vorerst vom Tisch

Einen ersten Pflock schlägt die Sozialdemokratin zur Freude der Linken beim Rentenalter ein. Eine Erhöhung ist vorerst vom Tisch! Aus gutem Grund: Das höhere Frauenrentenalter 65 kam an der Urne nur hauchdünn durch. Und eine jungfreisinnige Initiative für eine automatische Rentenaltererhöhung wurde wuchtig verworfen.

Zwar gab es seitens ihrer bürgerlichen Gspänli durchaus Einwände, ein höheres Rentenalter doch ins Auge zu fassen. Nun beugen sich aber auch diese der politischen Realität, dass das Stimmvolk dafür derzeit nicht zu haben ist.

Der Deal: Die Rentenalter-Frage ist für die jetzige Reform 2030 keine Option. Trotzdem will sich der Bundesrat weiterhin mit der Frage befassen, unter welchen Bedingungen ein höheres Rentenalter in Betracht gezogen werden kann – aber erst für eine nächste Reform 2035 oder 2040. Dann sollen auch differenziertere Modelle wie etwa eine Lebensarbeitszeit oder zivilstandsunabhängige Renten zum Thema werden.

Länger arbeiten soll sich lohnen

Baume-Schneider bleibt im strukturellen Bereich aber nicht untätig. Ihr Motto: Länger arbeiten soll sich lohnen. Im Fokus stehen deshalb Anreize, über das Referenzalter hinaus freiwillig weiterzuarbeiten. 

So soll das Höchstalter von 70 Jahren in der AHV gestrichen werden. Heute kann man den Rentenbezug nur um bis zu 5 Jahre aufschieben und erhält danach eine höhere Rente. Künftig wäre damit ein längerer Aufschub möglich. 

Weiter will Baume-Schneider den Freibetrag für erwerbstätige Senioren von heute 16'800 Franken erhöhen. Umgekehrt sollen Frühpensionierungen weniger attraktiv werden. 

Zusätzliche Lohnprozente und Mehrwertsteuer

Die 13. AHV-Rente und die Pensionierungswelle kosten Milliarden. Ohne Gegenmassnahmen steigt das Umlagedefizit im Jahr 2030 auf rund 2,5 Milliarden Franken, im Jahr 2040 sogar auf 5,7 Milliarden Franken. Noch ist offen, ob das Parlament in einem ersten Schritt die Finanzierung der 13. AHV-Rente klärt. Selbst wenn, geht es nicht ohne zusätzliche Einnahmen.

Für die AHV-Reform 2030 bleibt der Bundesrat beim bewährten Rezept: Zusätzliche Lohnprozente und eine höhere Mehrwertsteuer sollen es richten. Wie hoch diese ausfallen, hängt von den Entscheiden des Parlaments zur 13. AHV-Rente ab.

Baume-Schneider prüft zudem, ob die Zusatzfinanzierung allenfalls auf die kritische Babyboomer-Welle befristet erfolgen soll. Ebenso einen Interventionsmechanismus für den Fall, dass sich die finanzielle Situation der AHV verschlechtert oder die politischen Entscheide nicht rechtzeitig vorliegen. Eine Art Notfall-Automatismus.

Exotische Finanzierungsquellen sind weg

Neue Finanzierungsquellen wie eine nationale Erbschaftssteuer, eine Finanzmarkttransaktionssteuer oder eine Grundstückgewinnsteuer hat Baume-Schneider zwar ebenfalls zur Diskussion gestellt, doch ihre bürgerlichen Kollegen haben diese – nicht unerwartet – vom Tisch gewischt. Zu toxisch wären diese exotischen Finanzierungsvarianten für den Rechtsblock. 

Die Stossrichtung für die nächste Reform ist festgelegt, die konkreten Zahlen dazu fehlen aber noch. Diese will Baume-Schneider im Herbst mit entsprechenden Eckwerten präsentieren. Die Vernehmlassungsvorlage ist für Anfang 2026 geplant. Bis Ende nächsten Jahres soll die definitive Vorlage ans Parlament überwiesen werden.

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