Ringen um Renten-Deal
SVP-Friedli will 10-Milliarden-Zustupf für die AHV

Um die Finanzierung der AHV wird heftig gerungen. In der ständerätlichen Sozialkommission kommt es nun zum Showdown. Die Rechte versucht, einen Mitte-Links-Deal zu verhindern. Blick erklärt, worum es geht.
Publiziert: 04.04.2025 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 04.04.2025 um 08:09 Uhr
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SVP-Ständerätin Esther Friedli bringt eine neue Finanzierungsidee ins Spiel.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • AHV-Finanzierung: Ringen um Milliarden für 13. AHV-Rente
  • Mix-Variante aus Lohnprozenten und Mehrwertsteuer als mögliches Szenario
  • SVP-Friedli will 10 Milliarden vom Bund zurück
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Es sind happige Zahlen, um die gerungen wird: 4 bis 5 Milliarden Franken braucht es jährlich für die Finanzierung der 13. AHV-Rente. Rund 4 Milliarden würden bessere Ehepaarrenten kosten, welche die Mitte mit einer Volksinitiative fordert. Gut 8 Milliarden Franken wären im Jahr 2030 damit nötig.

Die ständerätliche Sozialkommission beugt sich am Freitag über das Geschäft. Dabei zeichnet sich ein hartes Ringen um einen AHV-Deal ab. Es stehen vor allem zwei Szenarien im Fokus.

Mix-Variante aus Lohnprozenten und Mehrwertsteuer

Das bisher wahrscheinlichste Szenario: eine Mix-Variante aus zusätzlichen Lohnprozenten und höherer Mehrwertsteuer. Mitte und Linke haben beide ein Interesse an Zusatzeinnahmen, um ihre AHV-Projekte zu finanzieren. Eine Kombilösung können sich beide Seiten vorstellen.

Blick weiss: Mitte-Ständerat Erich Ettlin (62, OW) hat von der Verwaltung ein zweistufiges Modell berechnen lassen. Stufe eins: Ab 2027 würde dabei die Mehrwertsteuer um 0,5 Prozentpunkte steigen, die Lohnbeiträge würden um 0,4 Prozentpunkte erhöht. Stufe zwei: Die beiden Parameter würden etwa ab 2030 nochmals im selben Umfang erhöht – aber nur, wenn der Ehepaar-Plafond tatsächlich abgeschafft wird.

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Ettlin dürfte jedenfalls einen Antrag für eine Mix-Lösung einbringen. Gegenüber Blick will er aber nichts Genaueres verraten. Nur so viel: «Die AHV muss auf einer gesunden Basis gehalten werden. Dafür braucht es beide Hebel», so Ettlin. «Mit der Mehrwertsteuer zahlen alle mit – auch die Rentner. Und mit Lohnprozenten wird die Finanzierung solidarischer.» Die beiden Einnahmequellen seien erprobt, effizient und ergiebig. Offen zeigt er sich für die Option, an den Parametern noch etwas nach unten zu schrauben. «Es gibt viel Bewegung in der Finanzierungsfrage – und der AHV-Fonds lässt derzeit etwas mehr zeitlichen Spielraum zu.»

Aus der Kommission ist zudem zu hören, dass der Mindeststand des AHV-Fonds auf 80 statt 100 Prozent einer Jahresausgabe gesenkt und die Zusatzfinanzierung erst ab 2028 erhoben werden könnte. Dabei könnten die Lohnprozente deutlich tiefer ausfallen – oder gar ganz wegfallen. Möglicherweise wird auch nur die erste Stufe zugunsten der 13. AHV-Rente geklärt und die zweite Stufe für die Mitte-Initiative gekippt.

Bloss befristete Mehrwertsteuer

SVP, FDP und Wirtschaftsverbände laufen Sturm gegen zusätzliche Lohnprozente. Eigentlich wollten FDP und SVP die Frage erst mit der nächsten grossen AHV-Reform klären, die ab 2030 greifen soll. Doch mit einem drohenden Mitte-Links-Deal im Nacken laufen Diskussionen, als kleineres Übel vielleicht doch auf eine reine Mehrwertsteuervariante einzuschwenken. Das fordert nämlich der Bundesrat, der die Mehrwertsteuer um 0,7 Prozent erhöhen will.

Insbesondere im Freisinn gewinnt die Idee an Boden, als Übergangslösung eine befristete Mehrwertsteuererhöhung hinzunehmen. Diese würde allenfalls nur ein paar Jahre gelten oder bis spätestens zum Inkrafttreten der neuen AHV-Reform. Für eine solche Lösung hat sich etwa FDP-Ständerat Damian Müller (40, LU) stets starkgemacht. Auch in der Mitte gibt es Sympathien für eine provisorische Lösung.

In der SVP setzt man zur Not ebenfalls lieber auf die Mehrwertsteuer. «Lohnprozente belasten einseitig die arbeitende Bevölkerung, daher bin ich hier sehr zurückhaltend», sagt SVP-Ständerätin Esther Friedli (47, SG). «Für eine befristete Mehrwertsteuererhöhung bin ich offen.»

SVP-Friedli will 10-Milliarden-Zustupf

Friedli stellt nun eine zusätzliche Finanzierungsidee vor, welche der AHV einen 10-Milliarden-Franken-Zustupf bringen soll. Dabei geht es um das sogenannte Mehrwertsteuer-Demografieprozent, welches 1999 eingeführt wurde. Bloss floss dieses bis 2019 nicht vollständig in die AHV, ein Teil davon wurde vom Parlament in die Bundeskasse umgeleitet.

«Rund 10 Milliarden wurden so der AHV abgezwackt, das finde ich nicht korrekt», so Friedli. Sie beantragt deshalb, dass die Summe aus dem Bundeshaushalt zurück in die AHV fliesst. «Der Bundesrat muss ein Konzept vorlegen, wie er die 10 Milliarden in den nächsten 10 Jahren zurückzahlt – das verschafft der AHV etwas Luft.»

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Es gibt noch allerlei weitere Elemente, welche in der Sozialkommission zur Diskussion stehen. Der AHV-Bundesbeitrag, den der Bundesrat senken möchte, soll bei 20,2 Prozent der jährlichen AHV-Ausgaben bleiben. Zudem könnten die Steuergewinne bei den Kantonen, welche durch höhere AHV-Renten anfallen, teilweise abgeschöpft und in die AHV zurückgeführt werden. Auch eine höhere Tabaksteuer, die bis zu 300 Millionen bringen könnte, wurde durchgerechnet.

Was zum Schluss davon übrigbleibt, ist offen. Allenfalls braucht es eine weitere Sitzung Mitte Mai, bis endgültig Nägel mit Köpfen gemacht werden. Klar ist aber: In der Sommersession soll der Ständerat über die AHV-Finanzierung entscheiden.

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