Darum gehts
- AHV-Reform: Baume-Schneider plant Vernehmlassung bis Ende Jahr
- Bundesrätin gegen allgemeine Rentenaltererhöhung, für Flexibilisierung der Pensionierung
- Bundesrat diskutiert über erste Weichenstellung
Die AHV-Debatte gewinnt wieder an Fahrt. In der Sommersession entscheidet der Ständerat über die Finanzierung der 13. AHV-Rente und allenfalls auch höherer Ehepaarrenten, während Sozialministerin Elisabeth Baume-Schneider (61, SP) bereits die nächste AHV-Reform ins Auge fasst.
Ins Auge fassen muss, denn das Parlament hat ihr den Auftrag erteilt, spätestens bis Ende 2026 die nächste grosse AHV-Reform vorzulegen, die das Sozialwerk für die Zeit von 2030 bis 2040 stabilisieren soll. Liefern soll sie einen grossen Wurf, der einerseits die Finanzierung sichert, aber auch strukturelle Sparmassnahmen bringt.
Vernehmlassung bis Ende Jahr
Die SP-Bundesrätin drückt aufs Gas: Bis Ende Jahr will sie die «AHV 2030» in die Vernehmlassung geben. Für Herbst ist die Präsentation der konkreten Eckwerte geplant. Doch schon am Mittwoch führt der Bundesrat eine Diskussion darüber, in welche Richtung es gehen soll. Eine erste Weichenstellung also. Daraus resultieren dürften vor allem etliche Prüfaufträge für Baume-Schneider, welche Aspekte sie genauer beleuchten und welche Ansätze sie weiterverfolgen soll.
Noch ist aber nicht ganz klar, ob es für definitive Entscheide reicht, da mit Stromabkommen und Schutzklausel zwei wichtige Geschäfte zum EU-Deal auf der Traktandenliste stehen, über welche der Bundesrat am Mittwoch informieren will. Eine allfällige Kommunikation zur AHV-Frage würde daher wohl erst am Donnerstag stattfinden, falls das Thema nicht doch auf später verschoben wird.
Baume-Schneider gegen höheres Rentenalter
Klar ist dem Vernehmen nach: Eine allgemeine Erhöhung des Rentenalters zieht Baume-Schneider selber nicht in Betracht. Aus gutem Grund: Das höhere Frauenrentenalter 65 kam an der Urne nur hauchdünn durch. Und eine jungfreisinnige Initiative für eine automatische Rentenaltererhöhung wurde wuchtig verworfen.
Baume-Schneiders Lehre daraus: Ein höheres Rentenalter ist derzeit nicht realistisch und würde die Reform massiv gefährden. FDP und SVP hingegen drängen auf ein höheres Rentenalter. Aus bürgerlichen Departementen erschallt denn auch der Ruf, wonach eine generelle Rentenaltererhöhung angeschaut werden müsse. Vielleicht bekommt sie einen entsprechenden Prüfauftrag aufs Auge gedrückt. Allerdings dürften dabei auch Abfederungsmassnahmen zum Thema werden.
Die SP-Bundesrätin selbst zielt auf eine weitere Flexibilisierung der Pensionierung, damit die Leute freiwillig länger arbeiten. Auch neue Konzepte sind denkbar, etwa Lebensarbeitszeit-Modelle oder spezielle Regelungen für Branchen mit körperlicher Schwerarbeit. Allenfalls wird der Bund auch zivilstandsunabhängige AHV-Renten prüfen.
Neue Finanzierungsquellen nötig
Ein weiterer entscheidender Punkt: Welche Finanzierungsquellen werden angezapft? Angesichts der demografischen Entwicklung wird es nicht ohne zusätzliche Einnahmen gehen. Baume-Schneider thematisiere dazu eine breite Palette an Möglichkeiten, heisst es dazu.
Lohnprozente und Mehrwertsteuer gehören zu den klassischen und vor allem gut berechenbaren Finanzierungsinstrumenten, die ausgebaut werden könnten. Gerade als Sozialdemokratin liegen Baume-Schneider höhere Lohnbeiträge als solidarische Finanzierung am nächsten, wie die Debatte um die 13. AHV-Initiative zeigt. Und die Mehrwertsteuer hat mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung als «Demografieprozent» bereits eine gewisse Tradition.
Doch auch neue Finanzierungsmöglichkeiten zugunsten der AHV wie eine nationale Erbschaftssteuer oder eine Finanzmarkttransaktionssteuer werden diskutiert. Geht es nach Baume-Schneider, ist sogar die Erhöhung der direkten Bundessteuer eine Option.
«Diese Quelle hätte den Vorteil, dass sie die Budgets der Geringverdiener weniger belasten würde, da die unteren 50 Prozent der Einkommen praktisch nichts dazu beitragen, während die 5 Prozent der Spitzenverdiener zwei Drittel der Einnahmen generieren», führte sie letztes Jahr in einem Papier zu AHV-Finanzierung aus. Allerdings blitzte sie damals bei ihren Kollegen damit ab. Auch diesmal dürfte es ihr kaum anders damit ergehen.