Baume-Schneider will mit AHV-Reform 2030 finanzielle Anreize setzen
Länger arbeiten soll sich lohnen

Die Stossrichtung der AHV-Reform 2030 ist nun klar. Neben Mehreinnahmen setzt Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider auf finanzielle Anreize, um Senioren länger im Erwerbsleben zu halten. Blick erklärt, was das konkret heisst.
Publiziert: 11:37 Uhr
|
Aktualisiert: vor 43 Minuten
1/5
Elisabeth Baume-Schneider will mit der AHV-Reform mehr Anreize für längeres Arbeiten schaffen.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • AHV-Reform 2030: Länger Arbeiten soll attraktiver werden
  • Baume-Schneider will mit drei Hebeln ansetzen
  • Jeder Vierte mit 65 ist derzeit weiterhin beruflich aktiv
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_1047.JPG
Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Es ist das Meisterinnenstück von SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (61): die nächste grosse AHV-Reform 2030. Bis spätestens Ende 2026 muss sie eine Vorlage ausarbeiten, welche die AHV für die Zeit von 2030 bis 2040 stabilisieren soll. Will heissen: Sie muss die Pensionierungswelle der Babyboomer-Generation meistern.

Nun hat sie die Stossrichtung dazu präsentiert. Neben zusätzlichen Einnahmen steht die längere Erwerbstätigkeit im Fokus. «Arbeiten über das Rentenalter hinaus wird einfacher und attraktiver», so das Versprechen der SP-Sozialministerin.

Ihr Motto: Länger arbeiten soll sich lohnen! Anstelle eines höheren Rentenalters sollen finanzielle Anreize dafür sorgen, dass mehr Menschen freiwillig über das Referenzalter 65 hinaus erwerbstätig bleiben.

Jeder Vierte arbeitet derzeit länger

Potenzial dazu und Interesse daran sind durchaus vorhanden. Die Mehrheit der Seniorinnen und Senioren geht zwar weiterhin mit 65 Jahren oder früher in Pension. Doch die Erwerbstätigenquote für die Jahre 2021 bis 2023 zeigt: Jeder Vierte bleibt mit 65 weiterhin aktiv, allenfalls in einem tieferen Pensum. Mit 70 sind es noch 14 Prozent und mit 74 Jahren 11 Prozent.

«Arbeiten über das Rentenalter hinaus soll attraktiver werden»
0:45
Elisabeth Baume-Schneider:«Arbeiten über das Rentenalter hinaus soll attraktiver werden»

Um die Weiterbeschäftigung zu fördern, will Baume-Schneider in der AHV-Reform 2030 nun mit drei Hebeln ansetzen.

1

Höchstalter 70 streichen

Heute gilt für die AHV das Höchstalter 70. Man kann den Rentenbezug also um maximal 5 Jahre aufschieben und erhält danach eine lebenslang höhere Rente. Wer seine Rente erst 2 Jahre später bezieht, bekommt dafür 11,8 Prozent mehr AHV. Wer 5 Jahre wartet, bekommt 31,5 Prozent mehr. Dabei lässt sich die ganze Rente oder auch nur ein Anteil zwischen 20 und 80 Prozent aufschieben. Wer über das Referenzalter hinaus arbeitet, kann die Rente zudem durch die zusätzlichen Beitragsjahre verbessern.

Nun soll die Obergrenze 70 fallen. «Diese Altersgrenze würde sowohl für den Aufschub des Rentenbezugs als auch für Rentenverbesserungen abgeschafft», erklärt Markus Binder vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) gegenüber Blick dazu. «Das Fehlen einer Altersgrenze hätte auch eine psychologische Wirkung, da sie eine Barriere beseitigt.»

Auch wenn viele Senioren über 65 hinaus weiterarbeiten, schieben nur wenige den AHV-Bezug auf. Im aktuellsten Jahrgang waren es 1500 Männer und 1600 Frauen, ein Anteil von rund 2,5 Prozent.

2

Freibetrag erhöhen

Der Freibetrag für erwerbstätige Seniorinnen und Senioren soll steigen. Dieser liegt derzeit bei jährlich 16'800 Franken – bis zu dieser Summe müssen also keine Lohnbeiträge bezahlt werden. Wer für verschiedene Tätigkeiten bei unterschiedlichen Arbeitgebern separat entlöhnt wird, kann den Freibetrag für jede dieser Tätigkeiten geltend machen.

«Die Freigrenze wurde seit 1996 nicht mehr angepasst», sagt BSV-Sprecher Binder. «Die Anhebung des Freibetrags kann einen positiven Anreiz darstellen, über das Referenzalter hinaus weiterzuarbeiten.» Noch ist offen, wie gross die Erhöhung ausfallen soll.

3

Frühpensionierungen bremsen

Die umstrittenste Massnahme im Anreiz-Paket: Frühpensionierungen sollen weniger attraktiv werden. Tatsächlich arbeiten viele Erwerbstätige nicht bis zum ordentlichen Rentenalter, sondern verabschieden sich vorzeitig in den Ruhestand. Bei den 64-jährigen Männern etwa liegt die Frühpensionierungsquote für den Zeitraum 2021 bis 2023 bei 39 Prozent, bei den 63-jährigen Frauen bei 34 Prozent. Vor 15 Jahren lagen diese Quoten mit 47 beziehungsweise 43 Prozent deutlich höher.

Das heisst aber nicht, dass man auch die AHV früher bezieht. Wer es sich dank einer guten Pensionskasse leisten kann, wartet mit dem AHV-Bezug meist zu. Für jedes vorbezogene Jahr wird die AHV-Rente nämlich um 6,8 Prozent gekürzt. Die Vorbezugsquote liegt bei den Männern aktuell bei etwa 12 Prozent, bei den Frauen bei 10 Prozent.

Trotzdem will Baume-Schneider auch in diesem Bereich ansetzen. Ihr Departement muss bis im Herbst prüfen, mit welchen Massnahmen sich Frühpensionierungen bremsen lassen. «Etwa durch die Änderung der Kürzungssätze oder ergänzende Massnahmen in der 2. Säule», wie BSV-Mann Binder erklärt. Denn: «Für den Entscheid zu einer Frühpensionierung ist für viele das Einkommen aus der beruflichen Vorsorge ein entscheidender Faktor.»

Konkrete Eckwerte im Herbst

Mit den vorgesehenen Massnahmen will Baume-Schneider Arbeitsanreize schaffen und damit auch dem Arbeitskräftebedarf der Wirtschaft entgegenkommen.

Im Herbst wird sie die konkreten Eckwerte für die AHV-Reform vorlegen, Anfang 2026 soll die Vernehmlassung dazu starten. Bis Ende 2026 soll die definitive Vorlage ans Parlament überwiesen werden.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?