Darum gehts
- Nationalrat entscheidet über Witwenrenten-Einsparungen und höhere Ehepaarrenten
- Kommission will lebenslange Witwenrenten kippen und Alterskinderrenten streichen
- 720 Millionen Mehrkosten für die AHV im Jahr 2040
Bald wird über Witwenrenten abgestimmt
Bald ist der erste Block zu den Hinterlassenenrenten abgeschlossen. Dann wird abgestimmt, wie es mit den Witwenrenten weitergehen soll.
Mitte fordert faire Übergangsfristen
Mitte-Nationalrat Thomas Rechsteiner fordert faire Übergangsbestimmungen und Besitzstandwahrung für ältere Witwen. Anpassungen für künftig Verwitwete seien aber sinnvoll, macht er klar.
FDP ärgert sich über «grosses Geschrei»
FDP-Nationalrat Cyril Aellen lehnt sämtliche Minderheitsanträge namens seiner Fraktion ab. Mit der Vorlage werde die Gleichbehandlung zwischen Männern und Frauen gestärkt. Verschiedenen Parteien «machen ein grosses Geschrei», moniert er. Eine Reform habe immer Vor- und Nachteile. Wären es nur Vorteile, wäre es ein blosser Leistungsausbau. Die Kommissionslösung sei ein pragmatischer Ansatz.
SP-Gysi: «Besitzstand muss auch für kinderlose Witwen gelten»
Nun äussern sich verschiedene Fraktionssprecher zu den Minderheitsanträgen. SP-Nationalrätin Barbara Gysi macht sich für die Verbesserungen stark. «Der Besitzstand muss auch für kinderlose Witwen gelten», sagt sie. Nun einfach die Spielregeln zu ändern, sei unfair.
SP-Marti: «Es geht um Treu und Glauben»
SP-Co-Fraktionschefin Samira Marti verlangt, dass sämtliche laufende Renten beibehalten werden. «Es geht um Treu und Glaube˙, betont sie. Mit der jetzigen Vorlage wären mehrere Tausend Personen davon betroffen. «Diesen zieht man den Boden unter den Füssen weg.»
Grünen-Prochet will Mindestgarantie für Witwenrente
Grünen-Nationalrätin Léonore Porchet fordert eine Mindestgarantie für die Höhe der Hinterlassenenrenten. Es gehe um ein Minimum an Würde für die betroffenen Personen, sagt sie.
Übergangsfrist auf drei Jahre verlängern
Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber möchte die Übergangsrente bei Verwitwung verlängern. «Damit möchte ich eine gewisse Schonfrist gewähren.» Der Tod des Partners oder der Partnerin bedeute ein Einkommensverlust und sei mit Existenzängsten gekoppelt.
Zwei Jahre Übergangsfrist seien zu kurz. Sie möchte diese auf drei Jahre verlängern. «Das wäre das Minimum!»
SP-Meyer: «Zeigen Sie etwas mehr Herz und Grosszügigkeit»
Seitens der SP liegen verschiedene Minderheiten vor, welche den Schutz von Witwen und Waisen verbessern sollen, etwa auch längere Übergangsfristen für verschiedene Fälle.
So etwa, wenn das Kind einer verwitweten Person stirbt, an welches der Rentenanspruch gebunden ist. Dann würde die Rente nur noch während 6 Monaten ausbezahlt, Mattea Meyer möchte diese Frist auf 25 Monate verlängern. «Zeigen Sie etwas mehr Herz und Grosszügigkeit gegenüber Personen, die Furchtbares erlitten haben», appellierte Meyer an ihre Ratskollegen.
SVP-Aeschi will Hinterlassenenrente nur für Verheiratete
Nun stellen verschiedene Nationalräte ihre Minderheitsanträge vor. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi will die Hinterlassenenrente nur für Verheiratete, so wie es heute gilt. «Wir müssen Sorge tragen zum Institut der Ehe. Es wäre falsch, wenn wir hier eine weitere Ausweitung beschliessen.»
Rückweisungsanträge abgelehnt
Die beiden Rückweisungsanträge von Mattea Meyer und Katharina Prelicz-Huber werden mit 100 zu 94 Stimmen bzw. mit 128 zu 68 Stimmen abgelehnt. Daher geht es nun mit der Detailberaung weiter.
Kaum hat der Nationalrat die Finanzierung der 13. AHV-Rente geklärt, steht bereits der nächste Renten-Showdown an. Am Mittwoch entscheidet der Nationalrat über Einsparungen bei der Witwenrenten sowie höhere Ehepaarrenten.
In der nationalrätlichen Sozialkommission hat sich eine Allianz aus SVP, FDP und GLP in vielen Fragen knapp durchgesetzt. Doch die Fronten sind vertrackt, die Ausgangslage bleibt spannend. Das sind die wichtigsten Punkte:
Witwenrenten kappen
Der Bundesrat will die lebenslangen Witwenrenten kippen. Künftig sollen Verwitwete maximal nur noch bis zum 25. Geburtstag des jüngsten Kindes eine Hinterlassenenrente erhalten. Länger nur, wenn ein erwachsenes Kind mit Behinderung betreut wird. Zudem soll die Witwenrente künftig zivilstandsunabhängig ausgerichtet werden.
Die nationalrätliche Sozialkommission hält im Grundsatz an diesem Kurs fest, will ihn aber sozialer ausgestalten. Demnach soll für alle jetzigen Witwen und Witwer mit Kindern der Besitzstand gelten. Anders ist es bei kinderlosen Witwen, da wird die Rente – ausser für über 55- Jährige – nach einer Übergangsfrist gestrichen.
Mitte, SP und Grüne wollen das so nicht hinnehmen. Mit Minderheitsanträgen streben sie eine stärkere Abfederung an. Laufende Renten sollen keine gestrichen werden. Zudem sollen über 50-Jährige weiterhin stärker geschützt werden.
Alterskinderrenten streichen
Künftig sollen in der AHV und der beruflichen Vorsorge keine neuen Alterskinderrenten mehr ausgerichtet werden. Auch hier will die Kommission den Besitzstand wahren: Laufende Renten werden nicht angetastet. Die Linke wehrt sich gegen die Streichung.
Ende 2023 bezogen rund 25'000 Personen eine Alterskinderrente, hauptsächliche ältere Männer. Gut ein Viertel davon floss ins Ausland – vor allem in die Nachbarländer Frankreich, Deutschland und Italien.
Ehepaarrenten erhöhen
Die Mitte will mit einer Volksinitiative die Deckelung der Ehepaarrenten bodigen. Das Problem: Ehepaare erhalten heute maximal 150 Prozent einer Altersrente – also höchstens 3780 Franken monatlich. Konkubinatspaare hingegen bekommen zwei separate Einzelrenten von bis zu 2520 Franken, zusammen also 5040 Franken. Macht ein Minus von 1260 Franken für Verheiratete. Die Mehrkosten belaufen sich auf gut 4 Milliarden Franken jährlich.
Die nationalrätliche Sozialkommission kommt der Mitte entgegen und will die Witwenrenten-Vorlage zu einem indirekten Gegenvorschlag ausbauen. Die Deckelung soll fallen – aber nur für Neurentner! Das heisst, für neu pensionierte Ehepaare gibt es künftig höhere Renten. Maximal 200 statt 150 Prozent. Jetzige Rentner-Ehepaare haben das Nachsehen. Ihre Renten bleiben gleich. Das wird damit begründet, dass diese bisher von gewissen Ehepaar-Privilegien profitiert haben.
Für frisch Pensionierte soll im Gegenzug ein Teil der Verheiratetenprivilegien teilweise fallen. Nichterwerbstätige Ehegatten sollen künftig nicht mehr von der Beitragspflicht befreit werden können. Und der Verwitwetenzuschlag von 20 Prozent soll für neue AHV-Rentner fallen. Wer bereits eine Rente bezieht und verwitwet, bekommt den Zuschlag weiterhin.
Schon jetzt ist klar: Die Mitte wird sich mit diesem Vorschlag nicht zufriedengeben und an ihrer Volksinitiative festhalten. Dass der Plafond für heutige Rentner nicht abgeschafft wird, geht ihr gegen den Strich.
Verschiedene Minderheiten beantragen zudem, die genannten Elemente nicht abzuschaffen oder den Rentenplafonds für Ehepaare generell auf 175 Prozent zu erhöhen.
Mehrkosten für die AHV
Unter dem Strich sorgt die Kommissionsvariante für Mehrkosten bei der AHV. Die Plafond-Aufhebung für neue Renten verursacht zunehmende Ausgaben – im Jahr 2040 wären es gut 3 Milliarden Franken.
Über die Zeit steigende Einsparungen bringen die Abschaffung der lebenslangen Witwenrenten, des Verwitwetenzuschlags oder der Alterskinderrenten. Im Jahr 2040 etwa 1,8 Milliarden Franken.
Setzt der Nationalrat sämtliche Vorschläge seiner Kommission um, steigen die AHV-Ausgaben um 60 Millionen Franken im Jahr 2030 bis auf 720 Millionen im Jahr 2040.