Darum gehts
- Bundesrat hält an der F-35 fest trotz Mehrkosten und Festpreis-Fiasko
- Luftwaffenchef: Nutzungsdauer der F/A-18 könnte verlängert werden
- 70 Prozent fordern in Blick-Umfrage erneuten Urnengang zum F-35-Kauf
Trotz Festpreis-Fiasko und Mehrkosten bis 1,3 Milliarden Franken: Der Bundesrat hält am US-Tarnkappenjet F-35 fest. Und nicht nur das: Verteidigungsminister Martin Pfister (62) nennt ihn sogar alternativlos. Sonst sei der Schutz des Luftraums bereits ab 2032 nicht mehr sichergestellt. Dann nämlich erreiche die heutige F/A-18-Flotte das Ende ihrer Nutzungsdauer. Und es sei nicht möglich, in dieser kurzen Zeit neue Flieger zu beschaffen.
Die scheinbar logische Konsequenz: Der Bundesrat will keine Offerten anderer Jet-Anbieter einholen. Man könne nicht einfach Angebote bestellen, sondern müsste einen ganzen Entscheidungsprozess anstossen, der mindestens drei Jahre daure, begründete Pfister.
Spielraum wäre genügend vorhanden
Alternativlos? Von wegen! Davon sind immer mehr Sicherheitspolitiker überzeugt. Das soll auch an Luftwaffenchef Peter Merz (57) liegen, wie mehrere Kommissionsmitglieder gegenüber Blick bestätigen. In einer ausserordentlichen Sitzung der nationalrätlichen Sicherheitskommission vom 2. Juli soll er eingeräumt haben, dass die Nutzungsdauer der F/A-18 «problemlos» nochmals um ein paar Jahre zu verlängern wäre. So wie dies andere Staaten ebenfalls machen – sogar die USA.
Für geschätzte 800 Millionen bis 1 Milliarde Franken könne die Betriebsdauer um nochmals rund 1000 Flugstunden verlängert werden, ist aus der Nationalratskommission zu hören. So könnten die F/A-18 bis 2035 oder sogar bis 2037 fliegen. «Damit hätte man mehr als genug Zeit, eine europäische Alternative zu prüfen», hält ein Kommissionsmitglied fest.
«Es regt mich auf»
«Die Argumentation, dass der Schweizer Luftraum ohne die F-35 ab 2032 schutzlos wäre, ist ja offensichtlich falsch», sagt eine Sicherheitspolitikerin. «Es regt mich auf, wenn der Bundesrat behauptet, die F-35 sei alternativlos. Und dann müssen wir feststellen, dass das gar nicht stimmt», doppelt ein Kommissionskollege nach. «Wie schon beim Festpreis: Was kann man noch glauben?»
DCX STORY: doc82160713o05t5saxlef [Auch andere Staaten lassen ihre F/A-18 länger fliegen]
Der Bundesrat aber will unbedingt die F-35 – sogar wenn die USA eigenmächtig die Regeln ändern. So auch bei den bestellten Patriot-Systemen, deren Lieferung Washington verschoben hat. Das US-Verteidigungsministerium priorisiert Lieferungen an die Ukraine. Die Schweiz guckt erneut in die Röhre. Darauf reagieren aber will der Bundesrat nicht. «Er scheint sein Gesicht nicht verlieren zu wollen und hält darum eisern an Plan A fest», meint ein Sicherheitspolitiker lapidar.
VBS schweigt zu brisanten Aussagen
Für breite Kreise der Bevölkerung ist das Verdikt dagegen klar: Die Politik kann nun nicht einfach weiterwursteln. Es braucht eine erneute Volksabstimmung! Fast 40'000 Leserinnen und Leser hatten bei Blick über die Frage abgestimmt. Satte 70 Prozent fordern in der nicht repräsentativen Umfrage einen erneuten Urnengang. Sie wollen selber entscheiden können, ob die Schweiz für die US-Flieger nochmals deutlich tiefer in die Tasche greifen soll oder eben nicht.
Ist die F-35 also gar nicht so alternativlos, wie der Bundesrat es öffentlich darstellt? Das Verteidigungsdepartement (VBS) will sich dazu gegenüber Blick nicht äussern. Schriftlich eingereichte Fragen bleiben unbeantwortet.
Das VBS stellt einzig nochmals klar, dass der Bundesrat an der Beschaffung des Kampfflugzeugs F-35 festhalte. Schliesslich sei die Schweiz «gehalten, den Vertrag mit den Amerikanern zu erfüllen», wie es Bundesrat Pfister formuliert. In Washington scheint man das weniger eng zu sehen.