Darum gehts
- Schweizer Gastronomie in der Krise: Hunderte Betriebe mussten 2025 schliessen
- Steigende Kosten und wirtschaftliche Probleme zwingen viele Restaurants zur Aufgabe
- 2025 meldeten fast 900 Betriebe Konkurs an, 25 Prozent mehr als 2024
Schweizer Wirte essen richtig hartes Brot! Landauf, landab kämpfen Gastronominnen und Gastronomen ums Überleben. Geben Tag für Tag alles, gehen über ihre körperlichen und finanziellen Limiten – und sehen doch kein Land. Quer durch die Schweizer Küchen weht ein eisiger Wind. Egal, ob einfache Quartierbeiz oder nobles Sternerestaurant. Kaum von den Folgen der Coronakrise erholt, machen Tag für Tag Beizen zu.
Die Gründe sind vielfältig. Und die Zahlen eindrücklich. Gemäss der Wirtschaftsauskunftei Crif mussten alleine zwischen Januar und September fast 900 Gastrobetriebe Konkurs anmelden – das ist gut ein Viertel mehr als im Vorjahr. Die effektive Zahl der Betriebsschliessungen liegt jedoch deutlich höher, da viele Betreiber noch vor dem Konkurs die Reissleine ziehen. Blick zeigt zehn Beispiele von Beizen, die 2025 hart getroffen wurden.
Die Lichter sind aus, die Küche bleibt kalt: Seit April ist das Restaurant Spedition im Merker-Areal in Baden AG geschlossen. Die beiden Pächter, Chris Hauber (37) und Kyu Grieder (34), geben auf – nach nur einem Jahr. Das erste Jahr läuft noch passabel, aber steigende Strompreise, teurere Lebensmittel – das Lokal verwendet zu 90 Prozent Schweizer Bio-Produkte –, höhere Miete und zu wenige Gäste machen den Betrieb zunehmend unprofitabel.
Das gehypte Zürcher Restaurant Elmira steckt in grossen finanziellen Schwierigkeiten. Trotz Michelin-Stern und 16 GaultMillau-Punkten sucht das Fine-Dining-Lokal Ende Oktober dringend Investoren. Sechs Angestellte haben die Kündigung zum Jahresende erhalten. «Wirtschaftlich sind wir noch nicht dort angekommen, wo wir sein wollten», schreibt Mitgründer und Verwaltungsrat Lukas Bühler in einer Mitteilung. Ob und wie es weitergeht, ist noch nicht klar.
Spitzenkoch Dave Wälti (37) gibt das Restaurant Verena in Olten auf. Auch 15 GaultMillau-Punkte und ein Michelin-Stern haben ihn nicht vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten bewahrt. Eine «langanhaltende Baustelle» habe 2023 zu massiven Umsatzeinbussen geführt. «Trotz einer erfreulichen Erholung im Jahr 2024 verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage ab Frühjahr 2025 erneut», sagt er. Und tritt Ende Jahr ab.
In Winterthur ZH wird mit dem «Trübli» das beste Lokal der Stadt verkauft. Für drei Millionen Franken gibts nicht nur das Restaurant, sondern auch noch zwei grosse Wohnungen an bester Altstadtlage. Gastronom Alex Bindig (31) hat die Traditionsbeiz übernommen, polierte sie auf und verwandelte sie in eine Gourmetadresse. Mit Erfolg – GaultMillau verlieh dem «Trübli» zuletzt 16 Punkte. Jetzt muss Bindig raus.
Der «Engel» in Koblenz AG wird Ende November von der Gemeinde per sofort geschlossen. Offenbar fehlen der Wirtin die nötigen Papiere. Ohne ein Wirtepatent kann im Kanton Aargau die Standortgemeinde eines Restaurants keine Betriebsbewilligung erteilen. «Engel»-Gastronomin Nicoleta Buzila (44) gibt sich kämpferisch. Sie teilt mit, dass die Schliessung nur vorübergehend sei.
Im Nobel-Restaurant Dal Mulin in St. Moritz GR bleibt Ende August die Küche kalt. Trotz voller Tische und ausgezeichneter Küche hat das Konkursamt das Lokal geschlossen. Wirt Danijel Krasnic hat sich mit seinem exklusiven Weingeschäft verkalkuliert. Das finanzielle Loch aus dem Weinhandel wurde immer grösser. Nun hat es auch das Restaurant Dal Mulin mitgerissen.
Das Aus kommt plötzlich und überraschend: Nach 500 Jahren schliesst der Gasthof Hirschen in Eglisau ZH. Inhaber Werner Dubno (82) hat genug. Er kritisiert die Gemeinde heftig. Die hat ihm einen Foodtruck vor die Nase gesetzt. Dubno hat dagegen gekämpft – und verloren. Hinzu kommen die massiv gestiegenen Betriebskosten, von Energie bis zu Lebensmitteln. Sie setzen das Restaurant unter Druck. Jetzt ist es zu.
Fabian Raffeiner, Küchenchef im Berner Restaurant Zoe, kündigt überraschend seinen Rücktritt an. Der Koch gibt seinen prestigeträchtigen Job im Feinschmeckerlokal auf, um mehr Zeit mit seiner Familie in Südtirol zu verbringen. Drei Jahre lang hat er das bekannte vegetarische Lokal geprägt, ist mit 15 GaultMillau-Punkten und einem Michelin-Stern ausgezeichnet.
Das «Vegano» in Wohlen AG ist Geschichte. Nach fünf Jahren schliesst Besitzer Turac Aslan sein Lokal für immer. Hohe Mieten machen ihm zu schaffen. Und die Folgen eines Unfalls, bei dem ein 19-Jähriger mit seinem Mercedes AMG ins Restaurant krachte. Die Liegenschaft konnte monatelang nicht genutzt werden. «Es zerbricht mir das Herz, aber es geht leider nicht anders», sagt der Beizer.
Das renommierte Restaurant Strauss in Winterthur ZH ist Geschichte. Im September öffnete der Betrieb ein letztes Mal, jetzt ist er insolvent. 15 Angestellte verlieren ihren Job. Wirtin Tuba Özdemir fühlt sich von der Stadt im Stich gelassen. Ende 2024 sorgte sie wegen eines Fehlers selbst für Aufregung. Ganze vier Jahre lang warb das Nobel-Restaurant auf der eigenen Website fälschlicherweise mit 14 GaultMillau-Punkten. Das Winterthurer Lokal hatte sich aber nie mehr als 13 Punkte erkocht – zuletzt 2020.