Darum gehts
- Schweizer Spitzenrestaurants schliessen reihenweise ihre Türen
- Die Gründe dafür sind vielfältig
- Blick-Leser kritisieren die hohen Preise und kleinen Portionen in Gourmetlokalen
Immer mehr hiesige Spitzenköche schmeissen den Bettel hin. Das «Paradies» in Baden AG, das «Veranda» in Bern oder das «Verena» in Olten SO sind nur einige von vielen Beispielen.
Urs Pfäffli (62), Präsident des Zürcher Gastroverbands, spricht gegenüber Blick von einem Strukturwandel in der Gastronomie: Besonders für Einzelbetriebe seien die hohen Kosten ein massives Problem, sagt er. So würden die Personalkosten bei vielen Restaurants die Faustregel von 40 Prozent der Gesamtausgaben bei weitem übersteigen.
Auch der rückläufige Alkoholkonsum in der Bevölkerung führe zu signifikanten Gewinnausfällen. Und allgemein öffnen Herr und Frau Schweizer wegen den derzeitigen wirtschaftlichen Unsicherheiten ihr Portemonnaie für einen extravaganten Restaurantbesuch weniger gern. Das Thema sorgt bei der Blick-Leserschaft für ordentlich Gesprächsstoff.
«Die Menschen sind nicht mehr bereit, für gutes Handwerk Geld auszugeben»
Ein Blick in die Kommentare zeigt klar, wo der Schuh der Leser drückt: beim Preis. Ein Grossteil findet die Menüpreise in der Spitzengastronomie unverhältnismässig, nicht selten fällt das Wort «Abzocke». «Warum sollte ich an einem Abend 200 Franken ausgeben?», fragt Blick-Leserin Eliane Müller. «Dieses Geld reicht mir für eine Woche – oder sogar länger –, um zu Hause etwas Gutes zu kochen.»
Ähnlich tönt es von Leser Joseph Makita: «Gehe ich ins Restaurant, esse ich meist überteuert. Trinken darf ich auch nicht, wenn ich selber fahre. Da esse ich lieber preiswert und gesund zu Hause bei einem guten Glas Wein.» Und Leserin Priska Bühler glaubt: «Die Gäste möchten lieber wieder die urchige Schweizer Küche. Wir brauchen keine Blüemli und anderes Schischi-Zeugs auf dem Teller!»
Katharina Widmer hält dagegen: «Die Menschen sind einfach nicht mehr bereit, für gutes Handwerk Geld auszugeben. Wenn ich Essen gehe, ist es selbstverständlich, dass ich 200 bis 300 Franken ausgebe. Alles andere ist lächerlich.»
Vielen sind zudem die für die gehobene Küche typischen kleinen Portionen ein Dorn im Auge: «Bei einem Fünf-Gang-Menü in einem Sternerestaurant werde ich auch nicht satt», schreibt beispielsweise Leser Alexander Ingold. Oder: «Ein zehngängiges Menü und danach zu Hause noch ein paar Cervelats essen vor lauter Hunger», stimmt Ernesto Kuhla zu.
«Ist halt nicht mit Bratwurst und Rösti zu vergleichen»
Liebhaber und Liebhaberinnen der Sterneküche finden sich in der Community wenige. Doch Leserin Brigitte Schneider hat lobende Worte: «Ich geniesse die Gourmetküche!», schreibt sie. «Bis ein Sternekoch Geld verdient, muss er extrem fleissig sein und neue, kreative Gerichte ‹erfinden›.» So etwas sei halt nicht mit Bratwurst und Rösti zu vergleichen.
Beat Oberholzer – offenbar selbst ehemaliger Gastronom – verteidigt die vom Gastroverband-Zürich-Chef genannten hohen Kosten: «Die Nörgler rechnen weder die Miete, noch den Personalaufwand, geschweige denn die Nebenkosten mit ein», empört er sich. «Solche Gäste zu bewirten, macht schlicht keine Freude mehr. Deshalb habe auch ich geschlossen», so Oberholzer.
Schwarzmalen will Gastroverband-Pfäffli aber nicht. Er glaube an die Zukunft der Schweizer Gastrobranche, sagt er zu Blick. Und prognostiziert: «In der heutigen Zeit von Social Media und künstlicher Intelligenz bleiben die Restaurants ein wichtiger sozialer Treffpunkt.»
Doch genau die sozialen Medien haben Leser Peter Beyeler dazu gebracht, auf den Restaurantbesuch zu verzichten: «Dank Youtube bin ich mein eigener Spitzenkoch. Und gute Weine gibt es in den Supermärkten.»