Darum gehts
- Camille Rast bleibt trotz Hüftschmerzen und mässigem Saisonstart gelassen
- Denis Wicki, ihr Mentor, bleibt trotz persönlicher Tragödie im Team
- Rast dürfte in Gurgl deutlich besser abschneiden als zuletzt
Viele Fahrerinnen wären besorgt und manche wohl verzweifelt. Nicht Camille Rast (26). Obwohl die Walliserin Schmerzen in der Hüfte hat und nicht weiss, wann diese endlich abklingen. Auch zwei 15. Plätze zum Saisonstart werfen die Slalom-Weltmeisterin nicht aus der Bahn. «Es ist nicht so schlimm, wenn es noch nicht klappt. Es gibt noch viele Trainings und noch viele Rennen», sagt sie.
Woher kommt diese innere Ruhe? Klar, Rast hat viel erlebt. Rückblick: Sie verletzte sich nach einem kometenhaften Aufstieg schwer und war auch krank. Gleichzeitig war die Walliserin aus Vétroz schon als Kind – sie hat keine Geschwister – bereits sehr selbständig. Einmal sagte sie: «Es ist so viel passiert, dass ich vor nichts mehr Angst habe.»
Im letzten Winter folgte der Durchbruch in die Weltspitze – drei Weltcupsiege und WM-Gold im Slalom. «Früher hiess es oft: Wann fährst du das endlich aufs Podest? Das habe ich mehr als geschafft. Jetzt muss ich nicht mehr – ich darf», so Rast.
Tod des Sohnes war einschneidend
Es gibt noch einen Grund für Rasts Ausgeglichenheit. Er trägt einen weissen Bart, Brille, im Training oft eine Schaufel in der Hand und ist ebenfalls die Ruhe in Person. Sein Name: Denis Wicki (64). Er ist Rasts Mentor. «Ein super Trainer und Mensch. Ich kenne ihn schon so lange, es ist so einfach, mit ihm zu arbeiten. Ich muss nicht viel sagen und er versteht mich», sagt sie.
Um ein Haar hätten sich ihre Wege allerdings getrennt. Warum? Wicki war letzten Winter hin- und hergerissen. Er wollte bis zur Pension im Schweizer Team bleiben. Gleichzeitig war der Tod seines Sohnes Antoine (†26) vor eineinhalb Jahren eine grosse Belastung. In Ausbildung zum Bergführer war er an der Nordwand des Breithorns abgestürzt. «Meine Familie braucht mich auch – wir werden alles besprechen», sagte Wicki.
«Wenn ich mit Spass fahre, ist Denis auch zufrieden»
Das ist geschehen. Wicki erhielt grünes Licht und Frauen-Cheftrainer Beat Tschuor zögerte nicht – bald war der Vertrag unterschrieben. «Denis ist ein hervorragender Coach und wir sind froh, ihn weiterhin bei uns zu haben», so Tschuor.
Wickis Arbeitspapier läuft bis und mit den Olympischen Spielen. Rast: «Denis ist bald in Pension und ich hoffe, ich lasse ihn noch etwas träumen.» Zum Beispiel mit einer Olympia-Goldmedaille? Sie schmunzelt nur. Andere Frage: Welches ist das schönste Geschenk, das sie Wicki zum Abschied machen könnte? «Mit Spass fahren. Wenn ich das tue, ist er zufrieden, weil ich glücklich bin. Und dann kommen die Resultate auch.»
62 Prozent? Genau nach Rasts Geschmack
Vielleicht klappts in Gurgl (Ö) besser als zuletzt. Am Kirchenkar fuhr Rast letzten Winter erstmals überhaupt auf ein Weltcuppodest – Dritte. Der Hang lieg ihr, ist er doch viel steiler als jener in Levi (Fi). Bei einer Streckenlänge von 548 Meter werden 210 Höhenmeter vernichtet, die maximale Steigung beträgt happige 62 Prozent.
Das alles ist genau nach Rasts Geschmack. Sicher ist: Egal wie es läuft – weder sie noch Wicki werden danach in Euphorie oder Panik verfallen.