Darum gehts
Braathen schreibt brasilianische Ski-Geschichte – und niemanden interessierts
Seit der letzten Saison fährt Lucas Braathen für Brasilien. Dieser Nationenwechsel gipfelte am Sonntag in Levi im ersten Sieg für das fünftgrösste Land der Welt. Kontrovers: In Brasilien interessiert der Triumph des «Paradiesvogels» kaum jemanden. Das zeigt ein Blick in die brasilianische Sportzeitung «Lance!». Dort dreht sich neben dem Fussball derzeit mehr um die Beachvolleyball-WM. Braathen gewann vor dem Triumph im finnischen Levi fünfmal im Weltcup. Sein letzter Sieg vor dem Wechsel zu Brasilien und der einjährigen Pause gelang ihm im Adelboden-Slalom 2023.
Geburtstag, Podest und bald Gesamtweltcupsiegerin
Lara Colturi macht sich an ihrem 19. Geburtstag ein besonderes Geschenk: Die Wahl-Albanerin fährt in Levi auf Platz 2. Nach Rang 7 in Sölden gilt für das Supertalent: Daumen hoch zum Saisonstart! Aber wo geht ihre Reise noch hin? Für viele ist sie die logische Nachfolgerin von Mikaela Shiffrin, wenn diese eines Tages die Ski an den Nagel hängt. Ihr Gefühl für den Schnee ist einzigartig, ihre Lockerheit und Ruhe beeindruckend. Gut möglich, dass sie eines Tages im Gesamtweltcup ganz vorne mitmischen wird. Denn: Die Tochter von Super-G-Olympiasiegerin Daniela Ceccarelli (It) wurde 2023 Super-G-Juniorenweltmeisterin – sie hat auch Speed im Blut. In dieser Saison konzentriert sie sich auf die technischen Disziplinen.
Hallbergs erstes Podium hat einen Schweizer Bezug
Eduard «Eddie» Hallberg ist ein atypischer Finne. Der 22-Jährige schaffte seinen ersten Durchbruch mit der Teilnahme an der Junioren-WM in Panorama (Ka). Der Trainer, der ihn damals für die Wettkämpfe im März 2022 nominierte, war ein Schwyzer. Der damalige finnische Cheftrainer Osi Inglin. Im Nachhinein sagt er: «Hallberg ist anders als die normalerweise so ruhigen Finnen. Schon zum ersten Zusammenzug kam er mit breiter Brust.»
Der erste finnische Podestplatz seit der Ära Palander
Hallberg ist ausserdem der erste finnische Weltcup-Podestfahrer seit dem legendären Kalle Palander. Der heute 48-Jährige gewann 1999 in Vail (USA) WM-Gold im Slalom – ohne zuvor im Weltcup jemals unter den ersten fünf gewesen zu sein. Sein erstes Weltcup-Podium holte Palander dann erst 2003 bei seinem Sieg in Kitzbühel. Zum letzten Mal auf dem Treppchen stand er bei seinem Riesenslalom-Sieg 2007 in Alta Badia (It). Danach wurde er immer wieder von Verletzungen geplagt. Nach dem Karriereende war er nach eigenen Angaben zunehmend verbittert: «Jedes Wochenende sass ich vor dem Fernseher und dachte: Warum bin ich hier?» Seine Frau verriet sogar, dass ihr Mann derart deprimiert gewesen sei, dass er «versucht habe, sich mit Alkohol umzubringen.»
Deutschland hat einen schwedischen Heilsbringer
Und er heisst Emma Aicher. Die Super-Allrounderin wuchs in Schweden auf, lebte in Engelberg, zog zurück nach Schweden und entschied sich in letzter Sekunde, für Deutschland zu fahren. Nach zwei Siegen im letzten Winter (Super-G und Abfahrt) fährt Aicher erstmals aufs Slalom-Podest – sie wird Dritte. Viele haben grosse Hoffnungen, dass die 22-Jährige zum nächsten Superstar avanciert. Wohl auch FIS-Präsident Johan Eliasch – er weiss, wie wichtig deutsche Sponsoren für den Skiweltcup sind. Und Aicher? Sie sagt: «Das hatte ich überhaupt nicht erwartet.»
Sind die US-Girls für die Schweizerinnen zu stark?
Zweimal verpassten die Swiss-Ski-Frauen zuletzt den Sieg im Nationencup. SRF-Expertin Tina Weirather zeigte sich vor dem Winter überzeugt, dass Gut-Behrami, Holdener und Co. diesmal wieder den Thron erobern werden. «Nicht nur, weil Brignone fehlt. Ich glaube, dass mehrere Fahrerinnen zuletzt unter Wert geschlagen wurden. Dabei denke ich an Michelle Gisin, die nur noch Abfahrten und Super-G-Rennen bestreitet – das wird ihr helfen.» Fakt ist: Nach zwei Rennen liegen die Amerikanerinnen 114 Punkte vor den Schweizerinnen. Noch sind erst 2 von 37 Rennen gefahren. Sollten neben den Technikerinnen rund um Shiffrin aber im Speed auch Lindsey Vonn, Breezy Johnson und Lauren Macuga auftrumpfen, ist ein US-Sieg gut möglich.
Wird es das britische Jahr im Weltcup-Zirkus?
Noch nie zuvor standen in einem Weltcup-Rennen zwei Briten in den Top 7. Laurie Taylor (29) brillierte in Levi mit dem vierten Platz, und Oldie Dave Ryding (38) wurde Siebter. Vater dieses Erfolgs ist eine tragische Figur der Olympischen Spiele 2002: Alain Baxter, der heutige Trainer der drei «Zickzack-Briten». Baxter wurde beim Slalom in Salt Lake City Dritter. Kurz nach der Rückkehr in seine Heimat musste er seine Medaille jedoch wieder abgeben. Wegen eines Nasensprays, das Baxter vor dem Rennen benutzt hatte, fiel sein Dopingtest positiv aus. Auch der dritte britische Fahrer im Bunde, Billy Major (28), holte noch vier Weltcup-Punkte. Er fuhr auf Platz 27.
Steil ist geil!
Der lange, flache Starthang zog fast allen Schweizerinnen in Levi den Zahn. Sie verloren viel Zeit. Auch Weltmeisterin Camille Rast. Im ersten Lauf erzielte sie zuoberst die 35. Zeit, im zweiten Sektor die 22. Nun freut sie sich auf den deutlichen steileren Hang in Gurgl (Ö). Oberhalb von Sölden auf der Kirchenkarpiste fuhr sie vor einem Jahr erstmals überhaupt auf ein Weltcup-Podest. Die Frage, wie sich die verletzte Hüfte verhält, bleibt aber aktuell.