Didier Plaschy wird von einigen Passanten am Flughafen in Zürich schräg angeschaut. Kein Wunder, denn der Oberwalliser ist auf der Reise zum Weltcup-Slalom im finnischen Levi in Sandalen unterwegs. «Das sind aber keine normalen Sandalen», betont der Slalom-Altmeister, der seit sieben Jahren Ski-Experte beim SRF ist. «Es handelt sich um eine Massanfertigung, die sehr wohl ihren Preis hatte.»
Dass man nicht immer auf einen günstigen Preis schauen sollte, hat der 52-Jährige von seinem Vater Geni gelernt. «Er hat mir früh drei Dinge ans Herz gelegt: Spare nicht beim Schuhwerk, beim Bett und beim Essen. Diese Weisheit verfolge ich konsequent.»
Leben voller Schicksalsschläge
Gleichzeitig verbindet Plaschy damit aber auch die Erinnerung an einen frühen Schicksalsschlag. «Ich war 18, als mein Vater, der ein so lebensfroher Gastwirt war, mit 49 nach dem dritten Herzinfarkt verstorben ist.» Plaschys Familiengeschichte beinhaltet leider Gottes noch mehr traurige Kapitel. «Meine einzige Schwester wurde mit 59 zu Grabe getragen. Meine Mama ist kurz darauf mit 77 verstorben. Und als ich noch nicht auf der Welt war wurde mein Bruder mit vier Jahren von einem Traktor getötet.»
Im vergangenen Jahr verlor der zweifache Weltcupslalom-Sieger auch noch einen guten Freund. «Bei ihm wurde im 53. Lebensjahr ein Hirntumor entdeckt, einen Monat später war er tot.» Diese tragischen Episoden haben Plaschys Einstellung zum Leben nachhaltig verändert. «Ich bin dadurch zwar nicht melancholisch geworden. Aber mir ist klar geworden, dass jeder Tag, an dem ich leben darf, etwas extrem Wertvolles ist. Ich lebe entsprechend intensiv.»
Und der Mann, der aus zwei Ehen fünf Buben hat, hat sich ein besonderes Lebensziel gesetzt: «Mein jüngster Sohn ist jetzt 11. In ein paar Jahren möchte ich mit all meinen Buben in den Ausgang gehen und es dermassen krachen lassen, dass die Jungs mich danach nach Hause begleiten müssen – dies war mir mit meinem Vater leider vergönnt.»
Der talentierte Sohn
Während Plaschys ältester Sohn in Madrid studiert, gehört sein zweitältester zu den vielversprechenden Slalom-Talenten im U-16-Bereich. «Felix ist vor allem in den flachen Streckenpassagen sehr schnell, genau darauf haben wir trainiert, weil es bei den FIS-Rennen kaum Pisten mit richtig steilen Hängen gibt», erklärt der stolze Papa.
Plaschy Junior ist aber nicht nur ein begabter «Zick-Zacker», sondern auch ein Freestyler. «Felix übte mit den Ski bereits den dreifachen Rückwärtssalto. Weil aber vor allem die Japaner und Skandinavier im Freestyle-Bereich noch mehr drauf haben, versuche ich ihm immer wieder klarzumachen, dass er als Schweizer Slalom-Spezialist die besseren Karriere-Perspektiven hat. Aber letztendlich muss Felix selber entscheiden, was er in seinem Leben tun will», hält Didier fest.
Revolutionäre Trainingsmethoden
Dass er im Umgang mit jungen Menschen das richtige Gespür hat, belegt auch die Tatsache, dass die beiden erfolgreichsten Schweizer Slalom-Fahrer Daniel Yule (32, 7 Weltcupsiege) und Ramon Zenhäusern (33, 6) im Juniorenalter von Plaschy gecoacht und geschliffen wurden.
Auch bei Weltmeister Loïc Meillard (29) hat der Varner in seiner damaligen Funktion als Übungsleiter im Swiss-Ski-B-Kader kurzfristig seine revolutionären Trainingsmethoden angewendet. «Weil Loïc in jungen Jahren besonders breitbeinig Ski gefahren ist, habe ich bei ihm ein Mittel angewendet, mit dem viele Bauern ihren Kühen die Schwänze hochbinden – einen Gummizug», erinnert sich Plaschy und geht ins Detail: «Ich habe Loïc den Gummizug an den Skischuhen montiert, dadurch wurde er zu einer schmalen Skiführung gezwungen. Loïc hat diese Methode genau wie früher Daniel Yule gehasst. Letztendlich war er damit aber in einem Trainingslauf schneller als in einer Fahrt ohne Gummizug. Ab diesem Zeitpunkt war er vom Gummizug geheilt», schmunzelt Plaschy.
Der aussergewöhnliche Vergleich
Vielleicht hätte Plaschy in seiner Rennfahrer-Laufbahn noch mehr gewonnen, wenn er einen ähnlich kreativen Coach gehabt hätte. «Zu meiner Aktivzeit hat es den Riesen-Champion Mike von Grünigen gegeben, der konstant wie ein Mercedes gelaufen ist. Ich war dagegen eher der Typ Alfa Romeo, welcher öfter in der Garage stand, als auf der Rennpiste. Wenn der Alfa Plaschy die richtigen Mechaniker hatte, ist er abgegangen wie ein Zäpfchen. Aber meine Trainer hatten wohl nicht die richtigen Werkzeuge, um mich auf Betriebstemperatur zu bringen, und mit der Zeit wurde ich zudem dickhäutiger für Inputs.»
So richtig in Fahrt kommt Plaschy, wenn er im SRF zusammen mit Adrian Arnet den Ski-Zirkus kommentiert. Seine Wortschöpfungen sind teilweise genauso aussergewöhnlich gut wie seine Trainingsmethoden. Überzeugen Sie sich selbst.