So trainieren unsere Slalom-Asse für den Weltcup-Auftakt
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Exklusiver Einblick:So trainieren unsere Slalom-Asse für den Weltcup-Auftakt

20 Betreuer, 25 Feuerwehrschläuche und viel Wasser
Swiss-Ski macht für die Slalom-Asse Saas-Fee zu Finnland

«Das ist enorm wertvoll», sagt Camille Rast (27). Die Slalom-Weltmeisterin und ihre Teamkolleginnen bereiten sich fernab jeglicher Ski-Touristen auf die Rennen in Levi vor. Dabei wird für eine perfekte Piste keine Mühe gescheut. Ein Augenschein.
Publiziert: 12:04 Uhr
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Aktualisiert: vor 57 Minuten
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Da gehts lang! Frauen-Cheftrainer Beat Tschuor ist glücklich, in Saas-Fee perfekte Bedingungen für seine Fahrerinnen vorzufinden.
Foto: ANDREA SOLTERMANN

Darum gehts

  • Schweizer Slalom-Team trainiert in Saas-Fee für Weltcup-Rennen in Levi
  • Trainer wässern Piste für ideale Trainingsbedingungen auf 3000 Metern Höhe
  • 20 Betreuer unterstützen 10 Athletinnen mit zwei Slalom-Kursen und Videoanalysen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Mathias GermannReporter Sport

Heiss auf Eis? In Saas-Fee VS steigt Ende Januar der Eiskletter-Weltcup. Lieber runter als hinauf bewegen sich Wendy Holdener und ihre Slalom-Kolleginnen – auch auf gefrorener Unterlage. «Was uns das Skigebiet Saas-Fee und unsere Trainer hier ermöglichen, ist genial», schwärmt Holdener.

Mit 25 gekoppelten Feuerwehrschläuchen wässerten Technik-Trainer Jörg Roten und seine Kollegen am Montag während vier Stunden die Piste Längfluh auf knapp 3000 Metern über Meer – eine Knochenarbeit. «Nur so ist ein gescheites Training möglich. In der Nacht zog das Wasser an, es gefror, und nun haben wir ideale Verhältnisse», so Roten.

Blick nimmt vor Ort einen Augenschein. Um zum Trainingshang zu gelangen, steigt man in kleine und grosse Gondeln sowie in eine Alpin-Metro. Danach folgt das Traversieren bis zur Längfluh. Hier schuftet Swiss-Ski exklusiv, kein anderes Team ist da. Der Sessellift läuft ebenfalls nur für das Schweizer Weltcup- und Europacup-Team – Touristen fahren woanders.

«Gemäss Bundesamt für Sport haben wir im Rahmen des sogenannten Nasak-Vertrags eine Sportanlage von nationaler Bedeutung und werden dafür finanziell unterstützt. Dafür wird das Schweizer Team bevorzugt behandelt, wenn auch nicht gleich stark wie zum Beispiel in Zermatt», sagt Bergbahn-Chef Simon Bumann. 

Für Slalom-Weltmeisterin Camille Rast (27) ist klar: «Dass wir so trainieren können, ist enorm wertvoll. Ich habe nach meinem Sturz im letzten Jahr etwas Mühe mit der Hüfte, aber die Zeiten sind gut. Hoffentlich zahlt sich der Aufwand später bei den Rennen aus.»

«So macht es in Levi keinen Sinn»

Eigentlich sollten die Schweizer Zickzack-Spezialistinnen derzeit 2600 Kilometer weiter nördlich trainieren – in Levi (Fi). Doch weil jetzt vor dem Slalom am 15. November die Temperaturen in Lappland zu hoch sind und der Rennhang nicht bereit ist, weicht Swiss-Ski aus. «Wir werden später fliegen, denn so macht es dort keinen Sinn. Hier haben wir ein Gemisch von Natur- und technischem Schnee, mit Wasser aufbereitet. Das ist genau das, was wir gesucht haben», sagt Frauen-Cheftrainer Beat Tschuor.

Gefährdet ist der Slalom in Levi nicht, weil es bald kälter wird – eisig gar. Umso wichtiger ist der Drill auf dem pickelharten Hang in Saas-Fee, der wie jener im hohen Norden nicht allzu steil ist, dafür einige Übergänge hat. Fast schon eine Simulation. Levi 2.0 im Wallis? «Genau. Es sind sehr coole Verhältnisse», so Holdener. Nach dem Sölden-Auftakt mit Rang 30 freut sie sich auf die ersten Slaloms – gleich drei stehen bis Ende November an. Ihr Fokus: hoch und schmal auf den Ski stehen. «Dann bin ich wendig, kann schnell reagieren und die schnellste Linie fahren.»

Sie suchen das Gefühl für flacheres Gelände

Besonders wichtig – sowohl jetzt in Saas-Fee als auch später in Levi: Holdener und Co. müssen in der Fläche pushen und gleichzeitig sauber fahren. Nur so ist man schnell. «Einige können das von Natur aus sehr gut, andere brauchen viele Fahrten, um das Gefühl dafür zu finden», sagt Gruppenchef Heini Pfitscher. Wen der Südtiroler meint?

Mélanie Meillard (27) ist eine Spezialistin für flaches Gelände – ihr Gefühl dafür ist einzigartig. Vor einem Jahr wurde sie in Levi Siebte. Rast dagegen liebt es steiler, überraschte als Fünfte aber alle. Holdener schliesslich eine Mischung der beiden, sie fuhr beim finnischen Flutlichtrennen – die Lampen brennen, obwohl am Tag gefahren wird – schon viermal aufs Podest.

Schröcksnadel-Einstieg? «Aufschrei war gross»

Zurück auf die Längfluh. Knapp 20 Betreuer stehen an diesem sonnigen Dienstag für zehn Athletinnen im Einsatz – Trainer, Physiotherapeuten und Serviceleute. Es gibt zwei Slalom-Kurse mit je einer Start-, zwei Zwischen- und einer Schlusszeit. Die Crew filmt, schaufelt, analysiert und bespricht – nichts wird dem Zufall überlassen.

Kleinere Ski-Nationen können von einem solchen Rundumpaket nur träumen. Tatsächlich wären viele bereits glücklich, könnten sie überhaupt irgendwo schlau trainieren. Da stellt sich in Saas-Fee die Frage: Was ist mit den Österreicherinnen? Immerhin ist Peter Schröcksnadel, der während 30 Jahren höchst erfolgreich den rot-weiss-roten Skiverband führte, Mehrheitsaktionär der Bergbahnen. «Der Aufschrei war gross, als er einstieg. Aber Peter lässt uns selbst bestimmen, wie wir uns aufstellen – wir behandeln alle Teams gleich», so Bumann.

«Diese Ruhe – das ist ein Privileg»

Das Training ist in vollem Gang. Zwischen fünf und sieben Läufe macht jede Fahrerin. Dem geschulten Auge von Ex-Speed-Fahrerin Mirena Küng entgeht dabei nichts. Sie ist Trainerin im Europacup und hilft den meist jungen Athletinnen. «Wir arbeiten sehr individuell, besprechen taktische und technische Dinge. Das alles in dieser Ruhe machen zu können, ist ein Privileg», sagt sie.

Nach drei Stunden ist der Spuk auf dem Gletscher vorbei. Es geht runter fürs Mittagessen. Später folgen Kondi-Einheiten, Video-Analysen und das Abendessen. Und tags darauf? Geht alles von vorne los. «Ich freue mich jetzt schon darauf», so Holdener.

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