Fassnacht: «So dürfen wir uns nicht abschlachten lassen»
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0:5-Blamage nicht vergessen:Fassnacht: «So dürfen wir uns nicht abschlachten lassen»

YB und die Lehren aus dem 0:5 gegen Lausanne
Fassnachts Appell an sein Team: Böser werden

Die beiden letzten Wochen könnten die wichtigsten in der ganzen YB-Saison gewesen sein. Teamintern wurde Klartext geredet. «Wir waren auf dem Platz zu lieb», sagt Christian Fassnacht. Das solle sich ändern.
Publiziert: 09:09 Uhr
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Christian Fassnacht im Stadion-Ristorante Eleven, hinter ihm die YB-Legendenwand. Wetten, dass dereinst auch ein Schwarzweiss-Bild von ihm hängt?
Foto: Alain Kunz

Darum gehts

  • YB-Spieler Fassnacht hat nach 0:5-Niederlage in Lausanne eine klare Forderung
  • Fassnacht betont Notwendigkeit für mehr Mentalität und direktere Kommunikation
  • Fassnacht ist trotz sehr guten Skorerwerten kein Thema mehr für die Nati
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Alain KunzReporter Fussball

Eleven, das Ristorante im Wankdorf. Der Treff für Team und Staff von YB. Ober-Sportchef Christoph Spycher ist mit seinen Leuten da. Captain Loris Benito gesellt sich dazu. «Soll ich schon für dich bestellen?», fragt er Christian Fassnacht. Doch der Thalwiler wird seine Pasta alleine essen müssen. Zu viel hatte er zu erzählen, loszuwerden. Denn das 0:5 in Lausanne vor der Nati-Pause hat tiefere Spuren hinterlassen, als man sich ausmalen konnte. Umso intensiver war die Nachbetrachtung und deren Folgen.

Sich-vorführen-Lassen soll fortan tabu sein

«Verdaut ist es. Aber noch präsent. In der Nati-Pause sitzt man eben darauf herum. Es kommt kein neues Spiel. Die Leute sprechen dich darauf an. So ist es halt nicht vergessen», sagt die Klubikone aus Zürich. Die man letzten Winter zurückgeholt hat, um Leadership ins Team zu bringen. «Wir haben in dieser Zeit Erkenntnisse gewonnen, die wir nun umsetzen.» Und die wären? «Wir haben das Bewusstsein noch stärker entwickelt, dass wir uns offener und direkter die Meinung sagen und mehr Mentalität auf den Platz bringen müssen. Wir waren zu lieb. Es darf nicht sein, dass wir uns vorführen lassen wie in Lausanne oder letzte Saison in Luzern. Diejenigen, welche im Lead sind, zu denen ich mich auch zähle, müssen den Tarif klarer durchgeben.»

Man müsse nicht unfair werden, in Gottes Namen nicht. «Aber wir haben keine einzige Gelbe in einem Spiel wie in Lausanne gekriegt. Nochmals: Wir dürfen nicht mehr so lieb sein.» In der Tat: Der einzige böse Bär war vor zwei Wochen kein Berner gewesen. Sondern Lausannes Théo Bair, der die Berner mit seinem Hattrick abschoss.

Benito, Fassnacht & Co. führen anders als von Bergen und Hoarau

Neben Fassnacht sind die Teamleader Benito, Edi Fernandes, Rayan Raveloson und Gregor Wüthrich. Und auch schon Marvin Keller, wie man hört. «Absolut», bestätigt Fassnacht. «Ihm muss man nichts aufzwingen. Er bringt vieles selber mit …» Konkret: Keller ist mit sehr gesundem Selbstvertrauen ausgestattet. «Wenn man verlangt, dass die Jungen sich einbringen sollen, dann muss man das auch zulassen. Weshalb die Art und Weise, wie Loris, ich und die anderen Führungsspieler vorangehen, sich von jener unterscheidet, wie es Steve von Bergen und Guillaume Hoarau gemacht hatten. Bei der aktuellen Generation kann man den Jungen nicht mehr einfach sagen: Halt dich still, jetzt ist genug. Heute muss man das anders lösen.»

Was in solchen Zeiten auch nicht mehr geht, sind Fondue- und Pizzaabende oder solcherlei Schnickschnack. Es reicht im Moment bereits, dass YB alte Fotos von längst vergangenen Fashion Nights mit dem Kleidersponsor publiziert, weil die Partnerschaft mit Bayard zehnjährig geworden ist – schon wird in den Kommentarspalten gegiftelt! Und so gabs in der Nati-Pause nur zwei Dinge. Zum einen viele Gespräche. Im Team. Mit Trainer. Ohne Trainer. In Grüppchen. Das andere? Den vorgesehenen zusätzlichen freien Tag hat Giorgio Contini gestrichen, die Zügel generell angezogen. Fassnacht: «Nach solch einer Niederlage kann man nicht zwei Tage weg sein, zurückkommen und denken: Alles ist gut. Da braucht es mehr.»

Trotz Top-Skorerwerten ist Fassnacht kein Nati-Thema mehr

Apropos Nati: Bis Frühling 2023 war Fassnacht fixer Bestandteil des Teams von Murat Yakin. Jetzt ist er kein Thema mehr, obwohl seine Skorerwerte seit seiner Rückkehr aus Norwich extrem gut sind. «Ich bin rein skorermässig auf einem Niveau, auf dem ich nie war. Klar: Ich bin bald 32. Da muss man realistisch sein. Dennoch ist die Nati ein nach wie vor lebendiges Thema.» Und in der Tat: Diesen Frühling gabs wieder Kontakt zu Yakin. «Er sagte mir, dass es nicht gereicht habe, ich aber auf Abruf sei und er mich beobachte.»

Schaut man sich Fassnachts Skorerwerte genauer an, sind das eigentlich schon gute Argumente. Er traf letzte Saison in 18 Spielen elfmal. Das ist ein Tor alle 131 Minuten. Torschützenkönig Xherdan Shaqiri traf alle 145 Minuten … Und auch heuer ist der Wert des Thalwilers top: 7 Spiele, 4 Tore, 2 Assists. Ein Tor alle 139 Minuten. «Vielleicht gibts ja noch einmal eine Möglichkeit. Ich würde mich unglaublich freuen!» Allerdings weiss man, dass der Nati-Coach sich schwertut mit Spielern aus der heimischen Liga. Die im Moment zudem bestimmt nicht die beste Phase ihrer Existenz durchmacht.

Mittlerweile ist Fassnacht auch nicht mehr auf Abruf. Weil er letztes Jahr wegen der Hochzeit abgesagt hatte? «Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Muri ist ein extremer Familienmensch. Und ich habe es ihm genau erklärt, dass ich irgendwann mal einen Entscheid fällen musste, unbesehen von Nati-Terminen. Er hat Verständnis aufgebracht. Und weil ich zuletzt nicht mehr dabei war, kann ich auch nicht enttäuscht sein, nicht auf Pikett zu stehen.»

YB vs. St. Gallen: Hassduell oder was?

Zurück zum Alltag. Zur Liga. Nächster Gegner: St. Gallen. Die Paarung, die zu einer Art Hassduell, einer Affiche mit Derbycharakter wurde. «Für mich hat das Spiel keinen Derbycharakter. Klar: Es geht immer hart zu und her.» Was vor allem von der Saison 2019/20 herrühre, als St. Gallen bis zwei Runden vor Schluss mit YB hatte im Meisterkampf mithalten können. «Die spielten einen direkten, unbekümmerten Fussball und gingen den Gegnern unter die Haut. Das nervte, weil sie damit erfolgreich waren. Aber wir haben ihnen dann zum Glück den Meister gezeigt …»

Fassnacht selbst liegen die Ostschweizer nicht speziell. Nur gegen Sion hat er seltener getroffen. Sechs Tore hat er gegen Grünweiss gemacht. Gegen Basel und Luzern zum Beispiel zehn. Und doch gibt es das gute Omen für Fassnacht und YB. Von diesen sechs Toren hat er fünf im Wankdorf gemacht. Und am Sonntag spielt man dort, wo YB seit 19 Super-League-Spielen ungeschlagen ist.

Brack Super League 25/26
Mannschaft
SP
TD
PT
1
9
6
19
2
9
9
18
3
8
7
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4
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-1
14
5
9
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13
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-3
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3
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8
8
1
12
9
8
2
9
10
8
1
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11
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-5
8
12
9
-18
2
Meisterschaftsrunde
Abstiegsrunde
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