Diese Strafe hat Schiri Gerber bisher am meisten gepfiffen
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Behinderung oder doch Haken?Diese Strafe hat Schiri Gerber bisher am meisten gepfiffen

Roland Gerber – in fünf Jahren vom Hockeyspieler zum Head-Schiri in der National League
Er sah im Kurs seine früheren Checks

Als Spieler war er ein Rumpler, mit der Aufgabe, den Gegnern mit Härte das Leben schwer zu machen. Als Schiri muss Roland Gerber (41) nun Strafen aussprechen, wenn Raubeine es übertreiben. «Mein Anspruch ist, dass nach dem Match nicht über mich gesprochen wird.»
Publiziert: 08:13 Uhr
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Aktualisiert: 08:18 Uhr
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Roland Gerber ist ein Ex-Spieler, der es als Head-Schiedsrichter bereits in die National League geschafft hat.
Foto: freshfocus

Darum gehts

  • Roland Gerber: Vom Hockey-Profi zum Schiedsrichter in der National League
  • Gerber absolvierte eine rasche Ausbildung und leitet nun NL-Spiele
  • Im Schiri-Kurs musste er seine eigenen Checks beurteilen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nicole VandenbrouckReporterin Eishockey

Als ihm der einstige Linienrichter Roman Kaderli sagt, dass er das Zeug dazu hätte, um Schiedsrichter zu werden, muss Roland Gerber laut lachen. «Ich erinnerte ihn daran, welcher Spielertyp ich bin.» Doch irgendwie lässt den Emmentaler der Gedanke an dessen Worte nicht los. Am 23. März 2019 ist der siebte Viertelfinal-Match gegen Lausanne das letzte NL-Spiel der Karriere des damaligen Tigers-Stürmers. Und am 21. September 2024 leitet er erstmals als Head-Schiedsrichter ein Duell in der National League. In fünf Jahren vom Spieler zum Ref – dies, nachdem sein Entscheid, einer zu werden, spontan gefallen ist.

Im Rahmen des Trainerkurses bis zum Leistungsdiplom muss Gerber während seiner Spielerkarriere ein paar Partien pfeifen, da packt es ihn noch nicht so richtig. Erst nach dem Coaching-Symposium an der WM 2019 in Bratislava informiert er sich bei Input-Geber Kaderli im Detail über die Ref-Ausbildung und beschliesst: «Ich mache den Grundkurs, beginne einfach mal und schaue, ob es mir gefällt.»

Für den 41-Jährigen ist nach seiner aktiven Karriere klar, dass er nicht als Hobby in unteren Ligen weiterspielen möchte. «Und das Trainer-Leben ist nicht meine Welt. Dennoch wollte ich mit dem Hockey verbunden bleiben. Denn wieso soll ich etwas aufgeben, was mich mein Leben lang begleitet hat? Und ganz ehrlich, ich hätte es nie für möglich gehalten, dass es mir so Spass machen würde.»

«Als Spieler hart unterwegs – aber fair»

Gerber zieht es so richtig den Ärmel rein. «Es ist zwar eine andere Hockey-Welt, aber ich bin trotzdem auf dem Eis.» Automatisch lässt der einstige Haudegen Revue passieren, mit welchen Schiedsrichtern er damals Mühe gehabt hat und weshalb. Und welche er in positiver Erinnerung behalten hat. «Durch meine Spielweise war ich immer schnell auf ihrem Radar. Doch ich wage zu behaupten, dass ich zwar hart unterwegs war – aber fair.»

Vielleicht ist es deshalb Karma: An einige seiner Zweikämpfe wird der Ex-Tigers-, -Genf-, -Bern- und -Biel-Stürmer im Schiri-Grundkurs zufälligerweise erinnert. «Mehrere Checks von mir wurden durch die Regelanpassungen für angehende Refs als Vorlage genommen, ob eine kleine oder grosse Strafe ausgesprochen werden soll», so Gerber, «sie waren teils Paradebeispiele für die Erklärungen. Und rückblickend muss ich als Schiri sagen: Eine oder zwei Situationen wären eine grosse Strafe gewesen.»

Es liegt auf der Hand, dass eine vorangegangene Laufbahn als Spieler für die Schiri-Tätigkeit mehrheitlich Vorteile bringt. Die schlittschuhläuferischen Fähigkeiten sind automatisch vorhanden, ebenso jene, das Spiel gut und rasch lesen zu können. «Ich war lange in dieser Liga. Deshalb kenne ich das Geschehen.» Gerber hat Checks eingesteckt und ausgeteilt. Ein Ref ohne Spielererfahrung braucht vermutlich mehr Video-Studium verschiedener Zweikampf-Situationen, als er es tut.

Der einstige Langnau-Junior pfeift sich die Ligen empor. Er startet in der 4. und 3. Liga sowie im Nachwuchs. Dann steigt er in die 2. Liga und 1. Liga inklusive U17 auf. Eine herausfordernde Saison, weil in der 2. Liga im Zwei-Mann-System und in der 1. im Drei-Mann-System gepfiffen wird. «Für die Erfahrung Gold wert», wie er sagt, ist für ihn die Saison 2021/22 in der MyHockey-League. Er leitet Playoff-Spiele, ist im Final dabei beim Aufstieg des EHC Basel in die Swiss League.

Nachdem Gerber letzte Saison bereits bei 20 NL-Partien als Head-Schiedsrichter im Einsatz gestanden ist, ist er diese Saison nun fix Teil des NL-Kaders. Mit einem zweijährigen Ausbildungsvertrag – oder wie er es schmunzelnd nennt: «Lehrlingsvertrag.» Danach wird beurteilt, ob er als Profi-Schiedsrichter infrage käme. Derzeit ist er Ref im Nebenamt. «Das Schiri-Wesen ist ein guter Ausgleich zu meinem Geschäftsalltag.» Seit 2010 führt er mit seinem Bruder Andreas eine Kurierdienst-Firma in Bern, setzt sich einmal pro Woche nachts auch noch selbst hinters Steuer eines seiner Lieferwagen. «Das ist entschleunigend für mich.»

Nach dem Spiel kein Gesprächsthema sein

Die momentan grösste Herausforderung für ihn? Alles unter einen Hut zu bringen. Das eigene Geschäft, die Hockey-Einsätze, das Privatleben. Mit seiner Freundin Fabienne (40) ist er seit 15 Jahren liiert, sie kennt den Rhythmus einer Hockey-Saison. Zudem verbringt das Paar auch noch viel Zeit mit Rottweiler-Rüde Flash, mit dem Gerber einst die Schutzhunde-Ausbildung abgeschlossen hat.

Die herausfordernden Situationen auf dem Eis sind für den Schweizer Meister mit Bern (2010) und zweifachen Spengler-Cup-Sieger mit Servette (2014, 2015) überschaubar. Natürlich kommt es regelmässig vor, dass er auf Ex-Teamkollegen oder -Gegner trifft. Doch selbst wenn er ihnen mal eine Strafe aufbrummt, «einen blöden Spruch habe ich deswegen noch nie zu hören bekommen». Er hat sich mit dem Bewusstsein fürs Schiri-Amt entschieden: «Als Schiedsrichter ist man nicht auf der Suche nach Freundschaften.»

Er weiss, dass es selten möglich ist, alle Seiten zufriedenzustellen. «Doch das gilt im Grunde für viele Bereiche des Lebens.» Sein Anspruch: «Ich möchte das Spiel so leiten, dass danach nicht über mich gesprochen wird.» Für Gerber haben Emotionen Platz im Spiel. «Sie gehören zum Hockey. Das bedeutet aber nicht, dass ich mir alles gefallen lassen muss.» Er strebt dabei eine offene Kommunikation an, doch sollte sich ein Akteur einen Vorteil daraus erschaffen wollen, kann er auch Grenzen setzen – das hat er bereits als Spieler getan.

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