Ex-Spieler zum Ambri-Knall
«Schmutzige Wäsche wäscht man hinter verschlossenen Türen»

Ambri ohne Luca Cereda und Paolo Duca? Kaum jemand kann sich dieses Szenario vorstellen. Die wichtige Partie gegen Ajoie wird die erste nach deren Ära sein. Die Stimmung ist angespannt.
Publiziert: 16:56 Uhr
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Aktualisiert: 18:06 Uhr
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Bei der surrealen Medienkonferenz gehen die Emotionen hoch zwischen Ambri-Präsident Filippo Lombardi (M.) und dem abtretenden Sportchef Paolo Duca (l.) und Trainer Luca Cereda (r.).
Foto: Michela Locatelli/freshfocus

Darum gehts

  • Ambri in Aufruhr nach den Rücktritten von Präsident, Sportchef und Trainer
  • Fans und ehemalige Spieler zeigen sich schockiert über die Ereignisse
  • Ex-CEO kritisiert Vorstandseinmischungen, mit Benjamin Conz äussert sich der Ex-Torhüter
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nicole VandenbrouckReporterin Eishockey

Noch am Mittwoch hat Ambri nach dem Knall allen einen Maulkorb verpasst. Niemand darf bis auf Weiteres etwas sagen zum Schmierentheater, das sich im Klub abgespielt hat.

Der Bösewicht unter den drei Hauptdarstellern: Präsident Filippo Lombardi (69), der sein Amt zur Verfügung gestellt hat. Nach dessen Tat, sich hinter dem Rücken von Paolo Duca und Luca Cereda (beide 44) mit einem Trainer-Kandidaten (Christian Dubé) zu treffen, haben der Sportchef und der Headcoach das Handtuch geworfen – weil sie sich verraten und entmachtet fühlen.

Niemanden in der Hockey-Schweiz hat kaltgelassen, was vor zwei Tagen in der Gottardo Arena passiert ist. Deshalb wird das heutige Keller-Duell gegen Ajoie besonders heiss. Die Stimmung ist schon im Vorfeld angespannt.

Ex-Ambri-Spieler vom Knall überrascht

Bei den Jurassiern spielt mit Benjamin Conz (34) der Torhüter, der einst den Kasten der Biancoblu gehütet hat (2017 bis 2024). Er sagt im «Corriere del Ticino»: «Es ist komisch für mich, mir Ambri ohne die beiden (Cereda und Duca, die Red.) vorzustellen. Genauso seltsam wird es sein, heute Abend auf die Bank zu schauen und Luca nicht zu sehen. Duca und Cereda können stolz darauf sein, was sie geleistet haben.»

Conz’ Berufskollege, Ex-Torhüter Gianluca Mona (46), ist als Ambri-Junior entdeckt worden, seine Familie stammt aus dem Dorf. Er weiss um die Stimmung im Tal. «Die Leute sind schockiert», sagt er im «Le Matin». «Meine Familienmitglieder stehen Paolo und Luca sehr nahe. Sie sind alle enttäuscht über die Art und Weise, wie es gelaufen ist.» Einer davon: Sein Bruder Nicola Mona (49), der von 2019 bis 2022 CEO des Klubs gewesen ist und die Arbeitsweisen kennt.

Der Ex-CEO macht seinem Ärger in den Sozialen Medien Luft. «Jeder, der diese Zeit mit mir durchlebt hat, weiss, wovon ich spreche: Entscheidungen, die anderswo getroffen, manchmal im Nachhinein kommuniziert, manchmal nie erklärt wurden. Zu oft mischte sich der Vorstand oder einzelne Mitglieder in das Tagesgeschäft ein, kontaktierten Mitarbeiter direkt, setzten Entscheidungen oder Arbeitsmethoden durch und umgingen dabei die Verantwortlichen.»

«Merkwürdig und einfach nur peinlich»

Die live gestreamte Medienkonferenz am Mittwoch hat alle befremdet. Ebenso Roman Botta, von 2009 bis 2013 Ambri-Stürmer und heute Eishockey-Experte beim Tessiner Fernsehen RSI. «Es war merkwürdig und einfach nur peinlich. Ich hätte nicht gedacht, dass in einem professionellen Klub so etwas passiert», sagt der 41-Jährige, «schmutzige Wäsche wäscht man hinter verschlossenen Türen. Doch bei Ambri stehen sich alle so nahe, deshalb die starken Emotionen zwischen Lombardi, Duca und Cereda.»

Marco Baron (66), ebenfalls langjähriger RSI-Hockey-Experte und Ex-Ambri- und NHL-Goalie, kann es nicht fassen. «Ein Ambri ohne Cereda und Duca konnte sich niemand vorstellen.» Er kritisiert die Unprofessionalität des Klubs. Der unwürdige Umgang mit den Legenden hat ihn bedrückt und frustriert. «Mit einer einzigen Handlung hat der Präsident all das Gute zunichtegemacht, was er in den letzten Jahren für Ambri getan hat.»

Deshalb ist Baron gespannt auf die heutigen Reaktionen der Fans, falls sie Filippo Lombardi am Spiel sehen würden.

Scheidender Ambri-Sportchef Duca spricht von Verrat
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«Wie ein Messer in den Rücken»:Scheidender Ambri-Sportchef Duca spricht von Verrat

Ist Duca nach Verrat im Stadion?

Wird der Präsident überhaupt in der Gottardo Arena sein? Dem Vernehmen nach wohl eher nicht. Seinen Matchbesuch angekündigt hat hingegen Ex-Sportchef Paolo Duca unmittelbar nach der surrealen Medienkonferenz. Er habe schliesslich Saisonkarten. Ob er wirklich kommen wird?

Eines jedenfalls ist klar: Wer sich keinen Maulkorb umhängen lässt, sind die Ambri-Fans. Denn in der Anhängerschaft sind sich alle einig, dass Cereda und Duca einen solchen Abgang nicht verdient haben.

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