Darum gehts
- AHV-Reform 2030: Baume-Schneider plant trotz unsicherer Finanzierung
- Verschiedene Szenarien für die Finanzierung der 13. AHV-Rente werden diskutiert
- Mehr Seniorinnen und Senioren sollen freiwillig länger arbeiten
Trotz Protesten von Wirtschaftsverbänden und bürgerlichen Parteien: Ein höheres Rentenalter ist vorerst vom Tisch. Der Bundesrat bestätigt dies in seinem heutigen Entscheid zu den Leitlinien für die nächste grosse AHV-Reform 2030. SP-Sozialministerin Elisabeth Baume-Schneider (61) hat sich in dieser Frage durchgesetzt.
Um die AHV für die Zeit zwischen 2030 und 2040 zu sichern, braucht es aber mehr Geld. Grund dafür ist die 13. AHV-Rente, die im Dezember 2026 erstmals ausbezahlt wird. Diese kostet jährlich 4 bis 5 Milliarden Franken. Baume-Schneider möchte dafür die Mehrwertsteuer um 0,7 Prozentpunkte erhöhen. Das würde nicht nur reichen, um die Babyboomer-Pensionierungswelle zu meistern, sondern das AHV-Vermögen bis 2040 auf gut 66 Milliarden Franken zu erhöhen, wie die jüngsten Berechnungen zeigen.
Bloss, die Finanzierung der «Dreizehnten» steckt derzeit im Parlament fest. Ständerat und Nationalrat sind sich uneinig, wie die Lücke gefüllt werden soll – und die ständerätliche Sozialkommission will das heisse Eisen erst nächstes Jahr wieder anpacken.
Weil das Parlament trödelt, präsentiert Baume-Schneider nun drei Varianten, wie es mit der AHV-Finanzierung weitergeht – je nachdem, was im Bundeshaus entschieden wird. Diese Wenn-dann-Szenarien sehen nun so aus:
Unbefristete Lösung
«Wenn das Parlament eine nachhaltige Finanzierung der 13. Altersrente beschliesst, braucht es keine zusätzliche Finanzierung im Rahmen der AHV 2030», schreibt der Bund. Das wäre der Fall, wenn das Parlament den bundesrätliche Lösung übernimmt und die Mehrwertsteuer unbefristet um 0,7 Prozentpunkte erhöht. Dann steigt das AHV-Vermögen bis 2040 sogar auf 66 Milliarden Franken an.
Auf dem Tisch liegt zudem eine Mischvariante aus zusätzlichen Lohnbeiträgen und höherer Mehrwertsteuer, welche der Ständerat vorgeschlägt. Mit dieser kommt es für die AHV noch besser – mit einem Fondsvermögen von fast 73 Milliarden Franken im Jahr 2040. Selbst eine abgespeckte Lösung, bei welcher Lohnbeiträge und Mehrwertsteuer etwas weniger erhöht würden, liegt hier drin.
Befristete Mehrwertsteuer
Eine befristete Mehrwertsteuererhöhung, wie dies der Nationalrat vorschlägt, würde der AHV nur kurz Luft verschaffen. Die Finanzierungslücke für die «Dreizehnte» würde damit nur in den Jahren 2028 bis 2030 gefüllt. Baume-Schneider macht daher klar, dass sie in der nächsten AHV-Reform eine Weiterführung der Mehrwertsteuererhöhung vorschlagen würde. Auch hier sollen es 0,7 Prozentpunkt mehr sein.
Noch höhere Mehrwertsteuer bei Blockade
Finden National- und Ständerat keinen gemeinsamen Nenner, droht ein Scherbenhaufen. Die 13. AHV-Rente wird ab 2026 zwar ausbezahlt, doch ohne Gegenfinanzierung schreibt die AHV ab 2029 rote Zahlen.
Je länger eine Zusatzfinanzierung ausbleibt, umso teurer wird es. Greift sie erst mit der neuen AHV-Reform ab etwa 2031, dann wäre eine Mehrwertsteuererhöhung um 0,9 Prozentpunkte nötig. Baume-Schneider stellt für diesen Fall eine alternative Lösung zur Debatte: Eine Kombination aus 0,7 Prozentpunkten höherer Mehrwertsteuer und 0,2 Prozentpunkten zusätzlichen Lohnbeiträgen.
Freiwillig länger arbeiten
Neben der Finanzierungsfrage steht eine Flexibilisierung im Zentrum der AHV-Reform 2030. Baume-Schneider will den Seniorinnen und Senioren Anreize setzen, über das Referenzalter hinaus freiwillig weiterzuarbeiten.
So soll das Höchstalter von 70 Jahren in der AHV gestrichen werden. Heute kann man den Rentenbezug nur um bis zu fünf Jahre aufschieben und erhält danach eine höhere Rente. Künftig wäre damit ein längerer Aufschub möglich.
Weiter will Baume-Schneider den Freibetrag für erwerbstätige Senioren von heute 16'800 auf 21'800 Franken erhöhen. Umgekehrt sollen Frühpensionierungen weniger attraktiv werden.
Beitragslücken besser schliessen
Mit weiteren Anpassungen möchte sie das System modernisieren und fairer ausgestalten, welche der AHV rund 700 Millionen Franken einbringen sollen. Dazu gehören etwa folgende Elemente:
- Drohen AHV-Defizite, sollen politische Massnahmen ergriffen werden. Ein automatischer Interventionsmechanismus hingegen ist vom Tisch.
- Der Missbrauch durch überhöhte Dividendenausschüttungen, auf welche keine AHV bezahlt wird, soll bekämpft werden. Auf ungewöhnlich hohe Dividenden sollen deshalb AHV-Beiträge bezahlt werden.
- Um Beitragslücken zu schliessen, werden Kranken- und Unfalltaggelder der AHV-Beitragspflicht unterstellt.
- Bei Selbstständigen sollen oberen Einkommensklassen mehr AHV-Beiträge bezahlen.
- Auf elektronisch bezahlte Trinkgelder sollen AHV-Beiträge erhoben werden.
Baume-Schneider muss nun bis spätestens im Frühling 2026 einen konkreten Vorentwurf für die AHV-Reform 2030 ausarbeiten. Die definitive Vorlage muss sie dem Parlament bis Ende nächsten Jahres vorlegen.