Darum gehts
- Der neue Armeechef steht vor Herausforderungen etwa bei Finanzen, Ausrichtung und Grossprojekten
- Kampfjets, Drohnen und Dienstpflicht sind weitere wichtige Baustellen
- Das Budget soll bis 2032 auf ein Prozent des BIP steigen
Benedikt Roos (60) soll es richten. Am Freitag hat Verteidigungsminister Martin Pfister (62) den Kommandanten des Heers als neuen Armeechef vorgestellt. Mit der Nachfolge von Thomas Süssli (58) tritt Roos eine Herkulesaufgabe an. Denn die Schweizer Armee hat zahlreiche Baustellen, die immer wieder für Negativschlagzeilen sorgen. Das sind die wichtigsten:
Finanzen
Mit dem Ukraine-Krieg hat die Armee wieder an Bedeutung gewonnen. Das Parlament beschloss eine Aufstockung des Budgets 2025 und des Zahlungsrahmens. Das sind knapp 30 Milliarden Franken für die Jahre 2025 bis 2028 – 4 Milliarden mehr als bisher. Bis 2032 soll das Budget ein Prozent des BIP erreichen. Doch: Angesichts des Spardrucks kann das Parlament künftig wieder Kürzungen beschliessen. Der neue Armeechef wird Verteidigungsminister Pfister dabei unterstützen müssen, dem entgegenzuwirken.
Ausrichtung
Das Militär ist auf zusätzliches Geld angewiesen. Seit Ende des Kalten Kriegs wurde bei ihm massiv gespart. Die Folgen sind uralte Rüstungssysteme und fehlendes Material. Nur ein Drittel aller Armeeangehörigen könnte vollständig ausgerüstet werden. Noch ist aber nur grob umrissen, wie die Armee einst aussehen soll. Das Parlament hat den Bundesrat damit beauftragt, eine umfassende Strategie vorzulegen. Es will wissen, wie das Geld eingesetzt werden soll. Auch hier muss der neue Armeechef seine Ideen einbringen.
Grossprojekte
Die Finanzaufsicht des Parlaments hat Alarm geschlagen. Zahlreiche Rüstungs- und IT-Vorhaben hat die Delegation aufgelistet, bei denen sie massive Probleme erkennt. Dazu zählen etwa das Projekt zur Überwachung des Luftraums oder die neue Logistiksoftware. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Armasuisse, das Bundesamt für Rüstung, hat daher beschlossen, dass es bei künftigen Beschaffungen keine Schweizer Sonderwünsche mehr geben soll. Dennoch zeigen sich selbst Befürworter des erhöhten Armeebudgets unsicher, ob künftig nicht noch mehr Rüstungsmillionen in den Sand gesetzt werden.
Kampfjets
Der grösste Posten schien unter Dach und Fach, der 6-Milliarden-Vertrag für 36 F-35-Jets ist längst unterzeichnet. Jetzt ist aber wieder Unsicherheit aufgekommen, nachdem Bundesrat Pfister einräumen musste, dass es doch keinen Fixpreis gebe und Mehrkosten bis 1,3 Milliarden drohen. Noch weiss der neue Armeechef nicht, ob er mit weniger Fliegern auskommen oder im Parlament für mehr Geld lobbyieren muss.
Drohnen
Die Beschaffung israelischer Aufklärungsdrohnen ist und bleibt ein Trauerspiel. Sie wurden schon 2015 unter alt Bundesrat Ueli Maurer (74) gekauft. Es folgten jahrelange Verzögerungen. Und sie kämpfen nach wie vor mit Mängeln. So könnten die Drohnen etwa mit Vögeln oder Gleitschirmfliegern zusammenprallen und müssen daher von einem Hubschrauber oder Flugzeug begleitet werden. Absurd! Aller Mängel zum Trotz hat Pfister beschlossen, an den Drohnen festzuhalten – ein umstrittener Entscheid. Kein guter Start in eine neue Ära, in der die Armee eine eigentliche Drohnenoffensive plant.
Dienstpflicht
Armee und Zivilschutz kämpfen mit sinkenden Beständen. Auch hier ist der Armeechef auf den Verteidigungsminister angewiesen. Seit Jahren bastelt das VBS an einem neuen Dienstpflichtmodell. Variante eins ist die «Sicherheitsdienstpflicht»: Nur Männer müssten Dienst leisten in der Armee oder in einem Katastrophenschutz, der Zivilschutz und -dienst zusammenfassen würde. Variante zwei ist die «bedarfsorientierte Dienstpflicht», die für Männer und Frauen gelten würde. Der Zivildienst bliebe bestehen. Noch unter Pfisters Vorgängerin Viola Amherd (63) hat der Bundesrat aber beide Vorschläge in der Luft zerrissen – gerade auch wegen hoher Folgekosten. Das VBS muss nun bis Ende 2027 einen Antrag zum weiteren Vorgehen stellen. Der Armeechef dürfte ungeduldig warten.
Vertrauen
Seit Monaten stolpern VBS und Armee von einer Negativschlagzeile zur nächsten. Im Parlament ist zuweilen von einer Chaostruppe die Rede. Dem will Pfister entgegenwirken, unter anderem mit einer stärkeren Kontrolle über Projekte und Programme, bei denen es bisher wiederholt zu Mehrkosten und Verzögerungen gekommen ist. Auch die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt, Diskriminierung und Machtmissbrauch bleibt ein Thema. Dabei wird der Verteidigungsminister auch auf seinen neuen Armeechef angewiesen sein.
Zu vermeiden sind hier zum Beispiel Kommunikationspannen aus der Vergangenheit. So sorgte Anfang 2024 ein vermeintlicher «Liquiditätsengpass» bei der Armee für Aufruhr. Armeechef Süssli bestätigte, Bundesrätin Amherd dementierte. Die Linke schien nicht zu wissen, was die Rechte macht. Die Finanzkommission des Nationalrats ortete letztlich vor allem Verständigungsprobleme zwischen VBS und Armee. Eine transparente Kommunikation wird hier das A und O sein, um aus der Vertrauenskrise zu führen.