«Ein Vertrag ist ein Vertrag, sollte man meinen»
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Rüstungschef Urs Loher:«Ein Vertrag ist ein Vertrag, sollte man meinen»

Milliarden-Debakel um F-35-Kampfjets

Die Beschaffung der F-35-Kampfjets droht zum Millarden-Debakel zu werden. Die USA bezeichnet den Fixpreis plötzlich als «Missverständnis». Für die Schweiz könnte das teuer werden.
Publiziert: 12:57 Uhr
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Aktualisiert: 18:46 Uhr
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Verteidigungsminister Martin Pfister informiert heute die Sicherheitspolitiker zum Kampfjet F-35.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Verteidigungsminister Pfister droht Milliardendebakel bei F-35-Kampfjet-Kauf
  • Sicherheitskommissionen werden per Videokonferenz informiert
  • USA fordern 1,3 bis 1,5 Milliarden Franken mehr für Kampfjets
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Céline ZahnoRedaktorin Politik

Es war das grosse Versprechen der abgetretenen Verteidigungsministerin Viola Amherd (63): Die Schweiz würde die F-35 Kampfjets aus den USA für 6,035 Millarden Franken kaufen und keinen Rappen mehr ausgeben. Am Mittwoch war es nun ihr Nachfolger Martin Pfister (61), der vor den Medien erklären musste, warum der Fixpreis doch nicht gilt. Die USA bezeichneten diesen als «Missverständnis». 

Im Sommer 2024 seien die Mehrkosten in einem informellen Gespräch zum ersten Mal angedeutet worden, erklärte Pfister. Ende Februar 2025 hiess es dann in einem Schreiben der Defense Security Cooperation Agency (DSCA) an die Schweiz, dass es sich aus ihrer Sicht beim Festpreis um ein Missverständnis handle. Amherd habe im März 2025 den Bundesrat über das Schreiben informiert. Erst Mitte Juni dieses Jahres hätten die USA dann einen konkreten Betrag genannt: Sie verlangen einen Zusatzbetrag zwischen 650 Millionen und 1,35 Milliarden US-Dollar. Als Gründe seien die hohe Inflation in den letzten Jahren und stark gestiegene Rohstoff- und Energiepreise genannt worden.

«Stehen vor einer anderen Realität»

Der Schweiz droht also ein Milliarden-Debakel. Rüstungschef Urs Loher wirkte selbst etwas schockiert über die Informationen, die er der Bevölkerung überbringen musste: «Ein Vertrag ist ein Vertrag, sollte man meinen. Doch bei der Beschaffung der Kampfjets stehen wir nun vor einer anderen Realität.»

Wie konnte es so weit kommen? Liess sich die Schweiz über den Tisch ziehen? Gemäss Loher ist ein unterschiedliches Verständnis des Fixpreises der Grund des Fiaskos. Laut den USA beziehe sich dieser Preis nur auf die Industriepreise – also die Preise, die zwischen den US-Behörden und Lockheed Martin vereinbart wurden, und nicht auf die zwischen den USA und der Schweiz. «Die US-Seite ist der Meinung, dass die Schweiz mögliche Mehrkosten mittragen müsse», so Loher an der Medienkonferenz.

Schweiz beharrt auf Fixpreis

Ganz unangekündigt kam die Hiobsbotschaft allerdings nicht. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) stellte bereits 2021 die Verbindlichkeit der Fixpreis-Zusage für die F-35-Jets infrage. Es gebe «keine rechtliche Sicherheit für einen Festpreis», hiess es in einem Bericht. Einen solchen Preis sehen die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Amerikaner nicht vor. Ausserdem gebe es bei Streitigkeiten keinerlei Möglichkeiten, den Rechtsweg zu beschreiten.

Und obwohl der Fixpreis nun alles andere als fix ist: Das Verteidigungsdepartement will weiterhin darauf beharren. Diplomatische Gespräche sollen die unterschiedliche Auslegung richten. Die Beschaffung der F-35-Jets sei militärisch zwingend notwendig, so Loher. Darum sei ein Rücktritt aus den Verträgen die «allerletzte Option» und das «Worst-Case-Szenario». Ausschliessen will man den Schritt allerdings nicht komplett.

Weitere Zusatzkosten

Nicht nur bei den Kampfjets drohen Mehrkosten: Auch an den Nebenschauplätzen dieser Medienkonferenz wurden unerfreuliche Botschaften verkündet. Die USA verlangen etwa für die bodengestütze Luftverteidigung mehr Geld. Künftig brauche es dafür nämlich eine neue Konfiguration, mit modernisiertem Kontroll- und Radarsystem.

Ausserdem sollen vier Kampfjets in der Schweiz zusammengebaut werden. Derzeit prüfe man «wie das Projekt mit einem vertretbaren Kosten-Nutzen-Verhältnis umgesetzt werden kann». Unter dem Strich heisst das wohl: Es wird teurer. 

Pfister nimmt Amherd in Schutz

Es war erst die zweite Medienkonferenz von Neo-Bundesrat Martin Pfister. Er sprach klar und offen, man merkte, dass er bemüht war um Transparenz. Schliesslich war es auch nicht sein eigenes Versäumnis, über das er informieren musste. Seine Vorgängerin Viola Amherd verantwortete die Beschaffung der F-35 Kampfjets. Pfister nahm Amherd in Schutz: Sie habe ihm keine Leichen hinterlassen. Er betrachte das Luftraum-Programm durchaus als lebensfähig. 

Trotz ihres Rücktritts im März ist die Walliserin aber noch nicht ganz vom politischen Parkett verschwunden. Am Samstag hat sie einen Auftritt an der Delegiertenversammlung der Mitte-Partei. Dort wird sie wohl auch einige Fragen beantworten müssen. 

16:31 Uhr

Ende der Medienkonferenz

Die Medienkonferez ist nun beendet.

16:30 Uhr

Zahlungen werden weitergeführt

Bis Ende Jahr sind noch weitere Zahlungen für die F-35 Kampfjets geplant. Diese würden nicht eingestellt, weil man sich an den Lieferplan haltern würde, so Loher. 

16:22 Uhr

Auch Betriebskosten könnten sich erhöhen

«Die Betriebskosten der Jets könnten sich auch erhöhen», sagt Urs Loher auf eine Frage. Die Inflation wirke sich auch auf die Ersatzteile aus. 

16:17 Uhr

Ausstieg ist «Worst Case»

Eine Journalistin fragt, ob die Schweiz nicht ihr letztes Pfand aus der Hand gebe, wenn sie sage, man wolle nicht aus dem Vertrag aussteigen. «Der Ausstieg vom Vertrag ist ein Worst Case, den wir nicht anstreben», sagt Pfister. Aber in den Verhandlungen sei es auch eine Option, vom Vertrag auszusteigen. 

16:13 Uhr

Wurde die Schweiz über den Tisch gezogen?

Haben die Amerikaner uns über den Tisch gezogen?, fragt ein Journalist. «Die Amerikaner sprechen von einem Festpreis und wir sprechen von einem Festpreis», sagt Loher. Damit würden aber beide Parteien etwas anderes meinen. Dieses unterschiedliche Verständnis könne man durchaus als Missverständis bezeichnen. 

16:11 Uhr

«Von einer Leiche würde ich nicht sprechen

Viola Amherd hat bei der Schlüsselübergabe gesagt: «Es gibt keine Leichen in der Schränken», gibt ein Journalist zu bedenken. Ob Pfister das so bestätigen würde? Laut Pfister sei das Projekt durchaus lebensfähig. «Von einer Leiche würde ich in dem Fall nicht sprechen.»

Amherd hätte gar nicht vorher informieren können, da sie keine konkreten Zahlen gekannt hat. Sie hätte also nur über Gerüchte informieren können.

16:09 Uhr

Es gab einen Dissens

«Beim Fixpreis gab es einen Dissens», gibt Pfister zu. Man hätte grosse Anstrengungen unternommen um die Frage zu klären. Trotzdem sagt Pfister: Rückblickend könne man sagen, ja das hätte man dort sehen können.

16:06 Uhr

Zollgespräche

Die Schweiz führt auch noch Zollgespräche mit den USA. Eine Journalistin fragt, ob die Verhandlungen zusammengelegt würden. Das sei nicht der Fall sei Pfister. Teilweise würden die Verhandlungen aber von den gleichen Personen geführt, da sie nun die Kontakte haben. 

16:03 Uhr

Missverständnis auf Schweizer Seite?

Jetzt beginnt die Fragerunde. Ein Journalist fragt bezüglich des Missverständnisses. Schon die Finankontrolle habe zuvor gesagt, der Fixpreis sei nicht vertraglich gesichert. «Liegt das Missverständnis nicht auf der Schweizer Seite?» Pfister finde es richtig, dass seine Vorgängerin Amherd von einem Fixpreis ausgegangen sei, sagt er. Dies sei etwa durch mehrere Gutachten zugesichert worden.

16:00 Uhr

Abgang von Personal

Scheidegger spricht nun zum Abgang von mehreren Schlüsselpositionen des Programms. Die Situation sei angespannt, die Resilienz in den Projektteams sei nach wie vor geschwächt. Man arbeite daran, das Wissen auf mehrere Personen zu verteilen.

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