Darum gehts
- Der Zoll-Krimi bestimmte 2025 die Schweizer Politik
- Die Schweiz verlor dieses Jahr ihre Selbstgewissheit
- 2026 stellt die Schweiz die Weichen zu Zuwanderung und EU
2025 war das Jahr, in dem die Schweiz die Kontrolle verlor.
Lange lebte sie vom Spagat: offen und doch neutral, erfolgreich und doch bescheiden. 2025 geriet dieses Gleichgewicht ins Wanken. Statt Stabilität: Unsicherheit. Statt Selbstgewissheit: Ratlosigkeit.
Kontrollverlust gegen aussen: Trumps Zollkeule
Die Botschaft zum Nationalfeiertag trifft das Schweizer Selbstverständnis ins Mark. Während am 1. August auf dem Rütli Freiheit und Unabhängigkeit beschworen werden, zeigt Donald Trump in Washington der Schweiz, wo Gott hockt: 39 Prozent Zoll! Härter abgestraft als fast jedes andere Land – ein Schock, nicht nur für Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter.
Was folgt, ist aussenpolitisches Improvisationstheater. Eine Milliardärsdelegation reist mit Goldbarren, Rolex und dem richtigen Gespür für Egos ins Oval Office. Wirtschaftsminister Parmelin darf später die Schadensbegrenzung verkünden: noch 15 Prozent Zoll. Viele Fragen bleiben. Auch die grundsätzliche: Was hat die Schweizer Politik aussenpolitisch überhaupt noch zu melden?
Kontrollverlust in der Europa-Politik
Vor gut einem Jahr verkündete der Bundesrat die Einigung mit der EU zu einem neuen Vertragsrahmen. Mit der Euphorie einer Zwangsheirat. Das Vertragswerk ist technokratisch, sperrig, die Kommunikation defensiv. Die Debatte bestimmen jene, die Brüssel zum Feindbild erklären. Die SVP ist zwar (noch) in der Minderheit, hat aber das Mikrofon. Ihre Warnung vor dem «Unterwerfungsvertrag» dominiert – weil die anderen grossen Parteien bisher nicht den Mut haben, Klartext dagegen zu reden.
Kontrollverlust im Innern: Die 10-Millionen-Debatte
Die SVP trifft mit ihrer Initiative zur Begrenzung der Bevölkerung auf zehn Millionen einen Nerv. Die einen fürchten Überforderung, die anderen den Identitätsverlust. Die Gegner nennen sie «Chaos-Initiative» wegen der unabsehbaren Folgen – dabei herrscht das Chaos auch bei ihnen: keine Strategie, kein Gegenvorschlag, kein Plan.
Ein Ja würde das EU-Abkommen faktisch beerdigen. Und zeigen, wie innenpolitischer Kontrollverlust aussenpolitisch wirkt.
2026 – das Jahr der Entscheidungen
Das neue Jahr wird zum Dreifachtest: Trump, Zuwanderung, Europa. Und überall gilt: Den Fünfer und das Weggli gibts nicht mehr.
Geben wir Trump und der Schweizer Pharma bei den Medikamentenpreisen nach, spürt das jeder von uns direkt im Portemonnaie. Bleiben wir hart, droht der Zoll-Albtraum von vorne loszugehen. Beides lässt sich kaum vermeiden.
Begrenzen wir die Bevölkerung auf zehn Millionen, stoppt das Wachstum und riskieren wir die bilateralen Verträge. Lassen wir alles weiterlaufen, verschärft sich der Verteilkampf um Wohnraum, Schulen, Lebensqualität. Auch hier: entscheiden oder verdrängen.
Sagen wir Ja zum EU-Abkommen, gewinnen wir Stabilität und einen verlässlichen Partner – im Gegensatz zu Trump. Aber wir geben ein Stück Souveränität ab. Wie gross dieses Stück ist? Unklar. Sagen wir Nein, bleibt der Zugang zum wichtigsten Markt unsicher. Auch hier: keine Gratisoption.
2026 geht es nicht nur um Sachfragen – sondern um die Rückeroberung politischer Steuerung. Um die Frage, ob wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Oder weiter hoffen, alles gleichzeitig behalten zu können – ohne uns zu bewegen.
Die Schweiz kann. Wenn sie will.