Das sagen Parlamentarier zur 10-Millionen-Initiative
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«Chaos, Chaos, Chaos»:Das sagen Parlamentarier zur 10-Millionen-Initiative

Wegen 10-Millionen-Initiative der SVP
Das grosse Chaos im Bundeshaus!

Die Gegner der SVP-Zuwanderungsinitiative bezeichnen diese auf breiter Front als Chaos-Initiative. Diese Bezeichnung passt der SVP ganz und gar nicht. In der Parlamentsdebatte gaben sich beide Seiten Saures.
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SP-Co-Chefin Mattea Meyer warnte in der Herbstsession vor einem Chaos, sollte die SVP-Initiative durchkommen.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • SVP-Initiative zur Zuwanderungsbegrenzung wird als Chaos-Initiative bezeichnet
  • Gegner warnen vor wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Initiative
  • Bis 2040 könnten laut SP-Co-Chefin 400'000 Arbeitskräfte in der Schweiz fehlen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Im Bundeshaus herrscht Chaos! Zumindest, was die politischen Wortgefechte betrifft. Das Chaos beherrscht derzeit die Debatte um die 10-Millionen-Initiative der SVP. Die Zuwanderungsinitiative, welche die Sünneli-Partei als Nachhaltigkeits-Initiative verharmlost, wird von den Gegnern als Chaos-Initiative dämonisiert.

FDP, SP, GLP und Grüne warnen einträchtig vor einem drohendem Unheil, ebenso in ungewohnter Einigkeit der Gewerkschaftsbund und der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. Wer den Begriff zuerst ins Spiel gebracht hat, ist nicht ganz klar, doch die Bezeichnung hat sich durchgesetzt. Auffallend oft fiel das Wort Chaos denn auch in der Parlamentsdebatte.

«Diese Initiative führt ins Chaos»

Den Auftakt dazu machte in der Herbstsession SP-Co-Chefin Mattea Meyer (38): Bis 2040 würden mehr als 400'000 Menschen im erwerbsfähigen Alter in Pflegeheimen, Spitälern, Büros, auf Baustellen, in Kindertagesstätten, in der Forschung und überall sonst fehlen, mahnte sie. «Wenn die Initiative der SVP angenommen würde, würde nichts mehr funktionieren», so die Zürcher Nationalrätin. «Anstatt in diesen unsicheren Zeiten mit der Europäischen Union einen bekannten Weg weiterzugehen, führt diese Initiative ins Chaos.»

Damit war der Ton gesetzt. Gut ein Dutzend Parlamentarier stiess ins selbe Horn. «Die Initiative würde unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft vielmehr ins Chaos und in die Abschottung stürzen», sagte etwa GLP-Präsident Jürg Grossen (56).

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«Das Ziel dieser Chaos-Initiative ist, das Abkommen über die Personenfreizügigkeit zu kündigen», monierte der FDP-Nationalrat Peter Schilliger (66, LU). «Das ist hochproblematisch und zum Schaden der Schweiz, zum Schaden nicht nur der Wirtschaft, sondern unserer Gesellschaft insgesamt.»

Die Initiative gebe vor, die Kontrolle über die Migration zurückgewinnen zu wollen, polterte der damalige Grünen-Nationalrat Nicolas Walder (59, GE). «Aber in Wirklichkeit sorgt sie für Chaos – wirtschaftliches Chaos, institutionelles Chaos, soziales Chaos.»

Chaos-Strategie im Abstimmungskampf

Die Chaos-Strategie der SVP-Gegner wird das Stimmvolk auch im Abstimmungskampf begleiten. FDP-Co-Chefin Susanne Vincenz-Stauffacher (58) erachtet die Benennung jedenfalls als «treffende Beschreibung». Der Begriff habe sich im Verlauf der parlamentarischen Debatte durchgesetzt, als «die drastischen Konsequenzen der schädlichen Chaos-Initiative immer deutlicher» geworden seien, erklärt sie gegenüber Blick.

Der Freisinn richtet den Fokus dabei nicht nur auf die Wirtschaft, sondern auch auf den Asylbereich. «Weil die Schweiz nicht mehr ans Asylsystem der EU angebunden wäre, würde unser Land zur letzten Hoffnung für jeden abgewiesenen Asylsuchenden aus ganz Europa», warnt Vincenz-Stauffacher. Hunderttausende würden zusätzlich in die Schweiz kommen. Jeder, der in einem EU-Land abgelehnt werde, dürfte in der Schweiz ein zweites Asylgesuch stellen. Für sie ist daher klar: «Statt Fachkräften aus den Nachbarstaaten kämen künftig Asylsuchende aus der ganzen Welt.»

SVP-Konter mit Stopp-Chaos-Initiative

Dass sie quasi als Chaoten hingestellt werden, passt den SVP-Vertretern gar nicht. Bereits in der Parlamentsdebatte setzte sie zum Konter an. «Schauen Sie mal, wie es auf Bahnhöfen, auf Strassen zu- und hergeht: überall Dichtestress», wetterte SVP-Nationalrat Walter Gartmann (56, SG). «Das Chaos ist da.»

Die Gegner versuchten das Volksbegehren mit ihrem Kampfbegriff schlechtzureden, um die sinnvolle Begrenzung der Massenzuwanderung zu verhindern, sagt SVP-Nationalrat Thomas Matter (59) gegenüber Blick. «Tatsächlich herrscht heute Chaos: Asylchaos, Mietpreischaos, Schulchaos, Kriminalitätschaos», so Matter. «Die Initiative räumt das Chaos auf, welches die Mitte-Links-Mehrheit im Parlament in den letzten zehn Jahren angerichtet hat.» Er spricht denn auch von einer Stopp-Chaos-Initiative.

Mitte-Bregy bleibt bei Kündigungsinitiative

Einer hingegen macht bei der Chaos-Debatte nicht mit: Mitte-Präsident Philipp Matthias Bregy (47). «Wir benennen die SVP-Initiative nach dem, was sie ist: Es ist eine Kündigungsinitiative. Punkt!», sagt er zu Blick. Mit dem 10'000'001. Einwohner müsste die Personenfreizügigkeit gekündigt werden und mit ihr die Bilateralen ll, womit die Handelsbeziehungen mit der EU erodieren würden.

«Eine Umbenennung halte ich nicht für sinnvoll», sagt Bregy daher. Persönlich hätte er sich gewünscht, dass das Naming nicht geändert worden wäre. «Der immer gleiche Namen schafft Klarheit in einer Kampagne.» Sachgerecht wäre ohnehin ein direkter Gegenvorschlag gewesen, findet er. «Die Politik hätte damit den Beweis angetreten, dass sie die Sorgen und Ängste der Bevölkerung im Zusammenhang mit der Zuwanderung angeht.»

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