250'000 Zuwanderer weniger!
So will die GLP die 10-Millionen-Initiative der SVP auskontern

Am Montag debattiert der Nationalrat die 10-Millionen-Initiative der SVP. Die Grünliberalen lehnen diese ab und schlagen neue Massnahmen vor, um die Zuwanderung zu bremsen. Das inländische Arbeitskräftepotenzial soll besser ausgeschöpft werden.
Publiziert: 01:43 Uhr
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Der Nationalrat debattiert am Montag und Donnerstag die Zuwanderungs-Initiative der SVP.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Die GLP will das inländische Arbeitskräftepotenzial besser ausschöpfen
  • Dazu reicht sie zwei neue Vorstösse ein
  • Die 10-Millionen-Initiative der SVP lehnt sie ab
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Zehn Millionen Menschen in der Schweiz vor 2050: Das will die SVP mit ihrer Zuwanderungs-Initiative verhindern – und dafür notfalls auch die Personenfreizügigkeit mit der EU und damit die bilateralen Verträge kippen. Am Montag und Donnerstag diskutiert der Nationalrat die Initiative.

Die GLP geht nun in die Gegenoffensive. «Die SVP stellt zwar eine berechtigte Frage, gibt aber die falsche Antwort auf die hohe Zuwanderung», sagt Parteichef Jürg Grossen (56) zu Blick. «Statt die Personenfreizügigkeit aufs Spiel zu setzen, müssen wir das inländische Arbeitskräftepersonal besser ausschöpfen, das ist zentral – so können wir die Zuwanderung dämpfen und um gegen 250'000 Personen senken!»

Die Grünliberalen wollen mit verschiedenen Massnahmen inländische Jobanreize schaffen und damit die SVP-Initiative auskontern. Dafür reichen sie kommende Woche zwei neue Vorstösse ein.

PK-Einheitssatz und Steuerrabatt

Grossen setzt dabei auf Arbeitgeberseite an: Er fordert einen Einheitssatz für die Beiträge an die berufliche Vorsorge. «Mit einer solchen Pensionskassen-Flatrate bleiben über 55-Jährige attraktiver für ein Unternehmen.» Heute würden manche Unternehmen lieber auf günstige Junge aus dem Ausland setzen statt auf teure Ältere im Inland. Anstelle der aktuellen Abstufung von 7 bis 18 Prozent würde ein Einheitssatz treten. Grossen nennt keine konkrete Zahl, geht aber von 10 bis 11 Prozent aus.

Ein zweiter Vorstoss zielt auf die Arbeitnehmerseite. GLP-Nationalrat Patrick Hässig (46, ZH) schlägt dafür einen «Motivations-Bonus» für jene vor, die freiwillig über das AHV-Alter hinaus weiterarbeiten wollen. Dieser sieht bei einem Bruttolohn bis 100'000 Franken einen 50-prozentigen Steuerrabatt auf das Erwerbseinkommen vor. «Der Rabatt ist gedeckelt, die Anteile über 100'000 Franken werden weiterhin normal besteuert», so Hässig. Hohe Einkommen zahlten aufgrund der Progression weiterhin mehr. «Der Steuervorteil schenkt hauptsächlich für die Normalverdiener ein.»

Heute arbeitet jeder fünfte Senior im Alter von 65 bis 74 Jahre freiwillig über das Rentenalter hinaus. Eine im internationalen Vergleich moderate Quote, weil bis jetzt zu viele Fehlanreize bestünden. Mit dem Steuerrabatt liesse sich dieser Anteil erhöhen, ist Hässig überzeugt.«Die Wirtschaft und die Mitarbeitenden profitieren, wenn mehr Ältere ihre Erfahrung weitergeben – und sie selbst können ihre Rente aufbessern.»

Zuwanderung abbremsen

Die beiden Massnahmen würden über 100'000 Inländer zusätzlich in den Job bringen, rechnen die GLP-Politiker vor. Für weitere Anreize – insbesondere für Frauen – sollen die Familienzeit-Initiative, bezahlbare Kitaplätze sowie die Einführung der Individualbesteuerung sorgen. Das bringe noch mal gegen 100'000 Vollzeitstellen. «Schöpfen wir dieses Potenzial voll aus, fällt auch ein Teil des ausländischen Familiennachzugs weg – damit kommen wir auf rund 250'000 Zuwanderer weniger», so Grossen.

Für die Grünliberalen ist klar, dass es auch künftig eine gewisse Zuwanderung braucht. Sonst würden in vielen Bereichen wichtige Arbeitskräfte fehlen – von Pflegefachpersonen und Ärztinnen in Spitälern bis zu Ingenieurinnen und Forschern. «Wir brauchen keine ungebremste Zuwanderung, wir dürfen die Wirtschaft aber auch nicht ins Chaos stürzen», sagt Grossen. «Die SVP-Initiative ist das falsche Rezept, wir werden sie daher mit aller Kraft bekämpfen.»

Umstrittener Gegenvorschlag

Der Ton für die 10-Millionen-Debatte am Montag ist also gesetzt, ein harter Schlagabtausch programmiert. Dabei steht eine Monsterdebatte an: 115 Nationalräte stehen auf der Rednerliste. Die Mitte bringt dabei noch eine abgespeckte Variante als Gegenvorschlag ein. FDP, SP, GLP und Grüne hingegen wollen die SVP-Initiative ohne Gegenvorschlag vors Volk bringen, um möglichst schon im ersten Halbjahr 2026 Klarheit zu schaffen. Dann wäre der 14. Juni als Abstimmungstermin möglich.

«Der Gegenvorschlag mag gut gemeint sein, aber er bringt genauso wenig eine Verbesserung für die Bürgerinnen und Bürger wie die Initiative», sagt Grossen. Deshalb lehne die GLP beide Vorhaben der konservativen Allianz aus SVP und Mitte ab. «Mit der Schutzklausel in den Bilateralen III haben wir zudem ein griffiges Instrument, um die Zuwanderung zu dämpfen, falls die bis dahin ergriffenen Massnahmen in der Schweiz noch zu wenig gut funktionieren würden.»

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