«Asylrecht kommt aus einer Zeit, als es in Europa schwierig war»
2:08
Dettling über Grenzschutz:«Asylrecht kommt aus Zeit, als es Europa schwer hatte»

120'000 Unterschriften: Grenzschutz-Initiative der SVP steht
Wollen Sie das Asylrecht abschaffen, Herr Dettling?

Die SVP reicht am 24. September ihre Grenzschutz-Initiative ein. Parteichef Marcel Dettling erklärt im Blick-Interview, weshalb er schärfere Grenzkontrollen fordert und das Asylrecht einschränken will. Und er teilt gegen Bundesrat Beat Jans und die FDP aus.
Publiziert: 00:23 Uhr
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SVP-Chef will die Grenzen wieder stärker kontrollieren.
Foto: Philippe Rossier

Darum gehts

  • SVP kämpft mit der Grenzschutz-Initiative für verschärfte Grenzkontrollen
  • Initiative fordert Obergrenze von 5000 Asylbewilligungen pro Jahr
  • Über 120'000 Unterschriften gesammelt, Einreichung am 24. September geplant
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Über die 10-Millionen-Initiative der SVP hat das Stimmvolk noch nicht mal entschieden, da reicht die Rechtspartei schon das nächste Volksbegehren nach: die Grenzschutz-Initiative.

Blick trifft SVP-Chef Marcel Dettling (44) in Stein am Rhein SH, am Grenzübergang nach Deutschland. Hier erklärt der Schwyzer Nationalrat, warum er verschärfte Grenzkontrollen und ein eingeschränktes Asylrecht will.

Blick: Herr Dettling, wir stehen an der Grenze zu Deutschland. Ginge es nach Ihnen, müsste hier der Schlagbaum wieder fallen.
Marcel Dettling:
Wir wollen zurück zu kontrollierten Grenzen, wie wir es vor der Einführung von Schengen/Dublin gehandhabt haben. Viele EU-Staaten und sogar Deutschland führen wieder verschärfte Grenzkontrollen durch. Mit Erfolg: In Deutschland sind die Asylanträge um 60 Prozent gesunken. Dänemark hatte noch 2500 Asylgesuche im letzten Jahr. Das muss auch unser Ziel sein.

Damit drangsalieren Sie auch die Grenzgänger – allein aus Deutschland sind es 66'000 –, die am Zoll künftig länger im Stau stehen?
Mit Grenzgängern haben wir kein Problem, für diese sieht unsere Initiative ein vereinfachtes digitales Verfahren vor. Wir wollen aber jene erwischen, die illegal und ungerechtfertigt über die Grenze kommen.

Dann haben Sie die Unterschriften beisammen?
Wir haben über 120'000 Unterschriften gesammelt und bereits über 100'000 beglaubigt. Wir werden die Initiative am 24. September einreichen.

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Statt diese Initiative einzureichen, sollten Sie besser SP-Justizminister Beat Jans (61) ein Gratulationsschreiben schicken!
Habe ich etwas verpasst? Nein, die Initiative machen wir genau wegen Beat Jans. Über 20 Vorstösse im Parlament wurden überwiesen, damit er endlich die Schraube anzieht. Doch Jans macht nichts.

Das behaupten Sie. Fakt ist: Unter Jans sind die Asylgesuche dieses Jahr bisher um 14 Prozent gesunken. Auch die illegale Migration ist um fast die Hälfte zurückgegangen.
Aktuell befinden sich über 220'000 Personen im Asylbereich – das ist ein Rekordwert. Auch die Asylkriminalität ist massiv gestiegen. Dass die Gesuchszahlen aktuell etwas tiefer sind, verdanken wir in erster Linie den umliegenden Ländern, die ihre Grenzen wieder kontrollieren. Aber wir können unsere Sicherheit nicht von anderen Ländern abhängig machen. Wir müssen langfristig handeln, deshalb braucht es unsere Initiative.

Wer aus einem sicheren Drittstaat einreist, wird zurückgeschickt, fordert Ihre Initiative. Mit lauter EU-Staaten um uns herum bedeutet dies de facto die Abschaffung des Asylrechts.
Das hat man uns bei der Schengen/Dublin-Abstimmung versprochen: Wer aus einem sicheren Drittstaat einreist, kann kein Asylgesuch mehr stellen. Doch wir erleben das Gegenteil. Die Italiener oder die Griechen nehmen die Leute nicht mehr retour. Wer einmal den Fuss über die Schweizer Grenze gesetzt hat, den bringen wir fast nicht mehr weg. Das System funktioniert nicht, und wir bleiben auf Hunderttausenden Asylmigranten sitzen.

Die Initiative setzt eine Obergrenze, wonach maximal 5000 Personen pro Jahr Asyl gewährt werden kann. Was passiert mit Nummer 5001?
In den vergangenen Jahren haben jährlich 4000 bis 6000 Personen als echte Flüchtlinge Asyl erhalten. Die Obergrenze orientiert sich daran. Das Problem sind all die anderen, deren Asylgesuch abgewiesen wurde und die trotzdem hierbleiben. In den letzten 20 Jahren wurden über 100'000 Personen vorläufig aufgenommen, ohne Asyl erhalten zu haben. Die sind weiterhin da, weil Asylvorsteher Jans immer wieder neue Ausflüchte findet, weshalb wir sie nicht zurückschaffen können. Gleichzeitig hat er Hunderte Heimatreisen bewilligt. Das muss sich ändern.

Vielleicht droht gerade der 5001. Person, die Sie zurückschicken würden, Folter oder Tod. Operation Libero will Ihre Initiative für ungültig erklären lassen, weil sie gegen zwingendes Völkerrecht verstösst.
Die Asylmigranten reisen durch zig sichere Länder, bevor sie überhaupt an die Schweizer Grenze kommen. Dass sich Asylschmarotzer ihr Zielland aussuchen, ist inakzeptabel und muss gestoppt werden. Zudem gilt das Völkerrecht auch für die Schweizer Bevölkerung: Wir haben ein Recht darauf, in Sicherheit leben zu können. Letztes Jahr registrierte die Schweiz über 560'000 Straftaten – für ein Viertel davon waren Asylmigranten und Illegale verantwortlich! Die Vergewaltigungen haben innerhalb eines Jahres um 30 Prozent zugenommen. Das müssen wir unterbinden.

Die Lösung liegt pfannenfertig parat: Mitte 2026 tritt der EU-Asylpakt in Kraft, mit Verfahren an den Aussengrenzen und einem fairen Verteilschlüssel. Die Schweiz kann hier mitmachen.
Die Asylpolitik der EU ist ein einziges Desaster. Die Staaten wurden mit Asylgesuchen überflutet und die Sicherheit wurde massiv geschwächt. Der EU-Migrationspakt führt nur dazu, dass wir wegen des sogenannten Solidaritätsmechanismus noch mehr Asylanten aufnehmen müssten. Dabei sind unsere Gemeinden jetzt schon am Anschlag. Einerseits, was die Unterbringung und die horrenden Kosten betrifft. Andererseits an den Schulen, die mit derart vielen Kindern aus fremden Kulturen überfordert sind. Das Niveau nimmt dramatisch ab, während die Kosten immer mehr steigen. Deshalb: Finger weg!

Eine andere Art der Grenzüberschreitung: Ihr alt Bundesrat Ueli Maurer (74) hofiert Autokraten und Kriegsverbrecher. Ist Ihnen Ihr Parteikollege nicht langsam peinlich?
Ueli Maurer kann privat machen, was er will. Er bekam von China eine Einladung und hat diese wahrgenommen. Mehr Sorgen macht mir, dass die offizielle Schweiz keine Einladung erhalten oder diese ausgeschlagen hat. Hingegen: Wenn Brüssel pfeift, stehen alle stramm bei Fuss. Unsere Diplomaten sollten aber Kontakt zu allen Ländern auf dieser Welt pflegen. China ist ein wichtiger Handelspartner, zu dem wir die Handelsbeziehungen ausbauen sollten.

Dann hätten Sie die Einladung auch angenommen?
Als kleines Land müssen wir mit allen Ländern der Welt sprechen.

Mit US-Präsident Donald Trump (79) haben wir das getan. Trotzdem hat er uns Strafzölle von 39 Prozent aufs Auge gedrückt. Da wurde auch die SVP, die Trumps Wahlsieg bejubelt hat, auf dem falschen Fuss erwischt.
Offenbar lag im Vorfeld ein Deal mit 10 Prozent auf dem Tisch. Da ist etwas massiv schiefgelaufen. Für unsere Wirtschaft ist das verheerend. Wichtig ist, dass weiterverhandelt wird, damit wir die Situation mit einem neuen Deal rasch klären können. Bis dahin ist dringend die Wirtschaft zu entlasten, indem Regulierungen und Bürokratie abgebaut werden. Sich jetzt mit dem Unterwerfungsvertrag an die hoch verschuldete EU-Monsterbürokratie zu binden, wäre fatal und würde obendrein nichts an den US-Zöllen ändern.

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In der Herbstsession kommt die 10-Millionen-Initiative der SVP auf den Tisch. Da können Sie wieder Ihre Lieblingsrolle spielen: alle gegen die SVP und umgekehrt.
Überhaupt nicht! Wir haben Hand geboten für einen Gegenvorschlag, damit die Zuwanderungszahlen endlich sinken. Unser Angebot wurde ausgeschlagen.

Harte Attacken sind programmiert. Besonders scharf war die FDP schon im März an einer Medienkonferenz: Die SVP ist schuld, wenn wegen des Fachkräftemangels Senioren im Altersheim nicht mehr betreut werden und kein Sanitär das verstopfte WC flickt.
Das war eine lächerliche Inszenierung von Thierry Burkart und Co. Dass es eine gewisse Zuwanderung von Arbeitskräften braucht, haben wir nie bestritten. Der Bundesrat hat uns in der Abstimmung zur Personenfreizügigkeit versprochen, dass jährlich nur 8000 bis 10'000 Zuwanderer kommen würden, tatsächlich sind es 80'000 bis 100'000. Eine derart starke Zuwanderung verträgt unser Land nicht. Auch deshalb nicht, weil ein grosser Teil gar nicht zum Arbeiten kommt.

Die FDP bekommt mit Susanne Vincenz-Stauffacher (58) und Benjamin Mühlemann (46) ein neues Führungsduo. Was erwarten Sie von den beiden?
Nicht viel! Das Problem der FDP ist doch, dass sie in allen relevanten Fragen keine eigene Meinung hat, sondern alles ihrer Sponsorin Economiesuisse nachplappert. Daran wird sich mit dem neuen Duo nichts ändern. Das ist schade – und so muss sich die FDP nicht wundern, wenn sie bei den nächsten Wahlen erneut unter die Räder kommt und den zweiten Bundesratssitz verliert.

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