Darum gehts
- Die Schweizer Bevölkerung wächst auf 10 Millionen – SVP will mit einer Initiative dagegen vorgehen
- Die Zuwanderung bringt Vorteile für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und soziale Sicherheit
- Zwischen 2014 und 2023 trug die Zuwanderung 60 Prozent des Haushaltswachstums bei
Schon in 15 Jahren dürfte die Schweizer Bevölkerung die 10-Millionen-Marke knacken. Die SVP versucht, dies mit einer Volksinitiative zu verhindern: Mit ihrer «Nachhaltigkeits-Initiative» fordert die Sünneli-Partei Massnahmen, die greifen, wenn die Bevölkerung gewisse Schwellen überschreitet.
Im Extremfall soll der Bundesrat laut der Initiative gar die Personenfreizügigkeit mit der EU kündigen, denn der Hauptgrund für das Wachstum ist die weiterhin hohe Zuwanderung. Hierzulande werden nämlich immer weniger Kinder geboren, wie der Bund kürzlich mitteilte. In einem neuen Bericht zeigt der Bundesrat, wie stark das Land auf Zuwanderung angewiesen ist – aber auch, welche Belastungen und Risiken sie verursacht.
Risiken und Herausforderungen
Mehr Menschen bedeuten einen stärkeren Bedarf an Wohnraum. Zwischen 2014 und 2023 habe die Zuwanderung gut 60 Prozent zum Haushaltswachstum beigetragen, heisst es im Bericht. Derzeit gebe es wenig bis keine Hinweise, dass sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt in den kommenden Jahren entspannen werde. Um dem zu begegnen, habe der Bundesrat im Rahmen der Begleitmassnahmen zur 10-Millionen-Initiative beschlossen, den Fonds für den gemeinnützigen Wohnungsbau aufzustocken. Weiter gibt es seit Februar 2024 einen Aktionsplan Wohnungsknappheit.
Auch die Verkehrsinfrastruktur wird durch das Bevölkerungswachstum stärker belastet. Es werde «eine Herausforderung», mit dem gewollten Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum ausreichende Verkehrskapazitäten sicherzustellen.
Der Bundesrat stellt vorneweg klar: Die Auswirkungen der Zuwanderung auf die Sicherheit in der Schweiz seien kaum verlässlich messbar. Ein Blick in die polizeiliche Kriminalstatistik zeige, dass es sich bei der Kriminalität zwar sehr wohl um ein Migrationsphänomen handle. Dies habe aber kaum mit der sich längerfristig in der Schweiz befindenden ausländischen Bevölkerung zu tun. Es gehe vor allem um Personen, die die Schweiz aufgrund eines negativen Asylentscheids verlassen müssen oder gar nicht in der Schweiz sein dürften. Die Schweiz habe eine Reihe von Massnahmen für die innere Sicherheit ergriffen, sowohl auf Kantons- als auch auf Bundesebene.
Schulen, Berufsbildung und Hochschulen müssen zusätzliche Kapazitäten bereitstellen, um die wachsende Bevölkerung zu integrieren. Durch die Zuwanderung steige auch die schulische Heterogenität: Manche Schulen haben einen hohen Anteil fremdsprachiger Schülerinnen und Schüler. Dies könne sich negativ auf die Leistungen der Schülerinnen und Schüler auswirken, insbesondere in Bezug auf die Sprachkenntnisse.
Die wachsende Bevölkerung trage in verschiedenen Bereichen zu mehr Umweltbelastung bei. So gebe es etwa grössere Abfallmengen, und der erhöhte Bedarf an Wohnraum führe zur Zerschneidung der Landschaft und zur Bodenversiegelung.
Vorteile und Chancen
Die Schweizer Wirtschaft sei in hohem Mass auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen, hält der Bundesrat im Bericht fest. Zuwanderung helfe, den Bedarf an Fachkräften zu decken – vor allem angesichts der Alterung der Gesellschaft. Besonders Eingewanderte aus EU- und Efta-Staaten spielten dabei eine wichtige Rolle.
Aufgrund der tiefen Geburtenrate würde die Schweiz künftig ohne Zuwanderung stärker altern. Die Zuwanderung kompensiert diese Alterung. Für die Sozialwerke bleibt das Verhältnis zwischen Erwerbstätigen und Rentnerinnen und Rentnern damit tragfähiger. Bereits 2023 zeigte eine Studie des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) auf, dass die AHV besonders durch Migrantinnen und Migranten aus dem europäischen Raum stark entlastet werden könnte.
Der steigende Personalbedarf im Gesundheitswesen wird zu einem grossen Teil durch ausländische Fachkräfte gedeckt. Zwischen 2010 und 2020 entstanden 188’000 neue Stellen, wovon ein Drittel durch EU- oder Efta-Staatsangehörige besetzt wurde. Im Tessin und in der Genferseeregion spielen besonders Grenzgängerinnen und Grenzgänger eine wesentliche Rolle. Allerdings generiere dies auch eine starke Abhängigkeit vom Ausland.
Zuwanderung bringt hoch qualifizierte Fachkräfte aus verschiedenen Ländern in die Schweiz. Wenn Ausländer und Ausländerinnen, die in der Schweiz studieren, danach in der Schweiz bleiben, können sie wichtige Treiber für Innovation sein.