10-Millionen-Schweiz
Initiative geht ohne Gegenvorschlag vors Volk

Die SVP will eine Zehn-Millionen-Schweiz verhindern – notfalls mit dem Ende der Personenfreizügigkeit. Die Mitte möchte die SVP-Initiative mit einem direkten Gegenvorschlag auskontern. Die zuständige Ständeratskommission will aber nichts davon wissen.
Publiziert: 12:28 Uhr
|
Aktualisiert: 14:29 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/6
Die SVP will eine 10-Millionen-Schweiz verhindern und notfalls die Personenfreizügigkeit mit der EU künden.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • SVP-Initiative gegen die Zehn-Millionen-Schweiz: Ständeratskommission will keinen direkten Gegenvorschlag
  • Verschiedene Idee zur Zuwanderungskontrolle lagen auf dem Tisch
  • Ständerat entscheidet nun in der Wintersession
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_1047.JPG
Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Zehn Millionen Menschen in der Schweiz vor 2050. Das will die SVP mit ihrer Zuwanderungs-Initiative verhindern – und dafür notfalls auch die Personenfreizügigkeit mit der EU und damit die bilateralen Verträge kippen.

Jetzt ist klar: Der Ständerat entscheidet schon in der Wintersession über die Initiative. Seine Staatspolitische Kommission lehnt die Initiative ab. Sie will auch von einem direkten Gegenvorschlag nichts wissen und das SVP-Begehren blank an die Urne bringen. Dann könnte das Stimmvolk bereits nächstes Jahr darüber befinden.

In der Kommission kamen verschiedene Ansätze zur Zuwanderungskontrolle auf den Tisch. Von einer zwingenden Abstimmung über die EU-Personenfreizügigkeit bei Erreichen der 10-Millionen-Grenze, über einen Automatismus zur Auslösung der Schutzklausel bis hin zu einer Zuwanderungsabgabe oder einem Inländervorrang bei der Wohnungsvergabe. Die konkreten Vorschläge wurden jeweils mit 8 zu 5 beziehungsweise 9 zu 4 Stimmen abgelehnt.

«Ein direkter Gegenentwurf zur Initiative hätte keinen Mehrwert und würde ein falsches Signal senden», schreibt die Kommission dazu. Den Herausforderungen der Zuwanderung und des Bevölkerungswachstums müsse mit anderen Massnahmen begegnet werden.

GLP-Moser: «Initiative schafft neue Probleme»

«Die Zuwanderung bringt durchaus Herausforderungen mit sich, etwa bei der Wohn-Thematik oder bei der Kriminalität», sagt GLP-Ständerätin Tiana Angelina Moser (46, ZH) zu Blick. «Die SVP-Initiative löst diese Herausforderungen aber nicht, sondern schafft neue Probleme.» Die Kündigung der Personenfreizügigkeit führe zu einem Wohlstandsverlust, warnt sie. 

Sie verweist auf das Beispiel Grossbritannien. «Trotz Brexit ist dort die Zuwanderung gestiegen.» Die Herausforderungen müssten anderweitig angepackt werden, etwa mit Begleitmassnahmen oder der Schutzklausel. «Es braucht gezielte Verschärfungen, aber ohne den bilateralen Weg zu gefährden.»

Drei Minderheitsanträge für Gegenvorschlag

Allerdings ist das Thema Gegenvorschlag noch nicht ganz vom Tisch. So wurden drei Minderheitsanträge für einen Gegenvorschlag eingereicht, die in der Wintersession aufs Tapet kommen.

Mitte-Ständerat Daniel Fässler (65, AI) will nahe am SVP-Text bleiben. Statt die Personenfreizügigkeit automatisch zu kündigen, soll das Stimmvolk bei Erreichen der 10-Millionen-Grenze aber obligatorisch über die Weiterführung der Personenfreizügigkeit abstimmen können. Eine Zuwanderungsabgabe hingegen möchte Mitte-Ständerätin Heidi Z'graggen (59, UR) in der Verfassung festschreiben.

FDP-Ständerätin Petra Gössi (49, SZ) wiederum möchte einen klaren Mechanismus zur Auslösung der Schutzklausel verankern. Sollte die Nettozuwanderung dreimal hintereinander mehr als 0,8 Prozent pro Jahr betragen, würde die Schutzklausel ausgelöst, so die Idee. Bei einer Neun-Millionen-Bevölkerung wäre der Schwellenwert ein Plus von 72’000 Personen.

Auch Nationalrat dagegen

In der kleinen Kammer dürfte ein erneuter Anlauf ebenso abprallen wie im Nationalrat, der in der Herbstsession einen entsprechenden Mitte-Vorschlag mit 161 zu 30 Stimmen vom Tisch wischte.

FDP, SP, Grüne und GLP stellten sich dabei geschlossen gegen einen Gegenvorschlag, weil sie die Initiative ohne Beigemüse vehement bekämpfen wollen.

Die SVP hingegen lehnt einen Gegenvorschlag ab, weil sie sich ihre Initiative nicht verwässern lassen will. «Unsere Initiative ist gut überlegt und packt das Problem bei der Wurzel», sagt SVP-Ständerätin Esther Friedli (48, SG).

Einen Gegenvorschlag erachtet sie daher als unnötig. «Ich bin froh, dass die Kommission keinen dieser Jekami-Vorschläge will.» Sie selbst wird ihren Ratskollegen eine Annahme der Initiative beantragen.


Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Meistgelesen