Darum gehts
- SVP-Initiative gegen Bevölkerungswachstum: Beratungen im Nationalrat
- Gegner warnen vor Gefährdung der bilateralen Verträge mit der EU
- Schweizer Bevölkerung nähert sich 9,1 Millionen, SVP will 10-Millionen-Grenze verhindern
Fast 9,1 Millionen Menschen leben in der Schweiz. Und viel mehr sollen es nicht werden, wenn es nach der SVP geht. Sie will mit ihrer Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz» verhindern, dass bis 2050 die Schweiz weiter wächst und dereinst die 10-Millionen-Marke erreicht.
Diese Woche debattierte der Nationalrat das Anliegen. Mit 121 zu 64 Stimmen und 6 Enthaltungen empfiehlt er die Initiative dem Stimmvolk zur Ablehnung. Auch einen Gegenvorschlag dazu will er nicht.
Stundenlange Marathondebatte
Die grosse Kammer fällte die Entscheide nach einer stundenlangen Marathondebatte. Etwas mehr als hundert Ratsmitglieder, mehr als der halbe Nationalrat, äusserten sich. Lediglich die SVP-Fraktion unterstützte die Initiative. Die Enthaltungen kamen aus der Mitte-Fraktion.
Die SVP will die Verfassung mit einem Artikel zur «nachhaltigen Bevölkerungsentwicklung» ergänzen. Demnach soll die Einwohnerzahl der Schweiz 2050 zehn Millionen nicht überschreiten dürfen. Leben schon vorher 9,5 Millionen Menschen im Land, müssen Bundesrat und Parlament handeln.
Etwa dürften vorläufig Aufgenommene keine Niederlassungsbewilligung mehr erhalten und nicht mehr eingebürgert werden. Der Nachzug von Angehörigen würde eingeschränkt. Internationale Abkommen, die zu einem Bevölkerungswachstum führen, müssten mit Blick auf eine Ausnahmeklausel neu ausgehandelt werden. Genügt alles nicht, müsste als letzte Massnahme das EU-Freizügigkeitsabkommen gekündigt werden.
Die gegnerische Seite warnte vor der «Abschottungsinitiative» und davor, die in angesichts der geopolitischen Lage für die Schweiz wichtigen Beziehungen zur EU zu kappen. Die Wirtschaft brauche Arbeitskräfte von ausserhalb der Schweiz, lautete der Tenor.
Die starke Zuwanderung sei mit ein Grund für volle Züge, hielten die Vertreterinnen und Vertreter der SVP dagegen, sowie für Staus auf den Strassen, hohe Mieten, wachsende Kriminalität und Integrationsprobleme an Schulen. Eine massvolle Zuwanderung in die Schweiz bleibe möglich, von Abschotten sei nicht die Rede.
Die Mitte-Fraktion hatte einen milder formulierten direkten Gegenvorschlag beantragt. Davon wollte der Rat nichts wissen. Mit 161 gegen 30 Stimmen aus der Mitte-Fraktion beschloss er, nicht darauf einzutreten.