«Wir haben eine Oligarchie herangezüchtet»
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SP-Co-Präsident Cédric Wermuth:«Wir haben eine Oligarchie herangezüchtet»

Alarmstufe Rot bei der SP
Nach Abstimmungsdebakel – Partei schlittert in die Krise

Das Abstimmungsdebakel bei der Juso-Initiative ist gerade für die Mutterpartei SP eine krachende Niederlage. Die Partei zeigt sich gespalten – nicht zum ersten Mal.
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Die Niederlage lässt sich für Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann und ihren Vorgänger Nicola Siegrist kaum schönreden.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Juso-Initiative scheitert deutlich, SP-Spitze muss über Kurs nachdenken
  • SP-Führung zeigt sich unbeirrt, Co-Präsidentin Meyer kündigt Auszeit an
  • Nur 21,7 Prozent stimmten der Juso-Initiative zu, 40 Prozent im links-grünen Lager stimmten dagegen
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Es war eine Klatsche mit Ansage. Sie wurde zum Polit-Desaster. Nur gerade 21,7 Prozent stimmten der Juso-Initiative zu. Auch wenn sie mit antikapitalistischen Forderungen regelmässig scheitern: Das ist sogar für die Jungsozialisten eine schmerzhafte Niederlage.

Noch mehr zu denken geben muss sie aber der Mutterpartei SP. Mit Feuereifer hatte sich die Parteispitze um die Alt-Juso Cédric Wermuth (39) und Mattea Meyer (38) hinter die Initiative gestellt – obwohl es selbst in den eigenen Reihen Bedenken gab. Zu überzogen, zu chancenlos, zu schädlich sei die Forderung.

Linke ist gespalten – einmal mehr

Die Quittung folgte auf dem Fuss. Sogar im links-grünen Lager stimmten rund 40 Prozent der Wählerschaft gegen die Juso-Erbschaftssteuer – und damit gegen den offiziellen SP-Kurs. Das zeigt eine Nachwahlbefragung von Tamedia. Für die SP ein Debakel.

Es ist in letzter Zeit bei weitem nicht das erste Mal, dass die Sozialdemokraten gespalten sind. Exemplarisch zeigte sich dies etwa, als sie an ihrem Parteitag Ende Oktober über ihre Gaza-Resolution rang.

Auch die fehlende Distanzierung der Parteispitze nach gewalttätigen Ausschreitungen an einer Gaza-Demo in Bern sorgte intern für Misstöne.

Oder beim Zoll-Deal: Während die SP Stimmung gegen das Abkommen mit US-Präsident Donald Trump (79) macht und Unterschriften sammelt, um die «Anbiederungspolitik» möglichst im Keim zu ersticken, setzt sich der SP-nahe Gewerkschaftsbund gegenüber der «NZZ am Sonntag» dafür ein und verweist dabei auf die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Mit ihrer Totalopposition gegen den Trump-Deal zeige die SP-Spitze erstaunlich wenig Realitätssinn, wundern sich Gewerkschafter gegenüber Blick hinter vorgehaltener Hand. Einer sagt: «Damit gewinnen wir keine Blumentöpfe.»

SP-Spitze gibt sich unbeirrt

Gegen aussen zeigt sich die SP-Spitze nach wie vor unbeirrt. Der krachenden Abstimmungsniederlage zum Trotz wettert Co-Präsident Wermuth gegen «Oligarchen» und übt sich nach wie vor in Klassenkampf-Rhetorik. Er sei stolz auf die Juso und überzeugt, dies sei erst «der Anfang einer Diskussion über die Ungleichheit und nicht das Ende».

Wermuth schien sich und den seinen selber Mut zuzusprechen. Wie sehr die Juso-Initiative die Mutterpartei aber tatsächlich in die Bredouille gebracht hatte, zeigte sich spätestens, als die SP-Spitze in letzter Minute einen «unternehmerfreundlichen» Umsetzungsvorschlag vorlegte – ein indirektes Eingeständnis, dass die Initiative tatsächlich ihre Schwächen hatte.

Das Debakel an der Urne aber liess sich nicht mehr verhindern. Die Warnenden unter den Sozialdemokraten sehen sich bestätigt. Und dem Co-Präsidium dürfte schmerzhaft bewusst sein, dass dieses Resultat einzig der Gegenseite hilft. Eine nationale Erbschaftssteuer dürfte nun für einige Zeit vom Tisch sein.

Querelen scheinen Spuren zu hinterlassen

Die sich wiederholenden Querelen innerhalb der eigenen Reihen scheinen auch an der Parteispitze nicht spurlos vorbeizugehen. Wermuth wirkte am Abstimmungssonntag sichtlich angespannt.

Co-Präsidentin Meyer kündigte am Abend des Abstimmungssonntags gar eine Auszeit an. Sie verspüre eine «grosse Erschöpfung» und müsse «rechtzeitig die Notbremse ziehen», um langfristig arbeitsfähig zu bleiben. Sie wird nicht an der am Montag startenden Wintersession teilnehmen.

Das wird es für den verbleibenden Co-Präsidenten Wermuth im Jahresendspurt nicht einfacher machen. Er wollte sich am Tag nach dem Abstimmungsdebakel gegenüber Blick nicht mehr äussern.

Klar aber scheint: Die SP wird um eine interne Diskussion um ihren politischen Kurs nicht herumkommen und sich dabei auch von den Juso emanzipieren müssen. Als Bundesratspartei kann sie es sich auf lange Sicht nicht leisten, regelmässig einen grossen Teil ihrer Klientel vor den Kopf zu stossen.

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