Darum gehts
- Trump und Putin treffen sich in Alaska für Gespräche über Ukraine-Krieg
- Möglicher Gebietsaustausch zwischen Russland und Ukraine als Verhandlungspunkt
- Alaska und Russland sind nur drei Kilometer voneinander entfernt
Dieses Gipfeltreffen hat hohe politische Brisanz: US-Präsident Donald Trump (79) wird sich am kommenden Freitag im US-Bundesstaat Alaska mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin (72) treffen. Es ist das erste Treffen eines amtierenden US-Präsidenten mit Putin seit Sommer 2021. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zum Gipfel.
Warum findet der Gipfel in Alaska statt?
Kreml-Berater Juri Uschakow bezeichnete die Wahl Alaskas als Treffpunkt als «ziemlich logisch». Russland und die USA seien «enge Nachbarn», die russische Delegation könne «einfach über die Beringstrasse fliegen». Historisch gesehen war Alaska bis 1867 russisch.
Der Gouverneur von Alaska, Mike Dunleavy (64), erklärte, Alaska sei der strategisch wichtigste Standort der Welt. «Da Russland und Alaska nur drei Kilometer voneinander entfernt sind, spielt kein anderer Ort eine wichtigere Rolle für unsere Landesverteidigung, unsere Energiesicherheit und unsere Führungsrolle in der Arktis», betonte er. «Es ist angebracht, dass Diskussionen von globaler Bedeutung hier stattfinden. Alaska ist seit Jahrhunderten eine Brücke zwischen den Nationen und ist auch heute noch ein Tor für Diplomatie, Handel und Sicherheit in einer der kritischsten Regionen der Welt», so Dunleavy weiter. Alaska sei bereit, dieses historische Treffen auszurichten.
Der genaue Ort des Treffens wurde bislang von keiner Seite genannt. Oft spielen Sicherheitsüberlegungen eine Rolle bei der Geheimhaltung exakter Orte hoher Gipfeltreffen. Auch über mögliche Sicherheitsvorkehrungen ist noch nichts an die Öffentlichkeit gedrungen.
Worüber wird gesprochen?
Es geht vor allem um eines: den Krieg in der Ukraine. Trump hat mehrfach betont, den Konflikt rasch beenden zu wollen. Ein zentraler Punkt der Verhandlungen, wie von Trump angedeutet, ist ein möglicher «Austausch von Gebieten» zwischen Russland und der Ukraine, um eine Friedenslösung zu erreichen. Trump sagte vor Reportern in Washington, eine Vereinbarung könne einen Gebietsaustausch «zum Wohle beider Seiten» beinhalten. «Wir werden einiges zurückbekommen, und wir werden einiges tauschen.»
Putin beansprucht die vier ukrainischen Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson sowie die bereits 2014 annektierte Halbinsel Krim für Russland. Obwohl russische Truppen nicht das gesamte Gebiet dieser vier Regionen kontrollieren, könnte ein angestrebtes Abkommen laut Berichten vorsehen, dass Russland seine Offensive in Cherson und Saporischschja entlang der derzeitigen Frontlinien einstellt, falls Kiew im Gegenzug seine Truppen aus dem Osten des Landes abzieht und die internationalen Gemeinschaft die gewonnenen Territorien als russisches Staatsgebiet anerkennt.
Was ist mit Putins Haftbefehl?
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag hat im März 2023 einen Haftbefehl gegen Putin wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit der Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland erlassen. Dieser Haftbefehl gilt formal in allen 123 Vertragsstaaten des Römischen Statuts. Die USA haben den Vertrag allerdings nicht unterzeichnet. Die USA sind somit völkerrechtlich nicht verpflichtet, den Haftbefehl zu vollstrecken.
Kommt es danach auch zu einem Treffen in Russland?
Der Kreml hat Trump im Anschluss an das geplante Treffen in Alaska zu einem Besuch nach Russland eingeladen. Präsidentenberater Uschakow erklärte, dass es «mit Blick auf die Zukunft nur natürlich» sei, dass das nächste Treffen der Präsidenten auf russischem Boden stattfinde. Eine entsprechende Einladung sei bereits an den US-Präsidenten verschickt worden.
Wie reagiert Selenski?
Selenski äusserte sich am Samstagmorgen auf X zu dem Gipfel. Die Ukraine sei bereit für echte Entscheidungen, die Frieden bringen könnten. «Entscheidungen gegen uns, Entscheidungen ohne die Ukraine, sind gleichzeitig Entscheidungen gegen den Frieden», schrieb Selenski weiter. Es brauche einen «Frieden, den die Menschen respektieren». Der Gipfel in Alaska sei «sehr weit weg von diesem Krieg, der auf unserem Land, gegen unser Volk tobt» und ohne die Ukraine ohnehin nicht beendet werden könne. Russland habe den Krieg begonnen und müsse ihn auch beenden.
Die Antwort auf die ukrainische Territorialfrage stehe in der Verfassung. Niemand werde davon abweichen. Selenski machte klar: «Die Ukrainer werden ihr Land nicht dem Besatzer schenken.» Man sei bereit mit Trump und den gemeinsamen Partnern für einen echten und vor allem dauerhaften Frieden zusammenzuarbeiten.
Ob es auch zu einem Treffen zwischen Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (47) kommen wird, ist weiter offen. Selenski hat ein solches Gespräch wiederholt gefordert und auch Trump betonte die Notwendigkeit direkter Gespräche auf höchster Ebene zwischen der Ukraine und Russland. Der Kreml machte jedoch stets deutlich, dass dafür zunächst Voraussetzungen geschaffen werden müssten. Diese Voraussetzungen beinhalteten oft aber Forderungen, denen die Ukraine nicht zustimmen will.
Bringt Selenski jetzt wieder Trump gegen sich auf?
Die unverblümte Ablehnung der Abgabe von Gebieten durch Selenski könnte den US-Präsidenten verärgern. Trump hatte zuletzt vor allem seine Unzufriedenheit mit Putin geäussert, sich in der Vergangenheit aber auch öfter über den ukrainischen Präsidenten geärgert. Etwa, als Selenski ihm im Weissen Haus öffentlich widersprach. Trump hatte die Ukraine in der Vergangenheit unter anderem dafür kritisiert, dass sie so hartnäckig an ihren Forderungen festhielt und «nicht bereit für den Frieden» sei.
Selenski argumentiert neben der verfassungsrechtlichen Lage auch oft mit dem Wille des Volkes. Die «New York Times» zitiert am Samstag aus einer aktuellen Umfrage des Internationalen Instituts für Soziologie in Kiew. Darin vertreten etwas mehr als die Hälfte der Ukrainer den Standpunkt, das Land dürfe «unter keinen Umständen» Land abtreten, «selbst wenn dies den Krieg verlängern und den Erhalt der Unabhängigkeit gefährden würde».
Die Unterstützung für Gebietsabtretungen ist jedoch seit der gescheiterten Gegenoffensive der Ukraine im Jahr 2023 gewachsen, schreibt die «New York Times» weiter. Laut der Umfrage halten momentan etwa 38 Prozent der ukrainischen Bevölkerung Landabtretungen für akzeptabel. Vor zwei Jahren waren es nur 10 Prozent.
Was sagen Experten?
Alexey Tikhomirov, Osteuropahistoriker an der Universität Bielefeld in Deutschland, sieht in dem Alaska-Gipfel einen «kalkulierten symbolischen Zug des Kremls», wie er «Focus» sagt. Dass Trump und Putin in dem US-Bundesstaat tagen würden, sei ein «geopolitisches Schachmatt an den Westen». Der Osteuropa-Kenner beurteilt den Zeitpunkt des Treffens auch mit der Lage an der Front in der Ukraine für günstig. «Russische Truppen behaupten ihre Offensivstellung und Putin glaubt an einen militärischen Durchbruch, der die vollständige Eroberung des Donbass ermöglichen kann.» Die jüngsten Proteste gegen Selenskis neues Antikorruptionsgesetz dürften Putin weiter bestärkt haben. Die russische Propaganda versuche daraus ein Symbol für «die schwindende Legitimität von Präsident Selenski» zu machen.
Trumps früherer Sicherheitsberater John Bolton (76) sagte bei CNN, er halte den Gipfel für «die anfängliche Vorbereitung für einen grossen Sieg für Putin». «Ich habe das Gefühl, dass sich die Lage sehr schnell in Richtung Russland entwickelt», fügte Bolton an. Aus Boltons Sicht werden Putin und Trump in Alaska diskutieren, welche Bedingungen sie Selenski anbieten werden. «Und es könnte gut sein, dass Selenski keine andere Wahl hat.»