Treffen mit Trump wird sein Jackpot
Warum Putin in Alaska den Tag des Sieges ausrufen wird

Beim Gipfel in Alaska dürfte ein Waffenstillstand in der Ukraine dank Geschenken von Trump tatsächlich näher rücken. Aber: Solche Zugeständnisse verleiten den Kreml zu weiteren Taten. Wir zeigen, was den Ukrainern und Europa nachher blühen könnte.
Publiziert: 17:09 Uhr
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Aktualisiert: 20:29 Uhr
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Hat sein Ziel wohl bald erreicht: Der russische Präsident Wladimir Putin.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

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Guido FelderAusland-Redaktor

Putin (72) hat Trump (79) im Sack. Der US-Präsident hat sich vom Kreml-Herrscher derart einseifen lassen, dass er den Forderungen aus Moskau praktisch eins zu eins nachgibt. Am Gipfel in Alaska am nächsten Freitag dürfte Wladimir Putin seinen Sieg über die Ukraine ausrufen können.

Zwar soll der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (47) nun doch zum Gipfel eingeladen werden. Doch schon jetzt steht fest, dass er nur als Statist auftreten wird. Mehr als Minihäppchen wird es für ihn bei der Gebietsbereinigung nicht geben.

Natürlich: Das Hauptziel der Verhandlungen wird ein Ende des russischen Blutvergiessens sein. Doch der Preis für die Ukrainer ist hoch. Putin will Russland nebst der 2014 annektierten Halbinsel Krim die seit 2022 eroberten Gebiete in der Ost- und Südukraine sowie auch die noch nicht besetzten Gebiete in den Oblasten Luhansk und Donezk einverleiben. Zudem fordert der russische Präsident einen Nato-Verzicht der Ukraine.

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Im Vorfeld der Konferenz werden in St. Petersburg Masken von Putin und Trump verkauft.
Foto: AFP

Ein paar Quadratkilometer zurück

Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, was Putin der Ukraine nebst einer Waffenruhe anbietet. Zur Diskussion steht – sozusagen als Zeichen des guten Willens – lediglich der Rückzug aus einzelnen Gebieten im Nordosten, konkret aus Teilen der Oblaste Charkiw und Sumy.

Dabei handelt es sich aber nur um begrenzte Flächen mit einzelnen Dörfern. Zum Vergleich: Die Russen halten mit einem Fünftel der Ukraine rund 120’000 Quadratkilometer besetzt, zurückgegeben würden nur einige Dutzend davon.

Europäer stehen hinter Kiew

Verständlich, dass Selenski mit einem solchen über seinen Kopf hinweg ausgehandelten Deal nicht einverstanden ist. Unterstützung erhält er von europäischen Verbündeten. In einer gemeinsamen Erklärung fordern Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Grossbritannien, Finnland und die EU-Kommission, dass die Russen zuerst die Waffen zum Schweigen bringen sollen, bevor über eine Friedenslösung diskutiert wird.

Doch der Einfluss der europäischen Unterstützer, die unter sich teilweise uneins sind und, wie jetzt wieder, ständig in neuen Bündnissen auftreten, ist relativ gering. Es sind vor allem die Waffenlieferungen und die Geheimdienstinformationen aus den USA, die der Ukraine helfen. Fallen diese weg, könnten auch die Europäer die Lieferungen einstellen.

Putin hat Hunger auf mehr

Sollten Trump und Putin den Deal abschliessen, würde der Ukraine kaum etwas anderes übrig bleiben, als nachzugeben. Es wäre ein Waffenstillstand, der aber noch lange nicht das Ende des Krieges bedeuten würde.

Das Institute for the Study of War (ISW) warnt davor, dass eine Gebietsabtretung von noch nicht besetzten Gebieten den Russen strategisch eine vorteilhafte Ausgangsposition verschaffen würde. Ausgangsposition wozu? Die Ukraine sowie auch zahlreiche europäische Staaten befürchten, dass Putin nach einer Verschnaufpause die Waffenruhe brechen und sich auf die Eroberung weiterer Gebiete machen könnte.

Das Ziel, so sagen viele Russland-Beobachter, sei die Wiederherstellung der ehemaligen Sowjetunion. So warnt der ukrainische Aussenminister Andrij Sybiha (50) auf X vor «Geschenken» an den Aggressor. Sybiha: «Jedes Zugeständnis wird zu weiterer Aggression führen.»

Grund für neuen Krieg

Sobald Putin die ukrainischen Gebiete offiziell als russisch beanspruchen kann, dürfte er schnell mit einem Vorwand für eine neue «militärische Spezialoperation» kommen. Einer liegt auf der Hand: Reparationsforderungen für die Schäden in «seinem» neuen Gebiet. In den zerstörten Regionen wird mit Wiederaufbaukosten in der Höhe von über einer halben Billion Dollar gerechnet. Weil weder die Ukraine noch andere Staaten zahlen werden, wird sich Putin den Tribut eintreiben wollen.

Es deutet viel darauf hin, dass der kommende Freitag für Putin zum Tag des Sieges wird. Es ist gleichzeitig der Tag der Niederlage für die Ukraine und auch für Trump. Denn erneut hat sich der vermeintliche Friedensstifter von Putin einlullen lassen, ohne dass er es gemerkt hat.

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