Darum gehts
Wenn sich Wladimir Putin (72) und Donald Trump (79) am Freitag in Alaska treffen, geht es in erster Linie um eines: das Ende des Blutvergiessens, das bisher über 200’000 Menschenleben gefordert hat. Doch der Preis für die Ukrainer dürfte hoch sein. Um die Russen zu einer Waffenruhe zu bewegen, müssen sie wohl den grössten Teil der eroberten Gebiete den Russen überlassen.
Aber auch wenn am Freitag über die Köpfe der betroffenen Ukrainer hinweg eine Waffenruhe mit Gebietsabtausch beschlossen würde, wäre ein Frieden noch weit weg. Es bleiben noch viele Fragen ungeklärt, die Potenzial für weitere Gewalt in sich haben. Blick erklärt die fünf Gründe, warum das Treffen sogar zu einem neuen Konflikt führen könnte.
Wer garantiert für die Sicherheit?
Zur Sicherung der Grenze braucht es eine Friedenstruppe, die von beiden Seiten akzeptiert werden muss. Die Lösung ist nicht einfach. Die Truppe müsste idealerweise unter der Schirmherrschaft der Uno aus Soldaten zusammengesetzt werden, die aus Ländern stammen, die sich im Krieg auf keine Seite geschlagen haben. Dazu zählen etwa Indien, Nepal, Südafrika und Brasilien.
Präsident Wolodimir Selenski (47) fordert zudem Sicherheitsgarantien von andern Staaten. Sie sollen Kiew zu Hilfe eilen, falls es zu neuen Aggressionen kommt. Staaten wie Frankreich, Deutschland, Spanien, Schweden und die Niederlande stehen bereit. Westliche Truppen im Nachbarland? Für Putin eigentlich ein rotes Tuch.
Wer zahlt für die Schäden?
Die Schäden des Krieges in der Ukraine sind enorm. Im Februar hat eine Studie mit Uno-Beteiligung die Kosten für den Wiederaufbau auf 524 Milliarden Dollar berechnet. Die grössten Schäden gibt es in jenen ukrainischen Gebieten, die Russland besetzt hat und die es für sich beansprucht.
Hier muss man damit rechnen, dass Moskau an die Ukraine und deren Verbündete Reparationsforderungen stellen wird, da ja Infrastruktur auf «russischem Gebiet» zerstört worden sei. Möglich ist zudem, dass auch Forderungen für Schäden kommen werden, welche die Ukrainer mit westlichen Waffen in Russland selber angerichtet haben. Was, wenn niemand zahlt?
Wie holt man Russland zurück ins Boot?
Das Vertrauen in die russische Regierung ist weg und kann so schnell nicht wiederhergestellt werden. Dennoch werden sich der Westen und Russland langsam wieder annähern müssen. Erst wenn sich zeigt, dass sich Moskau an die Waffenruhe hält und – entgegen den Befürchtungen europäischer Regierungen – auf weitere Aggressionen verzichtet, würden die Sanktionen heruntergefahren.
Parallel dazu braucht es Verhandlungen, die von sich neutral verhaltenden Ländern wie der Türkei geführt werden könnten. Sobald die politische Lage stabiler wäre, könnte auch eine wirtschaftliche Zusammenarbeit wieder angegangen werden. Eine weitere Chance für einen Neustart der Beziehungen zum Westen würde sich bieten, wenn es einen Wechsel an der russischen Staats- und Regierungsspitze gäbe.
Was passiert mit den eingefrorenen Geldern?
Weltweit sind rund 300 Milliarden Euro an russischen Vermögenswerten eingefroren, die mehrheitlich der russischen Zentralbank und sanktionierten Oligarchen gehören. Zur Diskussion steht, sie Kiew für den Wiederaufbau zu überlassen. Der deutsche Kanzler Friedrich Merz (69) sagt: «Russland muss für den Schaden aufkommen. Bis das geschehen ist, wird Russland keinen Zugang zu den eingefrorenen russischen Vermögenswerten erhalten.»
Im Herbst soll in den USA die Superjacht «Amadea» des sanktionierten Oligarchen Suleiman Kerimow (59) versteigert werden. Ihr Wert beträgt über 300 Millionen Dollar. Doch eine Enteignung der Vermögenswerte ist juristisch und völkerrechtlich sehr heikel, da ja unklar ist, wie stark der Eigentümer wirklich in den Krieg involviert war. Man kann sicher sein, dass Putin dieses Geld nicht kampflos aufgibt.
Wird die Ukraine Mitglied von Nato und EU?
Die westlichen Bündnisse sind Putin ein Dorn im Auge. Für eine Waffenruhe fordert er unmissverständlich, dass die Nato Kiew eine Absage erteilt. Diese Forderung dürfte Trump unterstützen, weil er ja möglichst schnell Frieden herbeiführen will.
Konfliktpotenzial könnte aber das Ziel des EU-Beitritts bergen. Der aktuelle Status als Beitrittskandidatin ist vom Kreml zwar toleriert, aber nicht gerngesehen, weil er nicht noch mehr direkte Grenzen zur EU will.
Doch so schnell wird die Ukraine sowieso nicht EU-Mitglied: Bis die von Brüssel geforderte Rechtsstaatlichkeit hergestellt und die Korruption beseitigt ist, dürfte es noch Jahre dauern.