Darum gehts
- Russland droht wiederholt mit Atomwaffen, setzt sie aber nicht ein
- Putin änderte nukleare Doktrin, senkt Schwelle für atomare Vergeltung
- Satellitenbilder zeigen: Fünf russische Nuklearbasen mit verstärkten Bauarbeiten
Kremlsprecher Dimitri Peskow (57) hat die Ukraine-Unterstützung europäischer Länder am Mittwoch stark kritisiert und mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Wieder einmal zieht der Kreml die Atomkarte. Und wieder einmal wird nichts passieren.
Immer wieder drohten russische Akteure seit Kriegsbeginn der Ukraine und dem Westen mit dem Einsatz von nuklearen Geschossen. Wahr wurden diese Drohungen bislang glücklicherweise nicht. Ganz untätig ist man im Reich von Kremlchef Wladimir Putin (72) aber auch nicht. Womit der Kreml in der Vergangenheit schon drohte – und welche Schritte Moskau wirklich in Richtung Atomschlag unternommen hat.
Februar 2022
Putin versetzt direkt nach dem Überfall auf die Ukraine die nuklearen Streitkräfte in «Sonder-Kampfeinsatzbereitschaft».
Anfang März 2022
Bei einer Rede im Kreml droht Putin: «Egal, wer versucht, sich uns in den Weg zu stellen ... Er muss wissen, dass Russland sofort reagieren wird und die Folgen so sein werden, wie ihr sie in Ihrer gesamten Geschichte noch nie erlebt habt.»
September 2022
Putin verkündet bei der Zeremonie zur Annexion der vier ukrainischen Landesteile, dass Russland alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen werde, um die vier annektierten ukrainischen Gebiete zu verteidigen. Sicherheitsrats-Vize Dmitri Medwedew (59) geht auf Telegram und in den russischen Staatsmedien sogar noch einen Schritt weiter und spricht von «allen russischen Waffen, einschliesslich strategischer Atomwaffen». Im weiteren Verlauf des Herbstes reduziert Russland nach internationalem Druck die nukleare Rhetorik.
März 2023
Russland und Belarus unterzeichnen ein Abkommen zur Stationierung taktischer Atomsprengköpfe in dem Satellitenstaat. Putin vergleicht die Massnahme mit der Nato-Nuklear-Teilhabepraxis, wonach Atomwaffen in verbündeten Staaten stationiert sind.
Juli 2023
Medwedew warnt explizit, dass Russland Atombomben einsetzen würde, wenn ukrainische Gegenoffensiven unter Nato-Schutz erfolgreich verlaufen würden.
September 2024
Putin startet eine umfassende Revision der nuklearen Doktrin. Atomwaffen könnten nun auch bei konventionellen Angriffen mit westlicher Unterstützung eingesetzt werden. Ferner wird Belarus unter Russlands nuklearen Schutz gestellt.
November 2024
Der neue Text der Doktrin tritt in Kraft. Die Schwelle für eine atomare Vergeltung bei ukrainischen Angriffen ist jetzt niedriger.
März 2025
Kremlsprecher Peskow bestätigt, dass ukrainische Angriffe mit westlichen Langstreckenwaffen nach der neuen Doktrin eine nukleare Antwort auslösen könnten. Das schreibt die Nachrichtenagentur AP.
Mai 2025
In einer Dokumentation des russischen Staatssenders Rossija-1 äussert Putin die Hoffnung, keine Atomwaffen in der Ukraine oder gegen den Westen einsetzen zu müssen.
Juli 2025
Putin-Propagandist Wladimir Solowjow (61) droht den USA und Grossbritannien im russischen TV mit dem Einsatz der Unterwasserdrohne Poseidon, die per Atomexplosion eine bis zu 500 Meter hohe Flutwelle erzeugen können soll. Solche Drohungen werden im russischen Staatsfernsehen seit Kriegsbeginn laufend geäussert. Schon 2022 waren renommierte europäische Nuklear-Experten im Gespräch mit Blick aber skeptisch, was die angebliche Wunderwaffe anbelangt.
Gleichzeitig erinnert Kremlsprecher Peskow an die umgeschriebene russische Atomdoktrin. Dort sei eindeutig festgehalten, dass das «Anstiften» nichtatomarer Staaten zu feindlichen Handlungen gegen Russland durch Atommächte als Aggression gelte. Ausserdem erscheint ein Bericht des «Business Insider», wonach Satellitenbilder verschärfte Bauarbeiten an fünf russischen Nuklearbasen, unter anderem auch in der Exklave Kaliningrad, zeigen. Ein Hinweis auf militärische Eskalationsbereitschaft?