Das bedeutet eine Veränderung im Leitzins für dich
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Blick erklärt:Das bedeutet eine Veränderung im Leitzins für dich

Nullzinsen sind da!
Was der Zinsschritt für Hauseigentümer, Mieter, Sparer und Konsumenten bedeutet

Die Nationalbank hat den Leitzins zum sechsten Mal in Folge gesenkt – nun liegt er bei 0 Prozent. Was die Nullzinsen für die Bevölkerung in der Schweiz bedeuten.
Publiziert: 10:20 Uhr
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Aktualisiert: 10:55 Uhr
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Die Nationalbank senkt den Leitzins auf 0 Prozent.
Foto: Philippe Rossier

Darum gehts

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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat am heutigen Donnerstag den Leitzins um 25 Basispunkte auf neu 0 Prozent gesenkt. Die Zinssenkung gilt ab morgen Freitag. Die SNB will damit das Gespenst der Deflation – auf breiter Front sinkende Preise – vertreiben. Diese Gefahr hat sich in der Einschätzung der Nationalbank seit der letzten geldpolitischen Lagebeurteilung noch verschärft.

In den Worten von Martin Schlegel (48) klingt das dann so: «Der Inflationsdruck ist gegenüber dem Vorquartal zurückgegangen.» Der SNB-Präsident weiter: «Mit der heutigen Lockerung unserer Geldpolitik wirken wir dem tiefen Inflationsdruck entgegen.» Ganz offensichtlich befürchtet die SNB, dass die Teuerung ohne diese Zinssenkung noch stärker ins Negative kippen könnte. Im Mai lag die Teuerung in der Schweiz bei minus 0,1 Prozent.

Nun stehen also die Negativzinsen definitiv vor der Tür. Hausbesitzer dürfen sich einmal mehr freuen, wenn auch nur bedingt. Selbst Sparer können ein bisschen frohlocken, die Mieter haben das Nachsehen. Die Auswirkungen des Zinsschritts im Überblick.

Was bedeutet der Zinsentscheid für Eigenheimbesitzer?

Wer sein Haus oder seine Wohnung über den Geldmarkt finanziert, also Saron-Hypotheken abgeschlossen hat, wohnt nochmals ein Stück billiger. Ab Freitag sinken die Kosten für Saron-Hypotheken erneut. Allerdings sollte er oder sie sich mal mit der Bank unterhalten und sich überlegen, den Zinsvorteil mit einer kurz- bis mittelfristigen Festhypothek abzusichern. Denn viele Banken liebäugeln mit einer Erhöhung der Marge auf Saron-Hypotheken, was den Zinsvorteil zu einem Teil gleich wieder auffressen könnte. «Der Cocktail aus verschärften Bestimmungen, weniger Geld im System und geringeren Wachstumsmöglichkeiten dürfte in nächster Zeit zu einem Anstieg der Margen bei den Hypotheken führen», bestätigte der Immobilienexperte Donato Scognamiglio (55) kürzlich im Blick.

Wenig dürfte sich für auf Sicherheit bedachte Hypothekarschuldner ändern. Denn in den Preisen für Festhypotheken ist auch diese Zinssenkung bereits eingepreist. Allerdings hat sich am Hypothekarmarkt eine Schere zwischen kurz- und mittelfristigen Festhypotheken und langfristigen aufgetan, die Zinskurve ist steiler geworden. Die kürzeren Laufzeiten sind auf den tiefsten Stand seit 2022 gefallen. Wer sich hingegen sehr langfristig absichern möchte, zahlt immer noch etwas mehr als noch zu Jahresbeginn.

Was haben Hauskäufer und -verkäufer vom Zinsentscheid?

Dank der nochmals tieferen Zinsen wird der Kreis derjenigen, die sich ein Eigenheim noch leisten können, zwar wieder etwas grösser. Was allerdings gleichzeitig die Nachfrage erhöht und die Preise wieder antreibt. Das ist auch eine gute Nachricht für Verkäufer: Steigt die Nachfrage, können sie ihre Preisvorstellungen eher durchsetzen und müssen etwas weniger lang auf den Kaufabschluss warten. Klar bleibt: Je tiefer die Zinsen sind, desto vorteilhafter wird Kaufen statt Mieten. Auch wenn sich Jüngere das Kaufen immer weniger leisten können.

Profitieren auch die Mieterinnen und Mieter?

Nein. Denn die Anfang März erfolgte Senkung des Referenzzinssatzes für Wohnen, der massgeblich ist für die Mieten in der Schweiz, dürfte auf absehbare Zeit die letzte gewesen sein. Im Juni verharrte der Wert bei 1,5 Prozent. Erst wenn die Zinsen in den negativen Bereich drehen, könnte der Referenzzinssatz schneller sinken. Ursina Kubli (45), Leiterin Immobilien-Research der Zürcher Kantonalbank, sagte im Blick: «Wir sind zuversichtlich, dass Ende 2025 der Referenzzinssatz sinken könnte.» Immerhin: Mieterhöhungen aufgrund steigender Zinsen sind auch in weiter Ferne.

Was bedeutet die Zinssenkung fürs Ersparte?

Das Geld aufs Sparkonto zu legen, gibt finanzielle Sicherheit, eine – auch wenn noch so kleine – Rendite liegt im Moment sogar bei einem Leitzins von null drin. Denn die Teuerung ist im Mai ins Negative gekippt und liegt bei minus 0,1 Prozent. Im Schnitt lagen die Sparzinsen in der Schweiz vor dem Zinsschritt bei 0,2 Prozent – und damit deutlich über der Inflationsrate. Mit der erneuten Zinssenkung werden die Sparzinsen aber weiter fallen. Immerhin: «Aus Sicht der Sparer ist der Nullzins gar nicht so schlecht. Unter null können die Banken bei den Sparzinsen nicht gehen, und die Gebühren können sie aus Wettbewerbsgründen nicht einfach erhöhen», erklärt der Ökonom Adriel Jost (40).

Wer Rendite höher gewichtet als Sicherheit, muss sich schon länger nach Alternativen umsehen. Eine Option wären zum Beispiel Schweizer oder europäische Aktien, die im Moment immer noch besser performen als US-Titel.

Was bedeutet die Zinssenkung für die Konsumenten?

Sinken die Preise, sinken auch die Zinsen. Denn ein zu starker Rückgang der Teuerung ist der SNB ein Gräuel, ihr Ziel heisst Preisstabilität. Das heisst eine Teuerung im Zielband zwischen 0 und 2 Prozent. Dieses Zielband hat die Teuerung im Mai verlassen. Sie wäre ohne die bisherigen Zinssenkungen der Nationalbank wohl noch negativer. Besonders ins Gewicht fallen die Importgüter, die sich im Mai nochmals deutlich verbilligt haben. Denn wegen der anhaltenden Dollarschwäche wird es für die Schweiz immer billiger, Rohstoffe zu importieren. Und auch im Inland steigen die Preise nur noch wenig an.

Der starke Franken ist eine gute Nachricht für alle, die im Sommer ins Ausland verreisen. Die Ferien werden etwas billiger – und es nicht davon auszugehen, dass der Franken wegen der Zinssenkung gross an Wert verlieren wird. Dagegen ist er seit Mitte 2023, als die Senkungen begonnen haben, mehr oder weniger immun.

Was hat die Wirtschaft von der Zinssenkung?

Der starke Franken ist zwar bei der Exportindustrie ein Dauerbrenner, doch im Moment halten sich viele Firmen wegen der US-Zollpolitik mit Investitionen zurück. «Seit dem ‹Liberation Day› am 2. April haben wir fast keine Aufträge mehr bekommen», sagte Christian Holzgang (50), Geschäftsführer der Maschinenbauerin Amsonic KKS-Group, am Industrietag zu Blick. Viel Schub darf die Wirtschaft von der jüngsten Zinssenkung nicht erwarten, dafür ist die allgemeine Verunsicherung in der Weltwirtschaft zu gross.

Sinken die Zinsen weiter?

Nein, ist man nach jeder Zinssenkung versucht zu sagen. Doch die Zinspause ist bis jetzt ausgeblieben. Zudem hat sich die Schweiz zwischen 2015 und 2022 an Negativzinsen gewöhnen können. Auch wenn diese niemand mag – nicht einmal die SNB –, dürften sie schon bald wieder Realität werden.


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