Unsichere Zeiten und US-Zölle – Chefs von Schweizer Tech-Firmen schlagen Alarm
«Seit dem Liberation Day haben wir fast keine Aufträge mehr»

Die Patrons machen sich grosse Sorgen. Seit Zollzampano Donald Trump die ganze Welt verunsichert, brechen Aufträge weg und geht viel Energie verloren. Was gegen die Sorgen der Techbranche helfen könnte.
Publiziert: 11.06.2025 um 00:05 Uhr
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Aktualisiert: 11.06.2025 um 10:00 Uhr
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Getrübte Stimmung am Swissmem-Industrietag am Dienstag: Es fehlt an allen Ecken an Aufträgen.
Foto: Kim Niederhauser

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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Für die Lernenden nahm sich der Wirtschaftsminister an diesem Dienstag am Industrietag in Bern viel Zeit. Fast eine Stunde lang stellte sich Bundesrat Guy Parmelin (65) den Fragen von rund 70 Nachwuchskräften aus der Industrie. Es ging um die Weiterentwicklung der Lehre, Austauschsemester in den USA oder ihre eigenen Zukunftsaussichten. Diese sind beim aktuellen Fachkräftemangel gut – und werden es bei der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft auch auf lange Sicht bleiben.

Ganz anders die unmittelbare Zukunft der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. Die Tech-Industrie, wie sie sich neuerdings nennt, blickt auf acht negative Quartale zurück – und die Aussichten sind alles andere als rosig, wie der Wirtschaftsminister im Gespräch mit den Patrons am Industrietag feststellen musste: «Die Zeiten sind unangenehm für die Industrie», so Parmelin. «Es gibt viele Turbulenzen und Unsicherheiten.»

Parmelin weiter: «Dazu gehören die Zölle in den USA, aber auch in Europa ist vieles unsicher. Länder wie Deutschland, die zu unseren Hauptkunden gehören, haben auch ihre Schwierigkeiten.»

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Wirtschaftsminister Guy Parmelin im Gespräch mit Lernenden aus Industriefirmen.
Foto: Kim Niederhauser

Löcher in den Auftragsbüchern

Wie kann der Bund helfen? Die Verhandlungen mit den USA laufen, aber irgendein Abkommen, das nach ein paar Wochen wieder über den Haufen geworfen wird, will die Schweiz nicht: «Wir suchen eine gute und stabile Lösung, die für beide Seiten einen Gewinn bringt», so Parmelin im Gespräch mit Blick.

Während die Schweiz verhandelt, muss das Geschäft für die Firmen weiter laufen. Keine leichte Aufgabe, wie Christian Holzgang (50) eingesteht: «Seit dem ‹Liberation Day› am 2. April haben wir fast keine Aufträge mehr bekommen. Dabei müssten wir jetzt die Auftragsbücher für den Herbst und das kommende Jahr füllen», sagt der Geschäftsführer der Amsonic KKS-Group mit Sitz in Steinen SZ.

Das KMU mit 200 Angestellten produziert Präzisionsreinigungs- und Oberflächenbearbeitungsanlagen für die Pharma- und Medtech-Branche. Die Firma stand kurz vor einem grossen Geschäftsabschluss, als der Kunde aus dem Ausland die Zustimmung zurückzog, weil unklar sei, wie viel Zoll die Firma in den USA bezahlen müsse. «Es geht ja nicht nur um die Zölle für Schweizer Firmen», erklärt Holzgang. «Auch die Verunsicherung der Kunden wegen ihrer Zollsituation macht uns zu schaffen.»

Das Schlimmste, was jetzt passieren könnte: «Die Zollsituation könnte erst in einem Jahr oder später geklärt sein. Dann hätten wir die gleiche Situation wie nach Corona. Erst bestellt niemand, dann alle auf einmal», so Holzgang. Mit den entsprechenden Folgen für die Lieferketten.

Verheissungsvolles Indien

Es sind schwierige Zeiten für Anlagenbauer. Für sogenannte Investitionsgüter mag derzeit niemand viel Geld aufwerfen, zu unsicher ist, wie es wirtschaftlich weitergeht. Das gilt auch für Mikron aus Langenthal BE. «Wir kämpfen damit, dass die Zukunft nicht mehr planbar ist. Jeden Monat kommen neue Unwägbarkeiten dazu», sagt CEO Marc Desrayaud (59). «Das raubt uns viel Energie.» Immerhin: Mikron produziert auch in den USA und kann aufgrund ihrer konkurrenzlosen Maschinen, den Grossteil der Zölle auf die Kunden abwälzen. Sofern diese überhaupt bestellen.

Der Lichtblick am Industrietag: Die Show des indischen Handelsministers Piyush Goyal (60) hat viele Teilnehmende trotz düsteren Aussichten zum Lachen gebracht. Er pries sein Land mit dem grössten Binnenmarkt der Welt und vielen jungen Arbeitskräften in den höchsten Tönen.

Auch wenn Freihandelsabkommen nicht alle Sorgen beseitigen können, so erkennt Eva Jaisli (66), Präsidentin des Werkzeugmachers PB Swiss Tools aus Wasen BE, viel Potenzial im Deal mit Indien: «Wir mussten in Indien unverschämt hohe Zölle von 22 Prozent auf unsere Werkzeuge bezahlen. Wenn diese nun grossmehrheitlich wegfallen, dann ist das für uns vielversprechend.» Deshalb ist Jaisli zuversichtlich, den Marktanteil in Indien ausbauen zu können.

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