Darum gehts
- Zinsentscheidungen der wichtigsten Notenbanken im September stehen an
- Unsicherheit durch Trumps Zollpolitik beeinflusst Zinsentscheidungen der Notenbanken
- SNB könnte Zinsen im Dezember um 0,5 Prozentpunkte senken
Nach dem Sommer kommt der Zinsherbst. Im September werden die wichtigsten Notenbanken – die US-Notenbank Fed, die Europäische Zentralbank (EZB) und die Schweizerische Nationalbank (SNB) – darüber entscheiden, wie es an der Zinsfront weiter gehen soll.
Die Ausgangslage scheint relativ klar: Die Zoll- und Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump (79) hat das Potenzial, die Weltwirtschaft in arge Turbulenzen zu stürzen. Was über kurz oder lang zu Zinssenkungen – und in der Schweiz zu Negativzinsen – führen müsste.
Doch so einfach ist es nicht. Wer weiss schon wirklich, welcher Zoll denn nun genau in den kommenden Wochen für Einfuhren in die USA gelten wird? Das ist nicht von ökonomischen Faktoren abhängig, sondern von den trumpschen Launen. Also, ob der US-Präsident mit dem falschen Fuss aufgestanden ist oder einen schlechten Golftag eingezogen hat.
Zudem hat ein US-Gericht Trump die Befugnis abgesprochen, unter Berufung auf ein Notstandsgesetz weitreichende Zölle auf Importprodukte zu verhängen. Trump dürfte diese Entscheidung vor dem Supreme Court anfechten, wo die konservativen Richter in der Mehrheit sind.
Was heisst das für die Schweiz: Die Verhandlungen mit den USA dürften sich verkomplizieren. «Der Bundesrat sollte im Moment keine verbindlichen Verträge abschliessen», sagt Ex-Spitzendiplomat Thomas Borer (68) zu Blick.
Wen treffen die Zölle?
Die Unsicherheiten werden nicht kleiner. In den Tagen nach dem ersten August mit dem Zollhammer von 39 Prozent war für die meisten Ökonomen klar: Das kommt nicht gut für die Schweizer Wirtschaft, die Gefahr einer Rezession ist gross. Deshalb gingen viele davon aus, dass die SNB im September, spätestens im Dezember die Zinsen in den negativen Bereich senken wird.
Nun hat sich der Pulverdampf etwas verzogen. Wirtschaftspolitisch unternimmt die Schweiz alles, um doch noch zu einem Deal zu kommen und die Zölle auf vielleicht 15 Prozent runter zu handeln. Zudem ist die wichtigste Exportbranche – die Pharmaindustrie – bislang von Zöllen verschont geblieben. Und in der Maschinenindustrie treffen die Zölle die einzelnen Firmen ganz unterschiedlich.
Gebannt wird die Finanzwelt am 16. und 17. September nach Washington, D.C. blicken. Die bange Frage: Hält er stand oder knickt er ein? Er, das ist Jerome Powell (72), der Chef der US-Notenbank Fed. Seit Monaten hat sich der US-Präsident auf ihn eingeschossen. Trump will unbedingt eine Zinssenkung, Powell leistet erbitterten Widerstand. «Es ist eine Frage der Zeit, bis Powell einknicken wird», sagt Reto Huenerwadel (58), Anlagechef der Hypothekarbank Lenzburg. «Allerdings wird er das als eine Normalisierung der Zinspolitk verkaufen und nicht als ein Nachgeben gegenüber Trump.» Der Ökonom Adriel Jost (40) dagegen warnt: «Die Verpolitisierung der US-Geldpolitk ist extrem dramatisch. Das rüttelt an den Grundfesten des internationalen Finanzsystems.» Powells Amtszeit endet im Mai 2026. Er muss sich also nicht zwingend dem Druck aus dem Weissen Haus beugen und kann die bewährte Unabhängigkeit der Notenbank verteidigen.
Gebannt wird die Finanzwelt am 16. und 17. September nach Washington, D.C. blicken. Die bange Frage: Hält er stand oder knickt er ein? Er, das ist Jerome Powell (72), der Chef der US-Notenbank Fed. Seit Monaten hat sich der US-Präsident auf ihn eingeschossen. Trump will unbedingt eine Zinssenkung, Powell leistet erbitterten Widerstand. «Es ist eine Frage der Zeit, bis Powell einknicken wird», sagt Reto Huenerwadel (58), Anlagechef der Hypothekarbank Lenzburg. «Allerdings wird er das als eine Normalisierung der Zinspolitk verkaufen und nicht als ein Nachgeben gegenüber Trump.» Der Ökonom Adriel Jost (40) dagegen warnt: «Die Verpolitisierung der US-Geldpolitk ist extrem dramatisch. Das rüttelt an den Grundfesten des internationalen Finanzsystems.» Powells Amtszeit endet im Mai 2026. Er muss sich also nicht zwingend dem Druck aus dem Weissen Haus beugen und kann die bewährte Unabhängigkeit der Notenbank verteidigen.
Negativzinsen zu Weihnachten ...
Es kann hart werden, muss aber nicht, zumal die Binnenkonjunktur die Wirtschaft noch recht gut stützt. Das heisst, im Moment spricht noch nicht allzu viel für eine weitere Zinssenkung der SNB. Dazu kommt ein weiterer Effekt: «Am Ende eines Zinssenkungszyklus ist es immer schwieriger, Prognosen zu machen», sagt Reto Huenerwadel (58), Anlagechef der Hypothekarbank Lenzburg. Auf die Frage, ob die SNB schon am 25. September die Zinsen senken wird, zögert er lange: «Darauf würde ich im Moment nicht wetten, für realistischer halte ich eine Zinssenkung erst im Dezember – wenn die SNB sich in den Dienst der Schweizer Wirtschaft stellt.» Das hiesse dann: Negativzinsen zu Weihnachten!
Ähnlich argumentiert Karsten Junius (57), Chefökonom von J. Saffra Sarasin. «Zu einer Zinssenkung wird es erst im Dezember kommen, sollte es mit der Wirtschaft wirklich bachab gehen. Wäre die SNB dann zum Handeln gezwungen, müsste sie einen grossen Zinsschritt machen – und die Zinsen gleich um einen halben Prozentpunkt senken.»
... oder doch nicht?
Es gibt aber auch andere Stimmen, die darauf wetten, dass die Nationalbank die Füsse still halten und nicht an der Zinsschraube drehen wird. «Wir erwarten in den kommenden Quartalen die Leitzinsen bei 0 Prozent», schreiben die Ökonomen der UBS. Das sieht auch Chefökonom Brian Mandt (55) von der Luzerner Kantonalbank so: «Es gibt keine stichhaltigen Gründe für eine Zinssenkung.»
Relativ entspannt dürfte Christine Lagarde (69) der nächsten Zinssitzung der Europäischen Zentralbank am 11. September entgegenschauen. Die EZB hat die Zinsen bereits deutlich nach unten gebracht, deswegen besteht kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Im Juli hatte die EZB-Chefin bereits angedeutet, dass es im September eine Zinspause geben könnte. Damit rechnen auch die Märkte. Lagarde kann, muss die Zinsen aber nicht senken.
Relativ entspannt dürfte Christine Lagarde (69) der nächsten Zinssitzung der Europäischen Zentralbank am 11. September entgegenschauen. Die EZB hat die Zinsen bereits deutlich nach unten gebracht, deswegen besteht kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Im Juli hatte die EZB-Chefin bereits angedeutet, dass es im September eine Zinspause geben könnte. Damit rechnen auch die Märkte. Lagarde kann, muss die Zinsen aber nicht senken.
Adriel Jost (40), hatte im Juni die Zinssenkung der SNB kritisiert. Er verwies damals auch auf die Argumentation der Schweizer Währungshüter hinsichtlich weiterer Zinsschritte. «Die Nationalbank hat betont, dass eine tiefe Teuerung nicht automatisch zu einer weiteren Zinssenkung führen muss. Dazu müsste etwas Gröberes passieren, also etwa ein deutlicher Einbruch des Wirtschaftswachstums», sagte er im Interview.
Der Einbruch ist bislang ausgeblieben – und gemäss der jüngsten Prognose des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO auch nicht in Sicht. Zudem: «Die Exporteure wollen sich nicht auch noch mit den Auswirkungen von Negativzinsen herumschlagen müssen», führt Jost ein letztes Argument gegen die allzu schnelle Wiedereinführung der Negativzinsen ins Feld.