Im Schatten der Furrer-Tragödie endete eine grosse Karriere
«An der Startlinie hat es mich richtig durchgeschüttelt»

Für Para-Legende Heinz Frei (66) hätte die Rad-WM in Zürich ein Abschied auf der ganz grossen Bühne werden sollen. Doch plötzlich war auch dieser nicht mehr wichtig. Rückblickend wird klar, wie schwierig dieser letzte Samstag auch für den Handbiker war.
Publiziert: 03.10.2024 um 11:42 Uhr
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Aktualisiert: 03.10.2024 um 12:10 Uhr
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Hartes letztes Rennen: Völlig unterkühlt erreichte Heinz Frei bei der Rad-WM in Zürich zum Abschied das Ziel.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Das Ende der grossen Karriere von Heinz Frei wurde überschattet
  • Er bestritt einen Tag nach dem tragischen Tod von Muriel Furrer das Rennen
  • Mit etwas Abstand sprach Frei nochmals über den schwierigen Tag
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Simon StrimerReporter & Redaktor Sport

Ob es Tränen waren, erkannte man nicht mehr. Rot waren die Augen des durchnässten, ausgekühlten und in Wärmefolien gewickelten Handbikers Heinz Frei (66) im Ziel nur schon aufgrund der garstigen Bedingungen auf den Zürcher Strassen. Und dann stand an diesem verregneten letzten Samstag an der Rad-WM alles im Zeichen der Tragödie um die verunfallte Muriel Furrer (†18), die am Vortag den Kampf ums Leben verloren hatte.

An diesem dunklen Tag geriet völlig in den Hintergrund, dass gerade die lange Karriere des erfolgreichsten Schweizer Para-Sportlers aller Zeiten zu Ende gegangen war. Frei ist Pionier des Rollstuhlsports, 112-facher Marathonsieger, Ehrenbürger der japanischen Stadt Oita und 15-facher Goldmedaillengewinner in drei verschiedenen Sportarten an den Paralympics. Seit den Sports-Awards 2020 ist er offiziell der beste Schweizer Para-Athlet der letzten 70 Jahre. Auch ihn haben die vergangenen Tage sehr berührt. Mit etwas Abstand schaut er im Gespräch mit Blick darauf zurück.

«Bei der Schweigeminute an der Startlinie hat es mich richtig durchgeschüttelt», erinnert sich Frei. «Ich will darum meinen Abschied auch nicht an die grosse Glocke hängen», sagt er. Das Durchschütteln an der Startlinie war erst der Anfang eines zähen Kampfs der Handbiker im Regen am vergangenen Samstagmorgen über 58 km.

Frei erzählt: «Ich habe am Anfang eine sehr gute Gruppe erwischt, aber die Abfahrt hat mich ausgekühlt. Ein Déjà-vu für mich.» Aufgrund seiner Querschnittslähmung ab Brusthöhe könne seine Muskulatur das Blut nur im Teil oberhalb aufwärmen. «In Los Angeles habe ich deswegen einst schon einen Marathon bei Kilometer 30 aufgeben müssen – aber weil es mein letztes Rennen war, war es mein Ehrgeiz, es zu beenden.»

Bleiben Freis Räder nun stehen? Natürlich nicht

Gesagt, getan. Frei kämpfte sich durch. Der 66-Jährige wurde zum Abschied 16. von 22 Gestarteten. «Nach dem Rennen habe ich einfach nur gezittert, bis das Blut wieder aufgewärmt war», erzählt er. So endete eine Ära im Para-Sport. Frei wird auch dankbar sein, dass er vor drei Jahren schon das «Rennen seines Lebens» zeigen konnte. Bei den Paralympics 2021 in Tokio holte er als 63-Jähriger Silber.

Und jetzt, im Sportler-Ruhestand, werden die Räder bei Frei alles andere als still stehen. «Freude am Fahren habe ich noch lange. Die erste Stunde des täglichen Trainings wird bleiben, das ist meine Altersvorsorge», erklärte er Blick schon vor dem Abschiedsrennen. Und: «Ich habe meinen Kollegen versprochen: Wenn ich ab und an noch ein Hausecken-Rennen fahre, gebe ich ihnen die Chance, mich auch noch zu besiegen.»

Im Jahr 1978 erlebte Frei als 20-Jähriger bei einem Berglauf seinen verhängnisvollen Sturz, der zu seiner Querschnittslähmung führte. Fast 50 Jahre später blickt er auf eine glanzvolle Spitzensportkarriere zurück – die zum Abschluss in Zürich nochmals eine riesige Prüfung bereitgehalten hat. So sagt Frei, als er wieder aufgewärmt ist: «Irgendwann wird für mich dann im Vordergrund sein, dass ich mit 66 nochmals eine WM gemacht habe.»

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