Darum gehts
- YB in Europa League auf Kurs, nationale Vorrundenbilanz ist desaströs
- Gerardo Seoane als Trainer unter Druck, Leistung schlechter als unter Vorgänger
- YB liegt 11 Punkte hinter Spitzenreiter Thun in der Meisterschaft
Die gute Nachricht zuerst: International hat YB den Job gemacht. Die Berner haben sich gegen Slovan Bratislava souverän für die Europa League qualifiziert. Dort sind sie wohl zweimal gegen die Griechen abgeschifft und haben zweimal vier Gegentore kassiert. Aber mit drei Siegen, darunter dem grossen gegen das französische Spitzenteam Lille, liegen sie auf Kurs Playoffs. Es braucht noch einen Dreier gegen Lyon oder Stuttgart – dann ist man durch.
Die schlechte Nachricht: Die nationale Vorrundenbilanz von YB ist ein ziemliches Desaster.
YB scheidet im Cup, der eines der erklärten Saisonziele war, früh gegen Zweitligist Aarau aus. Und die Fans der Berner sorgen danach für den ersten von zwei grossen Schand-Auftritten. (Der zweite ereignet sich in Birmingham beim Spiel gegen Aston Villa). Und in der Meisterschaft liegt man 11 Punkte hinter Spitzenreiter (und Kantonsrivale, was besonders schmerzt) Thun zurück. Auf St. Gallen sind es auch schon acht Punkte.
Unter Seoane noch schlechter als mit Contini
Diese Bilanz ist noch schlechter als jene im Vorjahr mit dem schlechtesten Saisonstart aller Zeiten. Da lag man als Neunter zum Jahresende wohl unter dem Championship-Group-Strich. Lag aber nur acht Punkte hinter dem Leader. Zum Titel reichte es dennoch nicht mehr.
Mit dem Trainerwechsel von Giorgio Contini (51) zu Gerardo Seoane (47) wollte der Verantwortliche Sport von YB, Christoph Spycher (47), sicherstellen, dass die angestrebten Ziele mit Ausnahme des Cups erreichbar bleiben. Doch statt Boden auf Thun gutzumachen, hat man sogar an Terrain eingebüsst. Als man sich von Contini trennte, betrug der Rückstand sieben Punkte. Jetzt sind es elf. Der Punkteschnitt von Seoane ist schlechter als jener von Contini: 1,37 zu 1,64.
Auch mit einer noch so grandiosen Vergangenheit kann man sich nichts kaufen. Eine solche verklärt vielmehr. Die Verpflichtung des Dreifach-Meistercoachs löste eine grenzenlose Euphorie aus, weil man einzig die Bilder der insgesamt vier Titel vor dem geistigen Auge hatte, die der Luzerner in seinen drei Jahren bei YB geholt hatte. In Bern gingen aber zwei Dinge vergessen.
Erstens: Die aktuelle Mannschaft ist bei weitem nicht derart gefestigt wie jene, die Seoane 2018 antraf, nachdem Adi Hütter (55) die Puzzleteile zusammengesetzt hatte, bis der erste Meistertitel nach 32 Jahren Tatsache wurde.
Seoanes Bundesliga-Bilanz ist nur in einer von fünf Saisons gut
Und zweitens: Die Bilanz von Seoane ist seit seinem Abgang von YB nicht mehr als okay. Gut, die erste Saison mit Bayer Leverkusen war herausragend, als er die Werks-Elf in die Champions League führte. In der zweiten wurde er dann bereits im Oktober entlassen. Bei Gladbach harzte es von Beginn weg. Die erste Spielzeit beendete Seoane auf dem 14. Platz – knapp dem Abstieg entronnen.
Im zweiten Jahr wurde das Saisonziel «einstelliger Tabellenplatz» mit Rang zehn verpasst. Wie auch das internationale Geschäft. Gladbach hielt zwar an Seoane fest, aber eigentlich entgegen dem Bauchgefühl und dem Volkswillen. Und so war in Saison 3 nach gerade einmal drei Spieltagen mit 0:5 Toren Schluss bei den Fohlen. Konkret: Nur die erste von fünf Bundesliga-Saisons war wirklich gut.
Der Handlungsbedarf ist erkannt
Seine eigene Bilanz seit seiner Rückkehr zu den Young Boys zieht der Innerschweizer Seoane maximal kurz: «Das war inkonstant, wie die ganze Vorrunde von YB.»
Über Verstärkungen, die er sich wünscht, spricht Seoane schon gar nicht. Sagt bloss, dass es sein Job sei, «das Beste aus den zur Verfügung stehenden Mitteln herauszuholen».
Das Doppeldesaster mit den heftigen Pleiten gegen GC und Lugano im Jahresendspurt wird die Transfer-Verantwortlichen mit Garantie in ihrer Absicht bekräftigt haben, das Team in der Innenverteidigung und im defensiven Mittelfeld zu verstärken.
Auf dem Trainerposten wird es diesmal jedenfalls keine Änderung geben. Nachdem sich YB von allen Übungsleitern seit Seoane vorzeitig getrennt hat, muss man zum Schluss kommen: Da haben die Sportverantwortlichen versagt. Ein Scheitern von Seoane würde deshalb auch stark auf Spycher zurückfallen. Gut für ihn, ist er als Mitbesitzer des Klubs mehr als bloss ein einfacher Angestellter.
So oder so: Seoane steht vor einer Herausforderung, die er in dieser Dimension bei YB nicht erlebt hatte.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
|---|---|---|---|---|---|
1 | FC Thun | 19 | 16 | 40 | |
2 | FC St. Gallen | 19 | 16 | 37 | |
3 | FC Lugano | 19 | 5 | 33 | |
4 | FC Basel | 19 | 8 | 32 | |
5 | BSC Young Boys | 19 | 0 | 29 | |
6 | FC Sion | 18 | 4 | 27 | |
7 | FC Zürich | 19 | -7 | 24 | |
8 | FC Luzern | 19 | 0 | 21 | |
9 | FC Lausanne-Sport | 18 | 0 | 21 | |
10 | Servette FC | 18 | -6 | 20 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 19 | -9 | 17 | |
12 | FC Winterthur | 18 | -27 | 10 |

