Darum gehts
- Mike Sgarbossa spielt nach 13 Jahren in der AHL und NHL erstmals in Europa
- Bei Lugano hat der Center eingestempelt, «Hattrick verleiht Selbstvertrauen»
- Er dürfte die Chance bekommen, fürs Team Canada am Spengler Cup aufzulaufen
Sgarbossa, ein Nachname, der im Tessin auf der Zunge zergeht. Aber nein, er spreche kein Italienisch, «leider», wie Mike Sgarbossa entschuldigend jedem sagt, der ihn danach fragt oder in jener Sprache anspricht.
Bei einem kürzlichen Facetime-Gespräch mit seiner Mutter Rosmarie hat er sie dafür scherzhaft gescholten, dass sie in seiner Kindheit mit ihm und seinem Bruder nie in ihrer Muttersprache geredet hat. «Sie spricht fliessend Italienisch.»
Sein Engagement beim HC Lugano führt den Kanadier erstmals nach Europa und in die Heimat seiner Vorfahren, die aus Norditalien stammen. Seine Grosseltern waren einst nach Toronto ausgewandert, beide Elternteile sind Italiener. Sgarbossa ist in Guelph im Südosten Ontarios aufgewachsen, einem Ort mit vielen italienischen Einwanderern. Welche Eigenschaften er mitbekommen hat? Er liebt Pasta und Panettone, und er erzählt gerne viel – übers Leben und über Eishockey. Das spielt er neuerdings im Südtessin.
Erster Hattrick in höchster Liga
Der Saisonbeginn mit und für Lugano ist schwierig. Acht Niederlagen aus den ersten zehn Spielen trüben auch die persönlichen Leistungen und Entwicklungen. «Dabei möchte man an einem neuen Ort unbedingt einen guten ersten Eindruck hinterlassen», sagt Sgarbossa.
Dass in einer neuen Liga Umstellungen auf ihn zukommen werden, damit hat der 33-Jährige gerechnet. «Aber ich dachte, das Anpassen würde schneller funktionieren.» Er erklärt die Anlaufschwierigkeiten auch damit, dass viele neue Spieler von einem komplett neuen Trainer-Team mit neuen Vorstellungen integriert werden müssen.
Doch die Bianconeri finden den Tritt. Mit acht Siegen aus den letzten zehn Partien machen sie den verlorenen Boden in der Tabelle gut. Und Sgarbossa gelingt beim 6:0 gegen Biel ein Hattrick – sein erster in einer höchsten Liga. Denn: Der Center spielt in den letzten 13 Jahren in Nordamerika hauptsächlich in der AHL – oftmals mit einem Fuss in der Türe zur NHL. «Gefühlt einhundertmal wurde ich aus der AHL hochgeholt», erzählt der Vater von Santino (5) und Vincent (3).
Ständiges Pendeln zwischen AHL und NHL
Weil die NHL sein grosser Traum ist, beisst er sich jahrelang in der AHL durch und verschwendet noch keine Gedanken an europäische Ligen. Als er im entsprechenden Jahrgang im Draft übergangen wird, befürchtet der Stürmer zunächst, sein Traum sei geplatzt. «Ich musste mich stets beweisen.» Als nicht gedrafteter Spieler manchmal sogar etwas mehr. Dass er es in die NHL geschafft hat, macht Sgarbossa deswegen unheimlich stolz. 93 Partien (Colorado, Anaheim, Florida, Washington) bestreitet er.
Das ständige Hin und Her zwischen den Ligen ist mental anstrengend gewesen. «Zu gut für die AHL, nicht gut genug für die NHL.» So habe er sich als «Tweeney», also als Spieler, der ständig zwischen den Ligen pendelt, gefühlt. Trotzdem nimmt er vieles auf sich, das harte AHL-Leben, das noch fordernder wird, sobald man eine Familie gründet. Deshalb nimmt er die neue Herausforderung in Lugano an. «So kann ich meine Karriere in einer höchsten Liga fortführen.» Er glaubt daran, dass die sich bietenden Möglichkeiten das gewisse und passende Timing haben. Diesmal mit der Chance, wahrscheinlich erstmals fürs Team Canada auflaufen zu können am Spengler Cup in Davos.
Deswegen ist Sgarbossa froh, dass der Knoten bei ihm geplatzt ist. «Der Hattrick gibt mir Selbstvertrauen, ich fühle mich auf dem Eis immer wohler.» Dazu hat auch Luganos Aufschwung beigetragen. Das Team voller guter Charaktere mit bestechenden Qualitäten sei im letzten Monat nochmals stärker zusammengewachsen. «Wir haben eine gute Basis geschaffen, auf die wir nun weiter aufbauen können.» Das sei aber erst der Anfang, «diese konstanten Leistungen müssen wir, muss ich in den nächsten Spielen festigen», gibt Sgarbossa den Kurs vor.


