Zollstreit mit USA
Polit-Kakophonie lähmt Bundesbern

Die Schweizer Politik überschlägt sich mit Ideen und Forderungen im Zollstreit mit den USA. In Bundesbern herrscht Kakophonie. Die Parteien haben sich bis heute nicht untereinander abgesprochen. Tatsächliche Lösungen zeichnen sich kaum ab.
Publiziert: 18:05 Uhr
|
Aktualisiert: 18:42 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/7
Mit seinem 39-Prozent-Zollhammer hat US-Präsident Donald Trump die Schweiz erschüttert.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Schweizer Politik sucht Lösungen im Zollstreit mit den USA
  • Parteien uneinig über Gegenmassnahmen und EU-Beziehungen
  • Kurzarbeitsentschädigungen sollen von 18 auf 24 Monate verlängert werden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_398.JPG
Daniel BallmerRedaktor Politik

Wie weiter im Zollstreit mit den USA? Seit dem 39-Prozent-Zollhammer von US-Präsident Donald Trump (79) versucht die Schweiz, eine Lösung zu finden. Zehntausende Jobs im Land stehen auf dem Spiel. US-Finanzminister Scott Bessent (62) erwartet einen Deal bis Ende Oktober. Der Bundesrat will weiterverhandeln. Aber was, wenn Trump erneut nicht mitspielt?

Die Schweizer Politik überschlägt sich mit Ideen und Forderungen. In Bundesbern herrscht Kakophonie. Die Parteien haben sich bis heute nicht untereinander abgesprochen. Lösungen zeichnen sich kaum ab. Und auch während der bevorstehenden Herbstsession wird es wohl keine Sondersession geben. «Eine Sondersession würde nur dann etwas bringen, wenn der Bundesrat Parlamentsentscheide braucht», findet Mitte-Präsident Philipp Matthias Bregy (47). «In Krisen ist die Regierung im Lead.»

Links dafür, rechts dagegen – und umgekehrt

Bisher zeichnen sich nur in einem Punkt Mehrheiten ab: Die Kurzarbeitsentschädigungen sollen verlängert werden. Mit ihnen will der Bundesrat Entlassungen verhindern. Zuletzt wurde die Kurzarbeit von 12 auf 18 Monate verlängert. Jetzt sollen daraus sogar 24 Monate werden. Doch auch diese Massnahme ist nicht unumstritten.

Daneben werden zahlreiche innenpolitische Massnahmen diskutiert, um den US-Zollhammer abzufedern und die Schweizer Exportwirtschaft zu stärken. So sollen etwa nicht nur möglichst viele Freihandelsabkommen mit anderen Staaten abgeschlossen werden. Mitte-Rechts liebäugelt auch mit einer Abkehr von der OECD-Mindestbesteuerung von Grosskonzernen. Mitte-Links hingegen ist skeptisch, da das bei der EU nicht gut ankäme.

SP und GLP wollen nun denn auch, dass die Schweiz rasch für klare Beziehungen zur EU als dem wichtigsten Handelspartner sorgt. Mitte und FDP wollen hier aber nichts übers Knie brechen. Und die SVP will mit dem «Bürokratie-Monster» in Brüssel ohnehin nichts zu tun haben. Vielmehr gelte es, zugunsten der gefährdeten Exportwirtschaft Bürokratie abzubauen.

Auf bürgerlicher Seite wird der Ruf zudem laut, Abgaben wie die Mehrwertsteuer zu senken, statt zu erhöhen. Damit aber bräuchte es wiederum neue Lösungen zur AHV-Finanzierung. Eine weitere Knacknuss.

«Sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen»

Zuletzt fiel Mitte-Chef Bregy zudem mit kämpferischen Tönen auf. «Die Schweiz sollte sich nicht einfach auf der Nase herumtanzen lassen und darf auch eine gewisse Härte beweisen», bringt er Gegenmassnahmen ins Spiel. «Zölle auf US-Güter, die in der Schweiz in ausreichender Menge produziert oder aus anderen Länder in genügender Menge importiert werden, dürfen kein Tabu mehr sein.» Dabei denkt er etwa an US-Produkte wie Lebensmittel oder Autos.

Auch eine WTO-Klage will Bregy nicht ausschliessen. «Der Bundesrat hat das bisher alles abgelehnt», ist sich Bregy bewusst. «Er wollte Trump einfach nur weiter entgegengekommen. Doch damit ist er bis anhin gescheitert.»

Auch Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone (37) setzt auf Widerstand. Sie fordert nicht nur den Verzicht auf den US-Kampfjet F-35. Auch soll der Bund die auf Eis gelegte Digitalsteuer für amerikanische Techkonzerne wie Google, Amazon, Facebook, Apple oder Microsoft einführen.

«Gegenmassnahmen wären eine Riesendummheit»

«Gegenmassnahmen wären eine Riesendummheit», findet dagegen SVP-Präsident Marcel Dettling (44). «Mitten in den Verhandlungen würden wir uns selber ein Bein stellen.» Schliesslich wolle die Schweiz etwas von Trump. Daher solle die Schweiz sogar vermehrt auf US-Rüstungsgüter setzen. «Der Entscheid des Bundesrats, nur noch 10 Prozent in den USA zu kaufen, ist sofort aufzuheben.» Auch GLP-Fraktionschefin Corina Gredig (37) findet es wenig hilfreich, Verhandlungen mit Boykottforderungen zu belasten.

Das Polit-Hickhack verhindert einmal mehr rasche Massnahmen. Mitte-Präsident Bregy sieht das gelassen: «Wir sollten sowieso ruhig bleiben. Bei Trump ist ohnehin unvorhersehbar, was weiter passiert.»

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?