Darum gehts
- Schweiz und USA: Komplizierte Beziehung mit wiederkehrendem Druck aus Washington
- Bankgeheimnis fiel bis 2014 unter US-Druck, UBS lieferte Steuersünder-Liste
- 1998 zahlten Schweizer Banken 1,25 Milliarden Dollar an Holocaust-Überlebende
Die Schweiz und die USA – es ist kompliziert. Nicht erst seit der zweiten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump (79) muss die Eidgenossenschaft sich immer wieder dem Druck aus Washington beugen.
Der Zollhammer ist nunmehr ein weiteres Kapitel im Tauziehen zwischen den ungleichen «Schwesterrepubliken». Ein kurzer Blick in die Vergangenheit.
2008: Die Finanzkrise und die UBS
Das Beispiel, das wohl heute noch in den meisten Köpfen verankert ist, betrifft den Schweizer Finanzplatz: Vor elf Jahren fiel das Bankgeheimnis – unter anderem wegen den USA.
Im Zuge des grossen Finanzcrashs 2008 geriet nämlich die UBS in den Fokus der amerikanischen Behörden. Sie habe Kundinnen und Kunden ermöglicht, ihr Vermögen vor den US-Steuerbehörden zu verstecken – laut Schweizer Recht ganz legal.
Die USA wollten davon nichts wissen. Sie zogen die Schrauben gegen die Schweizer Grossbank an – und drohten mit einer Anklage, sollte sie die geforderte Liste der Steuersünderinnen und -sünder nicht liefern. Als die Drohgebärde eintraf, war die Schweiz wegen ihres verschwiegenen Finanzplatzes sowieso längst international unter Druck. «An diesem Bankgeheimnis werdet ihr euch die Zähne ausbeissen», sagte der damalige FDP-Bundesrat Hans-Rudolf Merz (heute 82) noch im selben Jahr.
Doch der Druck aus Übersee war schlussendlich auch für Finanzminister Merz zu viel. 2009 griff die Finanzmarktaufsicht (Finma) bei der UBS durch. Es war der erste Dominostein – die US-Ermittler nahmen anschliessend zehn weitere Schweizer Finanzinstitute ins Visier. Mit Entscheiden des eidgenössischen Parlaments sowie der Unterzeichnung eines internationalen Abkommens verschwand das berüchtigte Bankgeheimnis bis 2014 endgültig.
1998: Die jüdischen Vermögen in der Schweiz
Wie so oft in der Geschichte zwischen der Eidgenossenschaft und den USA ging es um Geld. Doch es war nicht irgendwelches Geld. Es war das Vermögen von Opfern des Nationalsozialismus.
Wie viel Erspartes jüdischer Familien liegt auf Schweizer Bankkonten? In den 1990er-Jahren fand diese grosse Frage plötzlich ihren Weg über den Atlantik. Denn viele Jüdinnen und Juden flohen im Zweiten Weltkrieg in die USA.
Die Schweizer Landesregierung war überrumpelt. Am Ende raufte man sich zusammen – auch dank etwas Geschichtsnachhilfe durch die damalige SP-Bundesrätin Ruth Dreifuss (heute 85), die selbst jüdisch ist. Die Schweiz bildete die Taskforce «Schweiz – Zweiter Weltkrieg» um den Diplomaten Thomas Borer (68). Diese sollte den jüdischen Vermögenswerten nachspüren.
Dennoch standen nicht alle Regierungsmitglieder hinter der Sache. Der FDP-Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz (1936–1998) warf den amerikanischen Interessensvertretern gar Erpressung vor. Auch der Schweizer Finanzplatz wehrte sich lange gegen die Forderungen aus den USA, 1998 knickte er schlussendlich ein: Die Grossbanken UBS und Credit Suisse überwiesen den Überlebenden des Holocaust 1,25 Milliarden Dollar.
1951: Die Ostblock-Sanktionen
Die Schweizer Neutralität war immer ein Drahtseilakt – so auch während des Kalten Kriegs. Nach dem Zweiten Weltkrieg handelte die eidgenössische Wirtschaft fleissig mit beiden Seiten. Besonders der USA war dies ein Dorn im Auge.
1951 musste sich die Schweiz vollumfänglich den Sanktionen der Nato gegenüber den Ostblock-Ländern anschliessen. Sonst würde es Sanktionen hageln, drohte die US-amerikanische Regierung. Nach dem Warnschuss aus dem Westen verzichtete die Schweiz fortan auf den Export kriegsrelevanter Güter in die entgegengesetzte Himmelsrichtung.
1930: Der erste Zollhammer und seine Nachwirkungen
Trumps Weisungen sind durchaus nicht der erste Zollschock, den die Schweizer Wirtschaft erleben muss: Bereits in den 1920er-Jahren isolierten sich die Vereinigten Staaten vom Rest der Welt – mit verheerenden Folgen.
Zwischen 1922 und 1930 erhöhten die USA ihre Importzölle von 17 auf happige 60 Prozent. Der Schutz des eigenen Marktes schwächte nicht nur die eigene Konjunktur, sondern liess auch die Weltwirtschaft gehörig schrumpfen.
In der Schweiz wurde besonders die Schweizer Uhrenindustrie von den US-Zöllen hart getroffen. Zahlreiche Politikerinnen und Politiker riefen zum Boykott von amerikanischen Produkten auf. Der Bundesrat versuchte händeringend, mit den Vereinigten Staaten eine Lösung auszuarbeiten.
1936 gelang es dem Bund schliesslich, mit den USA einen Handelsvertrag abzuschliessen. Er überlebte zwar den Zweiten Weltkrieg. Danach war aber bald Schluss. Als der amerikanische Markt nach 1945 erneut mit Schweizer Uhren überschwemmt wurde, hatte die US-Regierung genug: Der Vertrag solle mit einer Klausel ergänzt werden, die wieder höhere Schutzzölle ermöglichen soll – ansonsten würde der gesamte Vertrag gekündigt. Wie auch so oft danach: Die Schweiz knickte gegenüber ihrer grossen Schwester ein.