Darum gehts
- Keller-Sutter und Parmelin buhlen in Washington um einen Deal
- Trump brüskiert unsere Bundespräsidentin am TV
- Was die Schweiz jetzt tun muss – und was auf keinen Fall
Gibt es eine Steigerung dieser Demütigung? Schon die Vervierfachung der Zölle auf Schweizer Produkte durch Donald Trump war ein Schlag. Statt wie vereinbart 10 Prozent – nun 39.
Jetzt folgt der nächste Affront. Während Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61) und Wirtschaftsminister Guy Parmelin (65) im Bundesratsjet «SUI 007» nach Washington fliegen, erklärt Trump via Sender CNBC, er kenne die «Madam» nicht. Sie habe ihm nicht zuhören wollen. Sie habe sogar verlangt, dass die Schweiz nur 1 Prozent Zoll zahlen müsse, behauptet er. Ganz Bundesbern weiss es: Das sind Fake News.
Man könnte es Keller-Sutter nicht verübeln, hätte sie sofort umgedreht. Doch es geht um zu viel. Ab Donnerstag gilt der 39-Prozent-Zoll. Und Trump legt nach: Die Schweizer Pharma will er sich separat vornehmen.
Mit welchen Opfergaben Keller-Sutter und Parmelin den König von Washington milde stimmen wollen, wissen wir zur Stunde nicht. Mit Toblerone, Greyerzer Käse und Edelweiss wird er sich kaum abspeisen lassen. Er braucht Geld – um Steuergeschenke zu finanzieren und Schulden zu tilgen.
Als mögliches Entgegenkommen wird der Kauf von US-Flüssiggas in grossen Mengen genannt. Oder: Gold soll in den USA statt in der Schweiz geschmolzen werden – um die amerikanische Handelsbilanz aufzupolieren.
Selbst wenn in letzter Minute eine Einigung gelingt: Rechtssicherheit fehlt. Trump bleibt unberechenbar. Was heute gilt, kann morgen wertlos sein.
Was also tun?
Kurzarbeitsentschädigung für US-Geschädigte
Bei Bedarf über Jahre. Damit Firmen planen und sich neu ausrichten können. Das kostet weniger, als Tausende Jobs zu verlieren.
Neue Freihandelsabkommen
Die Schweiz muss unabhängiger von den USA werden. Wer das blockiert – ob Bauernlobby oder ideologische Linke –, gefährdet den Wohlstand aller.
OECD-Mindeststeuer aussetzen
Gleich lange Spiesse sind gut. Aber wenn grosse Staaten sich nicht dran halten und uns zugleich strangulieren, ist Selbstschutz erlaubt.
Ehrlicher Blick auf die EU
Das neue Abkommen hat Vor- und Nachteile. Wer es schönredet oder verteufelt, ist unehrlich. Es gibt direktdemokratische Argumente gegen das Abkommen, etwa aus Sorge um die Souveränität. Doch ökonomisch ist der EU-Markt ein Schnäppchen: Der Kohäsionsbeitrag von 350 Millionen Franken ist 160-mal günstiger als Trumps Zölle, rechnet Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher vor.
Mehr Innovation
Die Schweiz wurde gross durch Ideen und Qualität. Jetzt heisst es: Noch besser, noch unverzichtbarer werden, um gegen die Konkurrenz zu bestehen. Trumps Zölle sind ein Weckruf.
Und was die Schweiz auf keinen Fall tun darf
Falls Parmelin und Keller-Sutter das Wunder von Washington gelingt – Respekt. Doch die Schweiz darf sich nicht billig verkaufen. Zugeständnisse dürfen nicht teurer werden als der Schaden ohne Deal. Zu viel Forschung und Produktion in die USA verlagern oder Prinzipien opfern, schadet der Schweiz mehr.
Trump und der Gesslerhut
Falscher Stolz ist fehl am Platz. Aber auch Demütigung hat Grenzen. Als SVP-Politiker kennt Parmelin die Geschichte um Gesslers Hut in Schillers «Wilhelm Tell» sicher gut. Der Hut des Habsburger Landvogts auf einer Stange in Altdorf forderte: Wer vorbeikommt, muss ihn grüssen – als Zeichen der Unterwerfung. Trump erinnert an die überzeichnete Schiller-Figur: willkürlich, mächtig, herrisch.
Die Bundesräte brauchen nicht zur Armbrust greifen. Aber sie sollen dem mächtigsten Mann der Welt mit erhobenem Haupt begegnen.
Es wird ihnen nicht der Kopf abgerissen, wenn sie mit leeren Händen nach Hause kommen. Solange sie Selbstachtung bewahren, ist nichts verloren.