Firmenbosse mit Zugang zu Trump sollen besseren Zolldeal ermöglichen
Jetzt setzt der Bundesrat auf die «Mar-a-Lago-Crew»

Karin Keller-Sutter und Guy Parmelin sind beim US-Zollstreit mit Diplomatie nicht ans Ziel gekommen. Nun setzt der Bundesrat auf Schweizer Wirtschaftscracks mit Verbindungen in Trumps Machtnetz. Ihr interner Übername: «Mar-a-Lago-Crew».
Publiziert: 00:01 Uhr
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Karin Keller-Sutter landete am Donnerstag wieder in Bern – im Gepäck hatte sie keinen Deal mit den USA.
Foto: AFP

Darum gehts

  • Trumps Strafzölle von 39 Prozent gegen die Schweiz sind seit Mittwoch in Kraft
  • Die bisherige Strategie des Bundesrats ist gescheitert
  • Jetzt sollen Wirtschaftsbosse Trump zur Unterschrift für einen besseren Deal bewegen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Der 7. August geht als schwarzer Tag in die Schweizer Geschichte ein. Seit Mittwoch gelten Strafzölle von 39 Prozent auf Schweizer Güter für den US-Markt. Donnerstagnachmittag mussten sich Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61) und Wirtschaftsminister Guy Parmelin (65) nach den gescheiterten Verhandlungen zum ersten Mal vor den Medien äussern. 

Die grosse Frage: Wie geht es nun weiter? Der Bundesrat äusserte sich spärlich: Man wolle weiterverhandeln. Aber auch der Landesregierung ist mittlerweile klar: Allein über die klassischen diplomatischen Kanäle kommt man beim US-Präsidenten nicht zum Ziel. Vor dem Zollhammer hatte man mit den USA eine Absichtserklärung ausgehandelt. Der Deal lag seit dem 4. Juli auf Trumps Tisch, er umfasste einen Zollsatz von 10 Prozent. Was aber offensichtlich bis am Schluss ausblieb: die Unterschrift des Präsidenten.

«Jetzt muss man auf eine neue Strategie setzen»

Die Schweiz muss also vor allem Trumps Zustimmung gewinnen. «Am Ende liegt es in der Hand des amerikanischen Präsidenten», sagte Keller-Sutter an der Konferenz. Erst wenn er persönlich unterschreibt, steht ein Deal wirklich, wie die Schweiz letzte Woche schmerzlich erfahren musste.

Aus Bundesbern ist zu vernehmen, dass man jetzt auf eine neue Strategie setzen müsse. Mit klassischer Diplomatie komme man nicht an Trump heran, darum müsse die Schweiz andere Gesprächskanäle nutzen. Es werde alles bespielt, was zur Verfügung stehe, heisst es von einer anderen Stelle. 

Dazu dürfte auch ein Treffen mit Vertretern der Schweizer Wirtschaft in Washington gedient haben. Mit dabei waren Roche-Verwaltungsratspräsident Severin Schwan (57), Swiss-CEO Jens Fehlinger (44) und Daniel Jäggi (65), Präsident von Mercuria, einem der grössten Rohstoffhändler der Schweiz. Die Investmentfirma Partners Group war mit Marcel Erni (57) und Fredy Gantner (57) vertreten. Dieser Schulterschluss mit der Wirtschaft sei wichtig, so Keller-Sutter an der Medienkonferenz. «Sie haben andere Zugänge als wir.»

Auch von Behörden und Verwaltungen ist zu hören, die Firmenbosse hätten zusätzliche Kanäle, die sie nutzen können, um die Anliegen der Schweiz der US-Administration zuzutragen. «Bei einem solchen Treffen geht es darum, die Message abzustimmen und herauszufinden, wer wen kennt.» 

Zudem sollen die Wirtschaftsvertreter helfen, das von Trump kritisierte Handelsdefizit zu tilgen. Gemäss Informationen des «Tages-Anzeigers» will etwa Fehlinger zugesagt haben, in den USA Boeing-Flugzeuge für die Swiss zu kaufen. Roche will indes zugesagt haben, Industrieanlagen auszubauen. 

Die «Mar-a-Lago-Crew»

Ob die Unternehmer regelmässig in Trumps Luxus-Golfresort in Mar-a-Lago verkehren, ist nicht bekannt. Einige Personen in der Verwaltung nennen sie spasshalber aber «Mar-a-Lago-Crew». Bei der Gruppe handelt es sich um äusserst erfolgreiche Unternehmer – die Aufnahmegebühr von 1 Million Dollar im Golfresort könnten die Multimillionäre locker berappen. Und die Partners Group wäre zumindest schon vor Ort: Erst im Juli hat das Unternehmen ein neues Büro in Miami eröffnet. 

Jäggi ist Co-Gründer des Genfer Öl- und Gashändlers Mercuria. Dieser hat seit Jahren im grösseren Stil in die amerikanische Energie-Infrastruktur investiert. Das gemeinsame Vermögen von ihm und seinem Geschäftspartner schätzt die «Bilanz» auf 2,2 Milliarden. 

Der Zuger Milliardär Gantner wiederum ist als junger Mann bei einem Sprachaufenthalt in den Staaten «mitten in die Mormonen-Community eingetaucht». Er bezeichnete das einst als ein Schlüsselerlebnis seines Lebens gegenüber Blick. Seine Frau Cornelia studierte in den USA Journalismus und arbeitete beim TV-Sender NBC, sie verfügen über ausgezeichnete Beziehungen. 

Seco bleibt im Lead

Weitere Kontakte dürfte man über den Schweizer Diplomaten Gabriel Lüchinger (32) suchen. Er ist Sondergesandter für die USA und war ebenfalls auf der Reise nach Washington mit dabei. Er soll beste Kontakte ins Weisse Haus haben – zum Beispiel zu US-Aussenminister Marco Rubio (54), mit dem sich Keller-Sutter getroffen hat, oder zu Trumps Sondergesandtem Steve Witkoff (68).

Um die Basis für einen neuen Deal zu schaffen, setzt man weiterhin auf die Delegation des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Staatssekretärin Helene Budliger Artieda (60) blieb gar in Washington für weitere Verhandlungen. 

Als weiteren Trumpf hält man das Weltwirtschaftsforum (WEF) in der Hand. So geht man in Bern davon aus, dass spätestens im Februar der US-Präsident für das Wirtschaftstreffen in die Schweizer Alpen reisen wird. Ausgerechnet der Gründer des WEF, Klaus Schwab (87), gehört zu einem der wenigen Schweizer, die schon eine Einladung ins Golfresort nach Florida erhalten haben – diese aber offenbar nicht wahrgenommen hat. 

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