Darum gehts
- Machtkampf im Nationalratssaal: Fraktionssekretäre sollen Zutritt bekommen
- Das Ungleichgewicht zwischen Bundesräten und Parlamentariern sorgt für Unmut
- Die Bundesratsmitglieder nehmen ihre Beraterinnen und Berater mit in den Saal
Zutritt verboten! Es ist streng geregelt, wer diesen Raum im Bundeshaus betreten darf: Im Nationalratssaal werden Gesetze gemacht und hitzige Debatten ausgetragen. Das Hausrecht haben die 200 Ratsmitglieder. Doch auch die Bundesräte spazieren hier ein und aus, um ihre Geschäfte zu vertreten. Meist kommen sie mit ihrer Entourage im Schlepptau – für die Schattenleute ist eine Seitenbank reserviert. Sie reichen Unterlagen, flüstern Hinweise, beschaffen Fakten zu Geschäften.
Und die Fraktionen? Ihre eigenen Schattenleute, die Fraktionssekretäre, dürfen den Saal nicht betreten. Dabei sind es gerade sie, die Dossiers aufbereiten, Geschäfte koordinieren und Anträge vorbereiten. Das Ungleichgewicht sorgt im Parlament für wachsenden Unmut. Im Hintergrund tobt ein Machtkampf darüber, wer im Ratssaal wie viel Raum einnehmen darf.
«Bundesräte breiten sich mit ihrer Entourage aus»
Nach aussen will man den Ball flach halten. Ein langjähriger Parlamentarier, der nicht namentlich genannt werden will, fasst den Ärger so zusammen: «Die Bundesräte breiten sich mit ihrer Entourage im Saal aus, während wir uns selbst beschneiden.» Damit soll jetzt Schluss sein.
Am Ende geht es wohl nicht nur um die Präsenz der Einflüsterer – sondern um die Machtbalance. Das Parlament will sein Terrain gegenüber den Bundesräten mit ihren starken Stäben im Rücken behaupten.
Das Büro Nationalrat – ihm gehören neben dem Ratspräsidium etwa auch die Fraktionsspitzen an – will per parlamentarischer Initiative die Regeln ändern. Auch Fraktionssekretärinnen und Fraktionssekretäre sollen Zutritt zum Saal erhalten, «soweit es ihre Funktion erfordert».
In die Offensive ging Philipp Matthias Bregy (47, VS), Noch-Fraktionschef der Mitte und neuer Parteipräsident. Die aktuelle Rechtslage führe «zu einer erheblichen Benachteiligung», heisst es aus dem Büro, «namentlich gegenüber den Mitarbeitenden der Mitglieder des Bundesrates». Man wolle ein «ausgewogenes Verhältnis zwischen den Fraktionen und dem Bundesrat herstellen».
«Für mich geht es auch um eine Frage der Effizienz», sagt Bregy. «Verändert sich in einer Debatte die Ausgangslage, ist ein Fraktionspräsident manchmal rasch auf Informationen angewiesen. Er kann den Saal aber je nach Situation nicht verlassen. Muss man sich ein Papier via Ratsweibel bringen lassen, wird der Ablauf unnötig gebremst.» Zu mehr Unruhe würde die «punktuelle Präsenz von Fraktionssekretären im Saal» seiner Ansicht nach kaum führen.
Wer hat wie viel Macht?
SVP-Nationalrat Thomas Aeschi (46, ZG) ist der dienstälteste Fraktionschef. Er betont: «Dass Bundesräte im Saal Rückendeckung durch Beamte erhalten, ist an sich legitim. Sie müssen nicht jedes Detail in jedem Dossier kennen.» Doch manche würden es mit der Unterstützung durch Berater schlicht übertreiben. «Das ist ein Problem», so Aeschi.
Ob die Antwort darin liegt, im Gegenzug Fraktionsmitarbeiter in den Saal zu lassen? Da ist sich der SVP-Mann noch nicht sicher. «Es herrscht ohnehin schon viel Gewusel und Lärm im Nationalrat. Neben den Ratsmitgliedern bewegen sich dort auch Techniker, Fotografen und Parlamentsweibel – dazu kommen Gäste und Journalisten auf den Tribünen. Wenn jetzt noch weitere Leute in den Saal dürfen, wird es kaum ruhiger.»
Tatsächlich soll laut Informationen, die Blick vorliegen, auch schon andiskutiert worden sein, im Gegenzug die Präsenz der Bundesratsberater im Saal zu beschränken. Noch ist das nicht mehr als eine weitere Idee.