Darum gehts
- Trumps Zollhammer auf Schweizer Exporte beschäftigt Nachbarländer
- Politiker in Österreich und Deutschland sehen Chance für EU-Annäherung
- Manchen dient die Schweiz jetzt sogar als abschreckendes Beispiel
Der Zollhammer von US-Präsident Donald Trump (79) hat die Schweiz ins Rampenlicht der Nachbarländer katapultiert. 39 Prozent Strafzoll auf hiesige Produkte – diese Nachricht beschäftigt die Schweiz seit Anfang August. Während man in Bundesbern verzweifelt nach einem Ausweg sucht, sehen Politikerinnen und Politiker in Österreich und Deutschland auch eine Chance.
Seit Wochen treten sie mit Forderungen und Appellen für die EU hervor. Die einen drängen auf mehr Annäherung zwischen Bern und Brüssel. Wieder andere gehen so weit, eine EU-Mitgliedschaft der Schweiz ins Spiel zu bringen. Und nicht zuletzt gibt es Stimmen, die unser Land gar als abschreckendes Beispiel für die Verwundbarkeit kleiner Staaten sehen. Eine kleine Übersicht.
Peter Kaiser
Ein prominenter Politiker aus Österreich nutzt den Zollhammer gegen die Schweiz als Abschreckungsszenario. Peter Kaiser (66), langjähriger Regierungschef des Bundeslandes Kärnten und Vizevorsitzender der österreichischen Sozialdemokraten, trat kürzlich bei der «Europa Café»-Tour auf. Damit sollen Bürgerinnen und Bürger für europäische Themen gewonnen werden.
«Ja, es ist nicht alles Gold, was in der EU glänzt. Das wissen wir, die Bürokratie muss jedenfalls weniger werden», sagte Kaiser. Aber umgekehrt hätte auch «kein EU-Staat ohne den Zusammenschluss der 27 einen wichtigen Stellenwert auf dieser Welt». Als warnendes Beispiel nannte er explizit «den jüngsten Umgang des amerikanischen Präsidenten mit der Schweiz», wie das Bundesland in einer Mitteilung schrieb.
Die EU-Länder trifft es weniger hart – für sie gelten vergleichsweise moderate 15 Prozent Zoll. Kaiser verwies auf aktuell grosse Herausforderungen. Da sei er «froh, dass Österreich und damit Kärnten ein Teil der EU ist».
Omid Nouripour
Besonders weit ging der deutsche Grünen-Politiker Omid Nouripour (50). Der Vizepräsident des Bundestags brachte eine «Turbo-Mitgliedschaft» der Schweiz in der EU ins Spiel: «Die Bundesregierung sollte der Schweiz anbieten, die Zusammenarbeit jetzt schnell weiter zu vertiefen, bis hin zu einer Turbo-Mitgliedschaft der Schweiz in der EU», sagte er der Agentur DPA.
Und weiter: «Sollten unsere Schweizer Freunde im Zeichen neuer Zeiten sich der Europäischen Union weiter annähern wollen, sollte Deutschland das aktiv unterstützen.» Der Zollstreit mit Donald Trump zeige «schmerzhaft, wie verwundbar kleinere Staaten sind, wenn sie auf sich alleine gestellt sind», warnte Nouripour.
Sabine Hartmann-Müller
Sabine Hartmann-Müller (62) ist CDU-Abgeordnete im Landtag von Baden-Württemberg. Die Politikerin vom Hochrein gilt auch als Schweiz-Beraterin des zuständigen Staatsministers im 11-Millionen-Bundesland. In einem Statement warnte sie vor einem wirtschaftlichen Einbruch im Nachbarland – mit Folgen auch im eigenen Land.
Hartmann-Müller mahnte zur Rückendeckung. Die EU müsse nun mehr bieten als die üblichen «positiven Signale». «Wenn Trump die Schweiz als Handelspartner erpresst, sollte die Schweiz in die Lage versetzt werden, sich umso mehr der EU als Handelspartner zuzuwenden.» Man dürfe den grenzüberschreitenden Beziehungen keine Steine in den Weg legen.
Markus Töns
Auch Markus Töns (61), europapolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sprach sich offen für einen EU-Beitritt der Schweiz aus. «Wenn die Schweiz einen Antrag auf Beitritt zur EU stellt, ist sie herzlich willkommen», sagte er dem «Spiegel».
Er sei «der festen Überzeugung, dass die Schweiz ein sehr guter Mitgliedstaat wäre». Während es bei anderen Ländern Jahre dauern könne, bis die Kriterien erfüllt seien, «wäre das Prozedere bei der Schweiz recht einfach zu klären». Die Schweiz müsste den Beitritt jedoch selbst aktiv vorantreiben, so Töns.
Andreas Schwab
Der CDU-Europapolitiker Andreas Schwab (52), Leiter der Schweiz-Delegation im EU-Parlament, gilt als Kenner unseres Landes. In Interviews erklärte er dem deutschen Publikum die Folgen der Strafzölle.
Auch Schwab setzt auf den Schulterschluss: «Die Situation ist nicht einfach, es gibt aber einen Lichtblick: Eine vertiefte Zusammenarbeit mit der Europäischen Union bietet die Chance, gemeinsam pragmatische Lösungen zu finden und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern», sagte er dem Sender NTV. Viele Schweizer seien «verständlicherweise enttäuscht, weil die Schweiz ein sehr weltoffenes und handelsfreundliches Land ist».