Bern müsse Initiative ergreifen
Deutscher Politiker will Turbo-EU-Mitgliedschaft für «unsere Schweizer Freunde»

Deutsche Politiker wünschen einen beschleunigten EU-Beitritt der Schweiz. Notwendig sei aber die Initiative seitens der Eidgenossen.
Publiziert: 04:58 Uhr
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Aktualisiert: 10:19 Uhr
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Deutsche Politiker zeigen sich offen, für eine mögliche EU-Mitgliedschaft der Schweiz. Wegen der Zollkrise mit den USA stehe Bern unter Druck, neue Wege zu gehen.
Foto: imago stock&people

Darum gehts

  • Deutsche Politiker schlagen beschleunigte EU-Mitgliedschaft für Schweiz vor
  • Grünen-Politiker sieht Schweizer Neutralität im neuen Zeitalter als problematisch
  • Hintergrund: USA verhängen 39 Prozent Zollsatz auf Importe aus der Schweiz
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Omid Nouripour (50), bringt vor dem Hintergrund des Zollkonflikts mit den USA eine Mitgliedschaft der Schweiz in der Europäischen Union ins Spiel. Der Grünen-Politiker sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa): «Die Bundesregierung sollte der Schweiz anbieten, die Zusammenarbeit jetzt schnell weiter zu vertiefen, bis hin zu einer Turbo-Mitgliedschaft der Schweiz in der EU.»

Nouripour sagte weiter: «Sollten unsere Schweizer Freunde im Zeichen neuer Zeiten sich der Europäischen Union weiter annähern wollen, sollte Deutschland das aktiv unterstützen.»

US-Präsident Donald Trump (79) hat für Importe aus der Schweiz einen Zollsatz von 39 Prozent verhängt, der seit dem 7. August gilt. Für die meisten Produkte aus der EU gilt ein Zollsatz von 15 Prozent. Schweizer Wirtschaftsverbände hatten von einem Horrorszenario gesprochen, Zehntausende Arbeitsplätzen seien in Gefahr. Das Land lebt vom Export, die USA sind der wichtigste Markt mit 18 Prozent Anteil im vergangenen Jahr.

«Tradition der strengen Neutralität» hinterfragt

«Jahrhunderte lang pflegten die Eidgenossen eine Tradition der strengen Neutralität», sagte Nouripour. «Der jüngste Zollstreit mit Donald Trump zeigt aber schmerzhaft, wie verwundbar kleinere Staaten sind, wenn sie auf sich alleine gestellt sind. Politisch neutral, wirtschaftlich global – das geht im neuen Zeitalter nicht mehr.» Nicht in einer Welt, in der verlässliche Regeln immer mehr durch das Recht des Stärkeren bedroht seien.

«Die Schweiz mag reich sein, dem willkürlichen Spiel der Grossen ist auch sie aber im Zweifel ausgeliefert. Da mag die EU aus Schweizer Sicht nicht die beste Wahl sein, aber die weitaus verlässlichere.» Die Eidgenossen wären zweifelsohne ein Gewinn für die EU, die EU habe der Schweiz aber auch viel zu bieten in Zeiten notwendigen Zusammenhalts.

Auch Sozialdemokrat offen

Zuvor hatte sich bereits der europapolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der sozialdemokratischen SPD, Markus Töns (61), offen dafür gezeigt, die Schweiz als 28. Mitglied der Europäischen Union aufzunehmen. «Wenn die Schweiz einen Antrag auf Beitritt zur EU stellt, ist sie herzlich willkommen», sagte Töns dem «Spiegel».

Er sei «der festen Überzeugung, dass die Schweiz ein sehr guter Mitgliedstaat wäre», so Töns. Während es bei anderen Staaten Jahre dauern könne, bis die Beitrittskriterien erfüllt seien, «wäre das Prozedere bei der Schweiz recht einfach zu klären», so der Abgeordnete aus Nordrhein-Westfalen.

Grundvoraussetzung sei laut Töns, dass die Schweiz einen Beitritt selbst aktiv vorantreibe.

Cassis betont Notwendigkeit von Abkommen mit EU

Aussenminister Ignazio Cassis (64) betonte in einem aktuellen Interview die Notwendigkeit von Abkommen mit der EU. Damit soll der Handel gesichert und die Stabilität gewährleistet werden, sagte der Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten in einem Interview mit «Le Temps» von Samstag. Zudem sagte er, dass die Beziehungen zu den USA weiterhin wichtig seien, die Schweiz aber keine Freunde habe, sondern nur Interessen.

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