Hier gehen Demonstranten auf Polizisten los
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Video zeigt:Hier gehen Demonstranten auf Polizisten los

Oberste Polizeidirektorin nach der Gewaltorgie in Bern
«Es werden bewusst Tote in Kauf genommen»

Die gewalttätige Demo in Bern vom Samstag hat aufgeschreckt. Auch die oberste Polizeidirektorin Karin Kayser-Frutschi sieht einen Zeitenwechsel.
Publiziert: 00:54 Uhr
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Der Sachschaden nach der unbewilligten Palästina-Demo am Samstag in Bern geht in die Millionen. Das Restaurant Della casa wurde in Brand gesetzt.
Foto: PETER KLAUNZER

Darum gehts

  • Gewalt bei unbewilligter Demo in Bern, Polizei attackiert und verletzt
  • Kantone fordern mehr Unterstützung vom Bund für öffentliche Sicherheit
  • 18 Polizisten verletzt, über 500 Demonstranten vorübergehend festgehalten
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Die Berner Altstadt glich einem Schlachtfeld. Während der unbewilligten Demo am Samstag kam es zu massiver Gewalt gegen Einsatzkräfte. Polizistinnen und Polizisten wurden mit Flaschen, Feuerwerkskörpern und anderen Gegenständen attackiert. 18 Beamte wurden verletzt, einige schwer. Mehr als 500 Demonstrierende wurden vorübergehend festgehalten – die meisten waren aber bereits am Wochenende wieder auf freiem Fuss.

Nach der Gewaltorgie ist die Empörung gross. Sei es ein Antifa-Verbot, eine Verschärfung des Nachrichtendienstgesetzes oder strengere Bestimmungen gegen Teilnehmer unbewilligter Demos – gerade von bürgerlicher Seite wurde rasch der Ruf nach drastischen Konsequenzen laut.

Video zeigt heftige Ausschreitungen in der Innenstadt
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Pro-Palästina-Demo in Bern:Video zeigt heftige Ausschreitungen in der Innenstadt

«Das dürfen wir als Gesellschaft nicht hinnehmen»

Karin Kayser-Frutschi (58) nennt die Ereignisse vom Samstag eine «Zäsur», einen Zeitenwechsel: «Dass eine Friedensdemo angesagt wird, Teilnehmende sich aber bewusst vermummen, um gewalttätig gegen Behörden vorzugehen, ist mehr als befremdend», sagt die Präsidentin der kantonalen Polizeidirektoren (KKJPD). Notabene, während im Nahen Osten ein Friedensprozess begonnen hat.

Die Gewalt gegen Einsatzkräfte richte sich gegen den Rechtsstaat als solchen. «Das dürfen wir als Gesellschaft nicht hinnehmen», stellt Kayser-Frutschi klar. Gleichzeitig habe die Gewalt an der Demo in Bern eine neue Dimension erreicht: «Wenn ein Gebäude mit Menschen darin in Brand gesteckt wird, werden bewusst Tote in Kauf genommen.» 

Echte Konsequenzen gab es bislang keine. Alle angehaltenen Personen wurden nach den Kontrollen wieder entlassen, wie die Kantonspolizei Bern am Montag auf Blick-Anfrage erneut erklärt. Mit einer Ausnahme: Eine Person war zur Haft ausgeschrieben.

Die Zahl und Intensität solcher Grossanlässe haben in den vergangenen Jahren enorm zugenommen, so Kayser-Frutschi weiter. Für die Polizeikorps in den Kantonen, die für Ordnung und Sicherheit im öffentlichen Raum sorgen sollen, ist das eine grosse Herausforderung. «Umso wichtiger ist es, dass die Politik ihr die nötigen Rahmenbedingungen schafft, damit die Polizei ihre Arbeit sicher und wirksam ausführen kann», betont Kayser-Frutschi. Mit genügend Personal, geeigneter Ausrüstung und klaren gesetzlichen Grundlagen.

«Wir erwarten vom Bund mehr Unterstützung, nicht weniger»

In der Pflicht sieht die Nidwaldner Mitte-Regierungsrätin einerseits die Kantone, welche die benötigten Personalressourcen bereitstellen müssten: «Viele Kantone haben nicht ein Rekrutierungsproblem, es ist vielmehr eine Frage des Geldes.»

Andererseits wünschen sich die Kantone mehr Unterstützung vom Bund. In den letzten Jahren haben die Kantone wiederholt konkrete Vorschläge gemacht, um Sicherheit und Strafverfolgung zu stärken – doch das Bundesparlament hat sie mehrfach abgelehnt. «Das ist enttäuschend», findet Kayser-Frutschi. Als Beispiele nennt sie personalisierte Tickets im Kampf gegen Fangewalt, strengere Regeln gegen Geldwäscherei oder eine Registrierungspflicht privater Sicherheitsfirmen.

Auch ein nun wieder neu gefordertes Antifa-Verbot hat der Nationalrat 2021 noch abgelehnt. Der Bundesrat war ebenfalls dagegen. Zwar sei die linksextreme Szene eine ernstzunehmende Bedrohung, und gewaltsame Aktionen hätten zugenommen. Eine akute Bedrohung für das Staatswesen sei aber nicht erkennbar.

Fakt ist: Bei der öffentlichen Sicherheit stehen die Kantone in der Verantwortung. «Aber sie dürfen mit ihren Anliegen nicht allein gelassen werden», so Kayser-Frutschi. «Wir erwarten vom Bund mehr Unterstützung, nicht weniger.» Sicherheit mache nicht an den Kantonsgrenzen halt.

Demonstrierende verharren auf dem Bahnhofsplatz
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Bei Palästina-Demo:Demonstrierende verharren auf dem Bahnhofsplatz

«Keine Steuergelder für Extremisten»

Der Moment für strengere Regeln scheint in Bundesbern derzeit günstig zu sein. «Ich hoffe, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden – und zwar zünftig», so FDP-Präsident Thierry Burkart (50). Er ist damit nicht alleine. «Die Demonstrationsfreiheit ist ein hohes Gut. Aber wenn es nur noch um Gewalt und Zerstörung geht, sollte früher eingegriffen werden können», sagt der Berner SVP-Nationalrat Lars Guggisberg (48).

Seine Partei will Beteiligten nun ans Portemonnaie. NGOs und Parteien, die die unbewilligte Demo unterstützt hatten, sollen staatliche Zuwendungen gestrichen werden. Im Visier hat die SVP gerade die Juso, die zur Teilnahme aufgerufen habe: «Keine Steuergelder für Extremisten und Feinde des Rechtsstaates.» Fürs Erste überschlagen sich die Bürgerlichen mit Forderungen, um die Schraube anzuziehen. Die Kantone werden gespannt beobachten, wie lange das anhält.

Brand bei Pro-Palästina-Demo in Bern
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Leservideo zeigt:Brand bei Pro-Palästina-Demo in Bern
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