Kritik an VBS-Zickzackkurs
Offiziere kämpfen für Schweizer Waffe

Es geht nur um die Beschaffung einer neuen Armeepistole. Für Schweizer Offiziere aber steht sie exemplarisch für die neue Rüstungsstrategie des Bundesrats, die dieser bereits wieder über Bord kippen könnte.
Publiziert: 00:58 Uhr
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Verteidigungsminister Martin Pfister lässt eine neue Armeepistole beschaffen.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Offiziersgesellschaft kritisiert des Bundesrats wechselnde Rüstungsstrategie
  • SIG Sauer könnte Pistolen-Produktion in die Schweiz zurückholen
  • Bis zu 100'000 neue Armeepistolen für 90 Millionen Franken geplant
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Erich Muff nimmt kein Blatt vor den Mund. «Diese Hüst-und-Hott-Politik ist wenig vertrauensfördernd», sagt der Präsident der Offiziersgesellschaft (OG) Panzer. Erst vor wenigen Wochen hatte der Bundesrat seine neue Rüstungsstrategie vorgestellt.

Nach Rückschlägen bei der Beschaffung von US-Kampfjets und US-Boden-Luft-Abwehr wollte die Regierung bis zu 60 Prozent der Rüstungsgüter im eigenen Land einkaufen – weitere 30 Prozent im nahen Ausland. So soll nicht nur die Schweizer Rüstungsindustrie gesichert, sondern mit der Produktion im eigenen Land auch die Verteidigungsfähigkeit gestärkt werden.

Nur: Der Bundesrat scheint seine brandneue Strategie bereits wieder infrage zu stellen. Wegen des Zollstreits mit Donald Trump (79) überlegt sich Verteidigungsminister Martin Pfister (62) plötzlich doch wieder, mehr in den USA einzukaufen.

Offiziere beharren auf Schweizer Waffe

Die OG Panzer dagegen will vorwärtsmachen und nun tatsächlich auf Schweizer Produkte setzen. Nur so sei gesichert, dass die Waffen im Notfall auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Aktuelles Beispiel: Das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) plant in einer ersten Tranche den Kauf von bis zu 100'000 neuen Armeepistolen für 90 Millionen Franken.

Drei Anbieter sind im Rennen: Glock aus Österreich, Heckler & Koch aus Deutschland sowie SIG Sauer. Der einstige Schweizer Konzern stellt seine P320-Pistole derzeit in den USA her, hat aber weiter einen Standort in Neuhausen am Rheinfall SH. Allerdings steht die P320 nach Zwischenfällen mit unbeabsichtigten Schüssen in der Kritik, wie der «Tages-Anzeiger» kürzlich berichtete.

Die Kritik ist Schweizer Offizieren ein Dorn im Auge. Bewiesen sei gar nichts. Im Gegenteil sei im jüngsten Fall in den USA der Schütze wegen fahrlässiger Tötung festgenommen worden. «Mit fraglichen Informationen» versuchten einzelne Akteure, den Beschaffungsentscheid zu beeinflussen, zeigt sich die OG Panzer in einer Mitteilung überzeugt. Dabei mache die Armee seit Jahrzehnten gute Erfahrungen mit dem Sturmgewehr und anderen Pistolen von SIG Sauer.

Versorgung aus Ausland funktioniert im Ernstfall nicht

Und: Es sei die einzige Schweizer Lösung. So wolle SIG Sauer die Produktion der neuen Armeepistolen in die Schweiz holen, sollte man den Zuschlag erhalten. Alleine in Neuhausen könnten mindestens zehn zusätzliche Mitarbeitende eingestellt und etwa 70 weitere Arbeitsstellen bei Lieferanten angebunden werden. Wie beim Sturmgewehr blieben rund 93 Prozent der Wertschöpfung in der Schweiz.

Für OG-Präsident Muff und seine Mitstreiter ist klar: Es kommt nur eine Schweizer Pistole infrage. Es reiche nicht, nur «wichtige Teile der Pistole in der Schweiz produzieren zu lassen». So habe die Beschaffung mit Schutzmasken in der Covid-Pandemie gezeigt, dass die Versorgung durch ausländische Partner im Ernstfall nicht funktioniert. «Wird es eng, denkt jeder zuerst an sich.» Die Abhängigkeit vom Ausland sei massiv zu senken, so wie es die neue Rüstungsstrategie vorsieht, die der Bundesrat aber wegen Trump schon wieder infrage stellt.

Dieser Slalomkurs kommt in der Armee nicht nur gut an. «Man kann nicht je nach politischer Tagesaktualität immer alles über den Haufen werfen», findet Muff. «Solch ein kurzfristiges Vorgehen hinkt immer hinterher.» Die Schweiz müsse sich aus Sicherheitsgründen langfristig zum Schweizer Werkplatz bekennen. «Man muss auch mal machen und nicht immer nur reden!»

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